Leitsatz (amtlich)

Die in § 34 a EStG 1949 lohnsteuerfrei gestellten Lohnzuschläge sind gemäß § 24 Absatz 2 GewStG 1936 auch lohnsummensteuerfrei.

 

Normenkette

GewStG 1936 § 24 Abs. 2; EStG 1949 § 34 a

 

Tatbestand

Streitig ist für das Rechnungsjahr 1949 (1. April 1949 bis 31. März 1950), ob 117 945 DM lohnsteuerfreie Zuschläge für Mehrarbeit, für Sonntags- und Feiertagsarbeit bei der Ermittlung der Lohnsumme im Sinne des § 24 Absätze 1 und 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) als Besteuerungsgrundlage für die Lohnsummensteuer zu berücksichtigen sind. Das Finanzamt hat diese Zuschläge berücksichtigt, das Finanzgericht sie dagegen ausgeschieden.

Das Finanzgericht beruft sich auf § 34 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1949, der die Lohnsteuerfreiheit dieser Bezüge anordne und der als besondere Bestimmung im Sinne des § 24 Absatz 2 GewStG angesehen werden müsse.

Der Vorsteher des Finanzamts vertritt in seiner Rechtsbeschwerde (Rb.) unter Berufung auf die Gewerbesteuer-Richtlinien 1943 (zu § 24 Abschnitt 2, Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1944 S. 336) die Ansicht, daß bei dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer nur sachliche und nicht auch persönliche Lohnsteuerbefreiungen zur Ausscheidung lohnsteuerfreier Vergütungen aus der Lohnsumme führen sollten. Die Übernahme der Grundgedanken der Verordnung über die Nichtbesteuerung der Zuschläge für Mehrarbeit und für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit vom 7. November 1940 (Reichsgesetzblatt -- RGBl. -- I S. 1478, RStBl. 1940 S. 945) unter die Tarifvorschriften des Einkommensteuergesetzes als § 34 a habe an dem Rechtszustand, daß die Zuschläge zwar lohnsteuerfrei aber bei Ermittlung der Lohnsumme als Besteuerungsgrundlage für die Lohnsummensteuer zu berücksichtigen seien, nichts ändern wollen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Nach § 24 Absätze 1 und 2 GewStG gehören zur Lohnsumme die Arbeitslöhne im Sinne des § 19 Absatz 1 Ziffer 1 EStG, soweit sie nicht durch besondere Bestimmungen oder Anweisungen des Reichsministers der Finanzen (Bundesministers der Finanzen) von der Lohnsteuer befreit sind. Die in Rede stehenden Zuschläge waren durch die erwähnte Verordnung vom 7. November 1940 auf Grund des § 13 Absatz 1 Ziffer 1 der Reichsabgabenordnung (AO) für lohnsteuerfrei erklärt worden. Hierzu führte der gemeinsame Runderlaß des Reichsministers der Finanzen und des Reichsministers des Innern vom 28. Dezember 1940 (L 1440 -- 22 III und V St. 1491 II/40 5620 E, RStBl. 1941 S. 36) aus, daß die Verordnung ausschließlich eine steuerliche Begünstigung der Arbeitnehmer bezwecke, dagegen eine Begünstigung der Arbeitgeber nicht beabsichtigt sei, und daß infolgedessen die Zuschläge bei Ermittlung der Lohnsumme nicht unberücksichtigt bleiben dürften. Nunmehr bestimmt der in das Einkommensteuergesetz 1949 mit Wirkung vom 1. April 1949 eingefügte § 34 a über die Steuersätze für Entlohnung von Mehrarbeit, daß die Zuschläge für Mehrarbeit steuerfrei und die gesetzlichen oder tariflichen Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit auch dann steuerfrei sind, wenn es sich nicht um Mehrarbeit handelt. Die Lohnsteuerfreiheit hat zur Folge, daß, wie das Finanzgericht mit Recht ausführt, die Zuschläge nach dem Wortlaut des § 24 Absatz 2 GewStG nicht zur Lohnsumme als Besteuerungsgrundlage für die Lohnsummensteuer gehören. (Im folgenden wird die Nichteinrechnung in die Lohnsumme auch mit "Lohnsummensteuerfreiheit" -- lohnsummensteuerfrei --, die Einrechnung mit Lohnsummensteuerpflicht -- lohnsummensteuerpflichtig -- bezeichnet).

Es wird zwar die Auffassung vertreten, daß unter den Wortlaut des § 24 Absatz 2 GewStG nur besondere Bestimmungen des Reichsministers (Bundesministers) der Finanzen oder Anweisungen des Reichsministers (Bundesministers) der Finanzen fielen. Diese Auffassung wird vom Finanzgericht mit Recht zurückgewiesen, weil nicht anzunehmen ist, daß der Gesetzgeber seine Gesetze mit einer geringeren Wirkung ausstatten wollte, als er den Anweisungen des Finanzministers selbst beilegt.

Die Ausführungen in den Gewerbesteuer-Richtlinien 1943, daß nur sachliche Lohnsteuerbefreiungen zur Ausscheidung lohnsteuerfreier Vergütungen aus der Lohnsumme führen sollen, nicht dagegen persönliche Befreiungen, finden im Gesetz keine Stütze. Schon die Begründung zum Gewerbesteuergesetz (RStBl. 1937 S. 693) führt als Beispiele für die Lohnsummensteuerfreiheit auch Lohnsteuerbefreiungen persönlicher Art wie Weihnachtsgeschenke und Jubiläumsgaben an Arbeitnehmer an (a. a. O. S. 696/697).

Auch der Umstand, daß § 34 a EStG unter dem Abschnitt "IV Tarif" steht und die Überschrift "Steuersätze für Entlohnung von Mehrarbeit ..." den Tarifcharakter noch unterstreicht, hindert nicht, daß dieser Vorschrift Bedeutung über das Einkommensteuerrecht hinaus zukommt. Für die Aufnahme der Steuerbefreiung der Zuschläge in den § 34 a unter die Tarifvorschriften mag entscheidend gewesen sein, daß die Regelung der Steuervergünstigungen für Lohnzuschläge zusammenfassend an einer Stelle erfolgen sollte.

Der Einwand, daß der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 34 a EStG die bisherige Verwaltungsübung nicht habe abändern wollen, schlägt nicht durch. Diese Auffassung geht davon aus, daß nicht der Wortlaut des § 24 Absatz 2 GewStG maßgebend sei, sondern daß sein Wortlaut so ausgelegt werden müsse, als ob der Erlaß vom 28. Dezember 1940 Inhalt des § 24 Absatz 2 GewStG geworden sei. Mit einer solchen Auslegung gegen den Wortlaut ist nicht vereinbar, daß der Gesetzgeber bei der Abänderung des § 34 a EStG durch das Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 29. April 1950 (Bundesgesetzbl. -- BGBl. -- S. 95) sich darauf beschränkt hat, die Lohnsteuerfreiheit bei einem Jahreslohn von mehr als 7200 DM nicht mehr zu gewähren. Die Einschränkung der Lohnsteuerfreiheit wäre für den Gesetzgeber der gegebene Anlaß gewesen, die volle Lohnsummensteuerpflicht der erwähnten Zuschläge vorzusehen, wie es jetzt durch die Änderung der Fassung des § 24 Absatz 2 GewStG (Artikel I § 1 Ziffer 23 des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts vom 27. Dezember 1951, BGBl. 1952 I S. 2) geschehen ist.

Aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes vom 27. Dezember 1951 ergibt sich, daß der 2. Satz des § 24 Absatz 2 GewStG: "Zuschläge für Mehrarbeit und für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gehören unbeschadet der einkommensteuerlichen Behandlung zur Lohnsumme", in der Regierungsvorlage zunächst nicht enthalten war. Er ist erst während der parlamentarischen Beratungen auf Vorschlag des Bundesrats hineingekommen. Der Bundesrat begründete seinen Änderungsvorschlag damit, daß die Fassung des Entwurfs zu einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten steuerlichen Begünstigung der Gewerbetreibenden führen würde (Bundestagsdrucksache Nr. 2130/1949, S. 23 Ziffer 5). Daß die Bundesregierung selbst diese Begünstigung der Gewerbetreibenden in Kauf nehmen wollte, ergibt sich aus der erwidernden Stellungnahme der Bundesregierung (S. 25 a. a. O.), in der ausgeführt ist, daß der Änderungsvorschlag des Bundesrats zwar den sonst strikt durchgeführten Grundsatz durchbreche, daß lohnsteuerfreie Vergütungen nicht zur Lohnsumme gehören, daß aber die Bundesregierung gegen den Änderungsvorschlag besondere Bedenken nicht erhebe. Aus diesem Meinungsstreit über die künftige gewerbesteuerliche Behandlung der Zuschläge geht hervor, daß die bisher geltende Fassung des Gewerbesteuergesetzes nicht im Sinne einer Lohnsummensteuerpflicht der Zuschläge ausgelegt werden kann.

Ausnahmen von dem Grundsatz, daß Lohnsteuerfreiheit zur Lohnsummensteuerfreiheit führt, erschweren die vom Gesetzgeber angeordnete Selbstberechnung der Steuerschuld durch den Steuerschuldner, sie können daher, als einer erwünschten Vereinfachung widersprechend, nicht ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung zugelassen werden. An einer solchen ausdrücklichen gesetzlichen -- den Wortlaut des § 24 Absatz 2 GewStG abändernden -- Bestimmung fehlt es für das Jahr 1949.

Die Rb. des Finanzamtsvorstehers ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407335

BStBl III 1952, 64

BFHE 1953, 160

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