Leitsatz (amtlich)

Versteigerer, auf die die Vorschriften des Gesetzes über das Versteigerergewerbe in der Fassung vom 12. Februar 1938 (RGBl I S. 202) Anwendung finden, sind als solche weder Handelsvertreter noch Makler; die Umsätze aus ihrer Versteigerertätigkeit fallen daher nicht unter § 4 Ziff. 17 UStG.

 

Normenkette

UStG § 4 Ziff. 17

 

Tatbestand

Der Steuerpflichtige (Stpfl.) ist Versteigerer. Das Finanzgericht hat ihn als Makler bezeichnet und insoweit die Umsätze des Stpfl. zufolge § 4 Ziff. 17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1951 von der Umsatzsteuer freigestellt. Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts rügt unrichtige Rechtsanwendung; ein Versteigerer sei kein Makler.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung des Falles führt zu den folgenden Ergebnissen:

Der Stpfl. gehört nicht zu den öffentlich angestellten Versteigerern oder Gerichtsvollziehern oder den zu Versteigerungen befugten anderen Beamten, von denen § 383 Abs. 3 BGB spricht, sondern zu den privaten Versteigerern. In dieser Eigenschaft versteigert er Naßlaßsachen und dergleichen. Infolgedessen unterliegt er den Vorschriften des Gesetzes über das Versteigerergewerbe vom 16. Oktober 1934 in der Fassung vom 12. Februar 1938 (Reichsgesetzblatt I S. 202) und der dazu ergangenen Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über das Versteigerergewerbe (Versteigerervorschriften) vom 30. Oktober 1934 (Reichsgesetzblatt I S. 1091). § 1 Abs. 1 des Gesetzes lautet: "Wer gewerbsmäßig fremde Sachen versteigern will (Versteigerer), bedarf dazu der Erlaubnis der zuständigen Behörde." Welche rechtliche Stellung der Versteigerer hat, ist nicht näher erläutert, muß also dem Gesetz und den Versteigerervorschriften entnommen werden.

Da der Versteigerer in fremdem Namen und für fremde Rechnung tätig wird, ist er kein Kommissionär; denn der Kommissionär handelt im eigenen Namen für fremde Rechnung.

Die Vorinstanz hat auch zutreffend erkannt, daß ein Versteigerer kein Handelsvertreter ist; denn der Handelsvertreter ist ständig von einem Unternehmer damit betraut, Geschäfte zu vermitteln oder im Namen des Auftraggebers abzuschließen (§ 84 HGB). Für den Vertreter ist die dauernde Interessenvertretung zugunsten eines Unternehmers oder mehrerer geradezu kennzeichnend (vgl. Würdinger in Reichsgerichtsräte-Kommentar zum HGB, Berlin 1953, § 84 Anm. 2). Ein Versteigerer steht in keinem festen, ständigen Auftragsverhältnis, er wird vielmehr von Fall zu Fall für einen stets wechselnden Personenkreis tätig.

Der Stpfl. kann aber auch nicht als Makler (Mäkler) bezeichnet werden. Makler weisen die Gelegenheiten zu Geschäftsabschlüssen nach oder vermitteln Geschäfte (§ 652 BGB). Die Tätigkeit eines Handelsmaklers erstreckt sich auf Waren, die Gegenstände des Handelsverkehrs sein können (§§ 93 ff. HGB). Handelsmakler sind Kaufleute im Sinne des § 1 HGB, jedoch ist die Unterscheidung zwischen Maklern im Sinne des BGB und im Sinne des HGB für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung, weil sich § 4 Ziff. 17 UStG auf alle Makler bezieht.

Wenn Makler auch, ebenso wie der Stpfl., von Fall zu Fall für einen stets wechselnden Personenkreis tätig werden, so gehört doch der Abschluß von Geschäften nicht zu den eigentlichen Aufgaben eines Maklers. Es ist zwar möglich, daß einem Makler auch der selbständige Abschluß von Kaufverträgen übertragen wird; dann handelt es sich aber um einen zweiten Vertrag, der sich an den Maklervertrag anschließt (vgl. Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts, 13. Band, 1906, S. 393. Auch Staudinger, Kommentar zum BGB, 11. Auflage, II. Band, 3. Teil S. 1818, Anmerkung 3 zu § 652, spricht in solchen Fällen von Nebenverträgen). Der Stpfl. schließt aber durch den Zuschlag in der Versteigerung stets die Kaufverträge ab. Abgesehen davon übt ein Makler sofort dann keine Maklertätigkeit mehr aus, wenn er eigene Sachen verkauft. Für Versteigerer besteht nach § 30 Abs. 1 Ziff. 1 der Versteigerervorschriften zwar ein Verbot, eigene Sachen zu versteigern, jedoch enthalten die §§ 74 Abs. 1 Ziff. 2, 79 der Versteigerervorschriften Ausnahmen. Vor allem aber entfaltet der Versteigerer seine Haupttätigkeit in der Vorbereitung einer Versteigerung und in der Versteigerung selbst. Makler versteigern nicht. Sie können nur an Stelle einer öffentlichen Versteigerung kraft Gesetzes freihändige Verkäufe von Waren, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, vornehmen (vgl. z. B. §§ 385, 1221, 1235 BGB; § 373 HGB; vgl. dazu auch Günther, Kommentar zum Gesetz über das Versteigerergewerbe, 1955, S. 227, Anmerkung I zu § 89 der Versteigerervorschriften). Die Tätigkeit eines Versteigerers ist auch sonst eine von der Tätigkeit eines Maklers völlig verschiedene. Er wird nur selten einen einzelnen Gegenstand versteigern, sondern in der Regel einen größeren Posten von Sachen zusammenkommen lassen und dann erst eine Versteigerung veranstalten. Bestimmungen wie die der §§ 25 ff. der Versteigerervorschriften über die Vorbesichtigung der zu versteigernden Sachen, über die Versteigerungsräume, oder die der §§ 38 ff. über die zu beachtenden Förmlichkeiten, insbesondere über Versteigerungskataloge usw., sind der Tätigkeit der Makler völlig fremd. Die Regelung der Rechtsverhältnisse der Versteigerer durch ein besonderes Gesetz und besondere Durchführungsbestimmungen erweist vor allem, daß die Tätigkeit eines Versteigerers, wie sie der Stpfl. ausübt, nicht der Tätigkeit eines Maklers gleichzusetzen ist.

Die Vorentscheidung ist somit aufzuheben. Der Fall ist aber nicht spruchreif. Der Stpfl. hat auch noch andere Einnahmen gehabt, hinsichtlich deren das Finanzgericht mit Rücksicht auf § 67 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz 1951 nicht Stellung genommen hat. Deshalb ist die Sache an das Finanzgericht zur Klärung und anderweitigen Entscheidung zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409184

BStBl III 1958, 454

BFHE 1959, 475

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