Leitsatz (amtlich)

1. Überläßt der Partner einer Arbeitsgemeinschaft des Baugewerbes dieser seine Arbeitsgeräte, so vollzieht sich die Überlassung im Rahmen eines Leistungsaustausches, wenn sie von der Arbeitsgemeinschaft entsprechend Umfang und Wert der Leistungen abgegolten wird.

2. Wird im Arbeitsgemeinschafts-Vertrag vereinbart, daß Mehr- und Minderleistungen gegenüber dem im Vertrage vorgesehenen Soll an Gerätevorhaltungen und die darauf entfallenden Entgelte außerhalb der Arbeitsgemeinschaft zwischen den Partnern unmittelbar ausgeglichen werden sollen, und wird tatsächlich dementsprechend verfahren, so ist ein Leistungsaustausch zwischen den Partnern der Arbeitsgemeinschaft und dieser nicht feststellbar. Die Leistungen (Gerätevorhaltungen) der Partner an die Arbeitsgemeinschaft sind in diesen Fällen nichtsteuerbare echte Mitgliederbeiträge.

 

Normenkette

UStDB 1951 § 7 Abs. 1; UStG 1951 § 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) betreibt ein Tiefbauunternehmen. Sie war in den Jahren 1956 bis 1958 zusammen mit zwei anderen Tiefbauunternehmen an einer Arbeitsgemeinschaft (Arge) zur Durchführung von Bauarbeiten an einer … anlage beteiligt. Die Beteiligung, die sich auch auf Gewinn und Verlust erstreckte, betrug für jeden Arge-Partner ein Drittel. Nach dem Arge-Vertrag hatten die Arge-Partner der Arge die benötigten Baugeräte entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis für die erforderliche Zeit kostenlos vorzuhalten. Nach Abschn. XI der zum Bestandteil des Arge-Vertrages erklärten „Allgemeinen Bedingungen für Arbeitsgemeinschaftsverträge im Baugewerbe” (Allg. Bed.) galt für die Gerätevorhaltung folgendes:

„Ist für die Gebrauchsüberlassung gemäß § 733 Abs. 2 BGB keine Vergütung vereinbart und kommt ein Argepartner seiner Verpflichtung zur anteiligen Gerätegestellung nicht nach, so ist er verpflichtet, den Argepartnern gegenüber, die über ihre Quote hinaus deswegen Geräte stellen, Ausgleichszahlungen zu leisten. Die Argepartner ermächtigen die Arge, diesen Ausgleich aus ihrem Guthaben bei der Arge zu zahlen.”

Der Geräteeinsatz der einzelnen Arge-Partner wurde von der Arge „statistisch” erfaßt und nach Beendigung der Arbeiten unter den Partnern verrechnet. Zwei der Partner, darunter die Steuerpflichtige, waren mit ihren tatsächlich bewirkten Leistungen (Ist-Leistungen) hinter den vertraglich (mit je einem Drittel) zu erbringenden Leistungen (Soll-Leistungen) zurückgeblieben und hatten den Differenzbetrag an den dritten Partner, der entsprechende Mehrleistungen bewirkt hatte, vergütet.

Streitig ist für den Veranlagungszeitraum 1957, ob die Steuerpflichtige mit ihrem Geräteeinsatz im Rahmen der Arge zur Umsatzsteuer heranzuziehen ist.

Die Steuerpflichtige hatte in ihrer Umsatzsteuer-Erklärung die Geräteüberlassung nicht als steuerbaren Umsatz behandelt. Demgegenüber vertrat der Beklagte und Revisionskläger (FA) im Anschluß an eine Betriebsprüfung, bei der dieser Vorgang erstmalig bekanntgeworden war, unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats V 241/53 U vom 25. März 1954 (BFH 58, 658, BStBl III 1954, 162) die Auffassung, daß der Wert der Gebrauchsüberlassung der Umsatzsteuer unterliege und berichtigte dementsprechend den rechtskräftigen Umsatzsteuer-Bescheid für 1957 gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO.

In der hiergegen erhobenen Sprungklage stellte sich die Steuerpflichtige unter Hinweis auf das (amtlich nicht veröffentlichte) Urteil des Senats V 261/56 vom 28. August 1958 auf den Standpunkt, die kostenlose Geräteüberlassung beruhe nicht auf einem Leistungsaustausch, sondern sei ein nichtsteuerbarer Gesellschafterbeitrag; lediglich die Spitzenbeträge seien der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Das FG schloß sich im Vorbescheid vom 24. April 1968 und im Urteil vom 23. Oktober 1968 der Auffassung der Steuerpflichtigen, die Geräteüberlassung an die Arge sei mangels Leistungsaustausch nicht umsatzsteuerbar, an. Im Vorbescheid wird ausgeführt: Die nach dem Arge-Vertrag unentgeltliche Gerätevorhaltung stelle nach dem für die Beurteilung zivilrechtlicher Fragen maßgeblichen bürgerlichen Recht (§§ 705, 706 BGB) einen Gesellschafterbeitrag dar, weil sie nicht den Einzelinteressen der Gesellschafter, sondern dem gemeinsamen Zweck der Gesellschaft diene. Die im Interesse der gleichmäßigen Behandlung der Gesellschafter gebotene „statistische Festhaltung” des Umfangs der einzelnen Leistungen bilde kein Kriterium für die Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit. Der Wille der Beteiligten sei eindeutig auf die Erbringung von Gesellschafterbeiträgen gerichtet gewesen; denn die Arge-Partner hätten nach dem Arge-Vertrag Leistungen gleicher Art und gleichen Umfangs bei Anwendung gleicher Wertmaßstäbe zu erbringen gehabt, so daß Sondervorteile für einzelne Gesellschafter ausgeschlossen gewesen seien. Für die Verfolgung paralleler Ziele und gegen einen Leistungsaustausch spreche ferner, daß der einzelne Gesellschafter gegen die Arge nur einen Anspruch auf Gewinn und ggf. auf Auseinandersetzung gehabt habe. Auch sei unklar, welcher Art der entgeltliche Vertrag sein solle, den das FA annehme. Miete und Gebrauchsüberlassung gegen Gewinnbeteiligung schieden aus, weil es im Streitfalle an entsprechenden Vereinbarungen fehle. Für eine über die Beitragsverpflichtung hinausgehende Gerätegestellung habe der betreffende Arge-Partner lediglich einen dem Wert seiner Mehrleistung entsprechenden Ausgleichsanspruch gegenüber den anderen Partnern gehabt. Es habe sich dabei im Verhältnis zu den anderen Gesellschaftern um eine entgeltliche Geschäftsbesorgung gehandelt, die es rechtfertige, den Spitzenausgleich, aber nur diesen, zur Umsatzsteuer heranzuziehen. Auch wirtschaftlich betrachtet sei „die Leistung, solange sie als Gesellschafterbeitrag gedacht ist und nicht darüber hinausgeht, eine auf Erzielung des gemeinschaftlichen Zwecks gerichtete und damit nicht steuerbare Leistung”.

Im Urteil vom 23. Oktober 1968 setzt sich das FG mit der nach dem Ergehen des Vorbescheides bekanntgewordenen Rechtsprechung des Senats zur umsatzsteuerlichen Behandlung der „kostenlosen” Gerätevorhaltung bei Vornahme eines Spitzenausgleichs auseinander. Das FG bemängelt, daß sich der Senat in keinem seiner Urteile mit dem Wesen des Gesellschafterbeitrags befaßt habe. Diese Urteile ließen sich mit den bürgerlich-rechtlichen Vereinbarungen der Beteiligten, die im Verhältnis zur Arge eindeutig auf Erbringung von Gesellschafterbeiträgen gerichtet seien, und ihrer tatsächlichen Durchführung nicht in Einklang bringen. Nach der von den Gesellschaftern gewählten und vollzogenen Vertragsgestaltung werde weder die Höhe des Gesamtgewinns der Arge durch eine Vergütung für Gerätebeistellung geschmälert noch die Höhe der Gewinnanteile der Gesellschafter von der Gerätegestellung beeinflußt. Der Geräteeinsatz werde von seiten der Arge nicht abgegolten. Was diese auskehre, sei nach Vereinbarung und Handhabung der Beteiligten ausschließlich der gleichmäßig, ohne Rücksicht auf den Geräteeinsatz zu verteilende Gewinn. Die aus dem höherwertigen Geräteeinsatz herrührenden Ausgleichsansprüche berührten nicht die Rechtsbeziehungen zwischen der Arge und ihren Gesellschaftern, sondern ausschließlich die der Gesellschafter untereinander. Mit der Mehrleistung eines Partners erfülle dieser im Verhältnis zur Arge die vertragliche Verpflichtung seiner Mitgesellschafter. Hieraus ergebe sich, daß die gesamten Gerätegestellungen gegenüber der Arge, auch hinsichtlich der Spitzen, einheitlich Gesellschafterbeiträge seien. Ein Leistungsaustausch vollziehe sich hinsichtlich der auszugleichenden Spitze nicht zwischen der Arge und dem ausgleichsberechtigten Gesellschafter, sondern zwischen diesem und den ausgleichsverpflichteten Partnern unmittelbar. Damit stehe im Einklang, daß nach dem Gesellschaftsvertrag die Arge von den Partnern, die ausgleichspflichtig sind, ermächtigt wird, den Ausgleich aus ihrem Guthaben bei der Arge zu zahlen. Es treffe zwar zu, daß es – von einer eventuellen unterschiedlichen Umsatzsteuerbelastung abgesehen – im wirtschaftlichen Ergebnis auf dasselbe hinauslaufe, ob die Arge-Partner eine entgeltliche Gerätebeistellung oder eine unentgeltliche Gerätebeistellung mit Spitzenausgleich zwischen den Partnern vereinbaren. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise rechtfertige es aber nicht, den wirtschaftlichen Auswirkungen der getroffenen Absprachen für die steuerliche Beurteilung das maßgebende Gewicht beizumessen. Entscheidend für die Frage des Leistungsaustausches seien die Vereinbarungen der Beteiligten und ihre tatsächliche Durchführung.

Da die Steuerpflichtige gegenüber der vertraglich vereinbarten Gerätegestellung entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis (1/3) keine Mehrleistungen, sondern Minderleistungen erbracht und infolgedessen keinen Spitzenausgleichsbetrag erhalten, sondern im Gegenteil einen solchen gezahlt hatte, kam das FG im Streitpunkte zu einer Freistellung der Steuerpflichtigen von der Umsatzsteuer und infolgedessen zur Aufhebung des berichtigten Umsatzsteuer-Bescheides für 1957.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Unter Hinweis auf das Urteil des Senats V 43/65 vom 21. März 1968 (BFH 92, 120, BStBl II 1968, 449) und das amtlich nicht veröffentlichte Urteil des Senats V R 88/67 vom 7. Dezember 1967 vertritt das FA die Auffassung, es habe im Streitfalle eine leistungsabhängige Abgeltung der Geräteüberlassung und somit ein Leistungsaustausch stattgefunden. Da alle Voraussetzungen des § 1 Nr. 1 UStG 1951 gegeben seien, habe das FG die Steuerpflichtige mit dem Wert ihres Geräteeinsatzes zu Unrecht nicht zur Umsatzsteuer herangezogen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des FA hat im Ergebnis keinen Erfolg.

A.

Der Senat hat sich im Dezember 1967 und im März 1968 in zwei amtlich veröffentlichten Urteilen mit der umsatzsteuerlichen Behandlung des sogenannten „Spitzenausgleichs” bei Arbeitsgemeinschaften im Baugewerbe befaßt. Er ist hierbei zu dem Ergebnis gelangt, daß Geräteüberlassungen von Arge-Partnern an ihre Arge sich im Rahmen eines Leistungsaustausches vollziehen und infolgedessen umsatzste uerbar und -pflichtig sind, wenn sie „leistungsabhängig”, d. h. entsprechend Umfang und Wert der Leistungen abgegolten werden. Ebenso sei zu entscheiden, wenn die Abgeltung (der Spitzenausgleich) außerhalb der Arge zwischen den Arge-Partnern stattfinde. Zum Urteil V 43/65 vom 21. März 1968 (a. a. O.), auf das sich das FA in der Revisionsbegründung bezieht, ist der folgende Leitsatz gebildet worden:

„Überläßt ein Bauunternehmer Baugeräte an eine Arbeitsgemeinschaft, der er angehört, und wird die Überlassung vor der Verteilung des Gewinns entsprechend dem Geräteeinsatz abgegolten, obwohl sie nach dem Arbeitsgemeinschaftsvertrag „kostenlos” zu erbringen ist, so handelt es sich im wirtschaftlichen Ergebnis um besonders berechnete sonstige Leistungen und nicht um Gesellschafterbeiträge. Dies gilt auch dann, wenn die Differenz zwischen vereinbarter und tatsächlicher Geräteüberlassung unmittelbar zwischen den Arbeitsgemeinschaftspartnern abgegolten und der Gewinn formell von Ausgleichszahlungen unbeeinflußt verteilt wird.”

Im einzelnen wird auf die Gründe dieses Urteils und des Urteils des Senats V 45/65 vom 7. Dezember 1967 (BFH 91, 448, BStBl II 1968, 398) Bezug genommen. Die Sachverhalte der beiden Urteile unterscheiden sich dadurch voneinander, daß der Spitzenausgleich in dem einen Urteil innerhalb der Arge, in dem anderen dagegen – wie im Streitfalle – außerhalb der Arge zwischen den Arge-Partnern stattfand.

B.

Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung des sogenannten „Spitzenausgleichs im Baugewerbe” gehört zu den in Rechtsprechung, Verwaltungspraxis und Schrifttum am meisten umstrittenen Fragen des Umsatzsteuerrechts. Da den Erörterungen des öfteren unzutreffende Vorstellungen über die Begriffe „Leistungsaustausch” und „Gesellschafterbeitrag” zugrunde gelegt und infolgedessen von Anfang an falsche Wege beschritten werden, erscheint es zweckmäßig, die Streitfrage systematisch zu behandeln und zwischen dem Spitzenausgleich, der sich im Rahmen der Arge zwischen dieser und den Arge-Partnern (Abschn. I), und dem Spitzenausgleich, der sich entsprechend den Bestimmungen des Arge-Vertrages außerhalb der Arge zwischen den Arge-Partnern abspielt (Abschn. II) scharf zu unterscheiden.

I.

(Spitzenausgleich im Rahmen der Arge)

1. Ob steuerbare Umsätze anzunehmen sind, richtet sich allein danach, ob die Voraussetzungen des § 1 UStG vorliegen. Zweifelhaft kann im Streitfalle nur sein, ob die Steuerpflichtige die Leistungen, nämlich die Überlassung von Baugerät, gegen Entgelt ausgeführt hat, mit anderen Worten, ob diesen Leistungen in ursächlichem Zusammenhang Gegenleistungen gegenüberstanden. Die Entscheidung hängt also davon ab, ob ein Leistungsaustausch stattgefunden hat.

2. Die Leistungen der Steuerpflichtigen bestanden in der Überlassung von Baugerät an die Arge. Daß die Gerätevorhaltung eine „sonstige Leistung” im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG ist, kann nicht bezweifelt werden. Denn Inhalt einer sonstigen Leistung kann jede positive Tätigkeit, aber auch ein negatives Verhalten (Unterlassen, Dulden; vgl. § 7 Abs. 1 UStDB 1951) sein. Vielfach sind in einer „sonstigen Leistung” positive und negative Elemente vereinigt. Dies trifft auch im Streitfalle zu: Die Steuerpflichtige hat die Baugeräte der Arge zum Gebrauch übergeben (positiv) und ihren Gebrauch durch die Arge geduldet sowie sich der eigenen Nutzung insoweit enthalten (negativ).

3. Es besteht kein Streit darüber, daß zwischen einer nach außen als Unternehmer auftretenden Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern ein Leistungsaustausch möglich ist. Es kommen Lieferungen oder (und) sonstige Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft (so im Streitfalle) und umgekehrt vor.

4. Die Gegenleistung der Arge an die Arge-Partner, das Entgelt, kann in den verschiedensten Formen in Erscheinung treten:

a) Am deutlichsten tritt das Entgelt zutage, wenn jede einzelne Leistung des Arge-Mitglieds an die Arge von dieser durch eine Barzahlung oder durch eine Überweisung auf ein Konto des Mitglieds bei einer Bank, einem Postscheckamt, einer Sparkasse und dergleichen abgegolten wird.

b) Das Entgelt kann auch durch Verrechnung mit Forderungen des Zahlungsverpflichteten oder durch Gutschrift auf einem bei diesem geführten Konto des Zahlungsberechtigten vereinnahmt werden.

c) Die Entgelteigenschaft geht dadurch nicht verloren, daß die einzelnen Beträge gesammelt und nach Ablauf bestimmter Zeitabschnitte (z. B. am Ende jedes Jahres) oder nach Beendigung des Rechtsverhältnisses zwischen Leistendem und Leistungsempfänger (hier nach Beendigung der Arge) ausgekehrt werden.

d) Die Rechtslage ändert sich nicht dadurch, daß Mehrund Minderleistungen der einzelnen Gesellschafter gegenüber dem im Gesellschaftsvertrag bestimmten Soll innerhalb der Gesellschaft mit dem Gewinn, der sich ohne Berücksichtigung der für die Gesellschafterleistungen vorgesehenen Beträge ergibt, ausgeglichen werden, sofern jeder Gesellschafter außer dem ihm zustehenden Reingewinn im Ergebnis denjenigen Betrag erhält, der nach einem festgelegten Bewertungsschlüssel seiner Leistung entspricht.

Es soll dies an dem Beispiel, das die Steuerpflichtige in Abschn. B I ihrer Gegenäußerung zur Revisionsbegründung selbst vorträgt, verdeutlicht werden.

A, B und C sind als Gesellschafter mit je einem Drittel am Gewinn und Verlust einer Arge beteiligt. Die Gesellschafter verpflichten sich im Gesellschaftsvertrag, die erforderlichen Geräte in demselben Verhältnis der Arge zur Verfügung zu stellen („vorzuhalten”). Der Gewinn der Arge ohne Abzug des Sollbetrages der Gerätegestellung (abgekürzt „Zwischengewinn”) beträgt 630 000 DM, der Sollbetrag der Gerätevorhaltung insgesamt 270 000 DM, nämlich für jeden Arge-Partner 90 000 DM, der Gewinn der Arge nach Abzug des Sollbetrages der Gerätevorhaltung (abgekürzt „Endgewinn”) mithin 360 000 DM. B überläßt entsprechend dem Gesellschaftsvertrag der Arge Geräte zu einem Istbetrag von 90 000 DM. A kann nur Geräte zu einem Istbetrag von 60 000 DM (also 30 000 DM weniger, als das Soll beträgt) zur Verfügung stellen; dafür übernimmt C zusätzlich zu seinem Soll (90 000 DM) das fehlende Soll des A (30 000 DM), überläßt also Geräte zu einem Istbetrag von 120 000 DM. Die Arge rechnet bei ihrer Auflösung den ausgezahlten Betrag (Zwischengewinn) von 630 000 DM mit den drei Arge-Mitgliedern wie folgt ab:

Partner (=ausgezahlter Betrag)

Zwischengewinn

Istbetrag für die Gerätevorhaltung

Endgewinn

A

180 000 DM

60 000 DM

120 000 DM

B

210 000 DM

90 000 DM

120 000 DM

C

240 000 DM

120 000 DM

120 000 DM

Zusammen

630 000 DM

270 000 DM

360 000 DM

Aus diesen Zahlen ergibt sich, daß jedes Arge-Mitglied außer dem ihm zustehenden Anteil am Endgewinn (1/3 von 360 000 DM = 120 000 DM) genau denjenigen Betrag erhält, der dem Wert der von ihm der Arge gegenüber erbrachten Leistungen entspricht (60 000 bzw. 90 000 bzw. 120 000 DM). Der Anteil am Endgewinn für jedes Arge-Mitglied von je 120 000 DM scheidet für die Umsatzbesteuerung aus. Dagegen hat jedes Arge-Mitglied den für die tatsächliche Gerätevorhaltung empfangenen Betrag, weil sich Leistung und Gegenleistung in ursächlichem Zusammenhang gegenüberstehen, der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Die Verrechnung unter Ein-Beziehung des Gewinns kann bei der Umsatzbesteuerung zu keinem anderen Ergebnis führen, als wenn jeder Arge-Partner den ihm entsprechend der „statistischen Anschreibung” zustehenden Betrag für die Gerätegestellung vor der Ausschüttung des Gewinns erhalten hätte.

e) Die „statistische Anschreibung”, die nach bestimmten Richtsätzen, z. B. nach den Mietsätzen der Geräteliste der Wirtschaftsgruppe Bauindustrie (Wibau-Liste), erfolgt, ist beim Spitzenausgleich im Rahmen der Arge nicht – wie die Steuerpflichtige meint – für die Frage der Engeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit bedeutungslos. Sie bildet die Grundlage für die Abrechnung der unterschiedlichen der Arge gegenüber bewirkten tatsächlichen Leistungen der Arge-Partner. Sie dient nicht etwa statistischen Zwecken außerhalb des Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten, sondern unmittelbar der Abrechnung der einzelnen Partner-Leistungen. Anhand der „statistischen Anschreibung” wird genau errechnet, welche Beträge den einzelnen Arge-Mitgliedern auf Grund ihrer tatsächlichen Gerätevorhaltungen zustehen. Die Anschreibung ist in ihrer Wirkung einer Buchführung über die empfangenen Leistungen gleichzusetzen. Denn ob die Auseinandersetzung zwischen der Arge und ihren Mitgliedern unmittelbar anhand der Buchführung oder anhand von Zahlen erfolgt, die außerhalb der Buchführung besonders festgehalten, jedoch der Abrechnung zugrunde gelegt werden, läuft auf dasselbe hinaus.

f) Der Auffassung des FG, zur Umsatzsteuer könnten nur diejenigen Leistungen der Gesellschafter herangezogen werden, die das im Gesellschaftsvertrag festgelegte Leistungssoll übersteigen (im obigen Beispiel also nur die Leistungen des C in Höhe von 120 000 DM ./. 90 000 DM = 30 000 DM), liegen zivilrechtliche Erwägungen zugrunde. Danach soll alles, was dem gemeinsamen Zweck der Gesellschaft dient und nach dem Willen der Gesellschafter gemäß dem Gesellschaftsvertrag als Beitrag der Gesellschafter für die Gesellschaft zu leisten ist, für die Umsatzbesteuerung ausscheiden. Die Vertreter dieser Ansicht verwechseln Wirkung und Ursache. Schon ihr Ausgangspunkt ist falsch. Es gibt keine Vorschrift im Umsatzsteuerrecht, nach der Leistungen, die nach dem Gesellschaftsvertrag für Zwecke der Gesellschaft zu erbringen sind und im Vertrag als „Gesellschafterbeiträge” bezeichnet werden, von vornherein der Umsatzsteuer nicht unterliegen. Das bürgerliche Recht ist nur insoweit für die Umsatzsteuer maßgeblich, als das UStG bürgerlich-rechtliche Begriffe verwendet (z. B. in § 4 Nr. 10 UStG 1951 die Begriffe „Vermietung”, „Verpachtung” und „Grundstück”). Die Begriffe „Entgelt” (Gegenleistung) und „Leistungsaustausch”, auf die es für die Frage der Umsatzsteuerbarkeit im Streitfalle allein ankommt, sind rein umsatzsteuerrechtliche Begriffe und infolgedessen zivilrechtlichen Erwägungen nicht zugänglich. Im Gesellschaftsvertrag festgelegte und nach dem Willen der Gesellschafter für Zwecke der Gesellschaft zu erbringende Leistungen der Gesellschafter scheiden nur dann für die Umsatzbesteuerung aus, wenn ihnen keine speziellen Gegenleistungen der Gesellschaft ursächlich gegenüberstehen. Nur in diesem Falle ist die Leistung des Gesellschafters an die Gesellschaft nicht auf Leistungsaustausch, sondern auf „Leistungsvereinigung” gerichtet und nur unter dieser Voraussetzung gebraucht auch der Senat gelegentlich den Ausdruck „Gesellschafterbeitrag”.

g) Da FG und Steuerpflichtige dies verkannt haben, gehen ihre Ausführungen, soweit sie die Gebrauchsüberlassung an den Baugeräten vom Gesellschaftsrecht her beleuchten, ins Leere. Es kommt entscheidend weder auf die Bezeichnung der Gerätegestellungen als Gesellschafterbeiträge (im Sinne der §§ 705 ff. BGB) noch auf die Einordnung der getroffenen Vereinbarungen in eine der Vertragstypen des bürgerlichen Rechts an. Die Anwendung gleicher Wertmaßstäbe auf die unterschiedlichen Leistungen, der Ausschluß von Sondervorteilen für einzelne Gesellschafter und der Anspruch der Gesellschafter gegen die Arge auf Auseinandersetzung unter Berücksichtigung der Art und des Umfanges ihrer Leistungen sprechen eher für als – wie das FG meint – gegen einen Leistungsaustausch.

II.

(Spitzenausgleich außerhalb der Arge zwischen den Arge-Partnern)

Der Streitfall weist zwei Besonderheiten auf:

  1. Der Spitzenausgleich wurde außerhalb der Arge zwischen den Arge-Partnern durchgeführt;
  2. Diese Regelung war von vornherein im Arge-Vertrag vereinbart worden (vgl. Abschn. XII der zum Bestandteil des Arge-Vertrages erklärten Allg. Bed.).

Der Spitzenausgleich außerhalb der Arge zwischen den Arge-Partnern unmittelbar hat zur Folge, daß in dem oben (Abschn. B I 4 d) dargestellten Beispiel die Arge an ihre Mitglieder nicht unterschiedliche Beträge (180 000 DM, 210 000 DM, 240 000 DM), sondern gleichhohe Beträge, nämlich an jeden Arge-Partner (120 000 DM + 90 000 DM =) 210 000 DM ausgezahlt und der sein Soll nicht erfüllende Arge-Partner A den Differenzbetrag von (210 000 DM ./. 180 000 DM =) 30 000 DM (die „Spitze”) außerhalb der Arge durch Verrechnung mit dem Arge-Partner C, der die fehlenden Leistungen zusätzlich erbracht hat, ausgleicht.

Hierdurch ändert sich an dem wirtschaftlichen Endergebnis nichts. Denn infolge des außerhalb der Arge zwischen den Arge-Partnern unmittelbar vorgenommenen Spitzenausgleichs kommen die Arge-Partner auch in diesem Falle letztlich in den Genuß unterschiedlicher Beträge je nach Umfang und Wert ihrer Gerätevorhaltungen. In dem obigen Beispiel vereinnahmen A (210 000 DM ./. 30 000 DM =) 180 000 DM, B 210 000 DM und C (210 000 DM + 30 000 DM =) 240 000 DM. Es fragt sich daher, ob die wirtschaftliche Betrachtungsweise, der im Umsatzsteuerrecht eine besondere Bedeutung zukommt, dazu nötigt, die Fälle des Spitzenausgleichs im Rahmen der Arge und die des Spitzenausgleichs außerhalb der Arge unmittelbar zwischen den Arge-Partnern, der auf einer im Arge-Vertrag getroffenen entsprechenden Vereinbarung beruht, umsatzsteuerrechtlich gleich zu behandeln.

Der Senat kommt aus den folgenden Gründen zu einer Verneinung dieser Frage:

1. Der Senat hat bei Gesellschaftsverhältnissen seit jeher scharf zwischen den Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft und den Leistungen der Gesellschafter untereinander unterschieden. Es ist daher nur folgerichtig, dieselbe Unterscheidung grundsätzlich auch bei den Gegenleistungen (dem Entgelt) zu machen (vgl. jedoch § 10 Satz 2 UStDB 1951). Die unterschiedliche Höhe der von den Arge-Partnern vereinnahmten Beträge ergibt sich nur, wenn man die Zahlungen der Arge an ihre Mitglieder und die Ausgleichszahlungen der Arge-Partner untereinander „in einen Topf wirft”. Es bedeutet eine Überspitzung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, wenn man in der Frage des Entgelts das wirtschaftliche Ergebnis als allein entscheidend ansieht und sich dadurch über die vertraglich gewollte und tatsächlich durchgeführte Abgrenzung zweier Rechtskreise, nämlich zwischen der Arge und ihren Mitgliedern einerseits und zwischen den Arge-Partnern untereinander andererseits, hinwegsetzt.

2. Von der Arge erhält jedes Arge-Mitglied, wenn – wie im Streitfalle geschehen – die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen im Arge-Vertrag demjenigen Arge-Partner auferlegt wird, der sein Leistungssoll nicht erfüllt, einen gleichhohen Betrag (im Beispiel 120 000 DM Endgewinn + 90 000 DM Soll der Gerätevorhaltung = 210 000 DM), der sich infolge der Herausnahme des Spitzenausgleichs aus den Rechtsbeziehungen zwischen Arge und Arge-Partnern als Gewinn der Arge darstellt. Der Gewinnanteil des Arge-Mitglieds ist aber kein Entgelt.

3. Bürgerlich-rechtlich stellt sich die vereinbarte Regelung als entgeltliche Geschäftsbesorgung im Sinne des § 675 BGB dar. Die Arge-Partner verpflichten sich gegenseitig, im Bedarfsfalle etwaige Minderleistungen einzelner von ihnen durch entsprechende Mehrleistungen über ihr Soll hinaus gegen Entgelt zu erbringen. Dieser Weg ist vernünftig und den Umständen nach keineswegs unangemessen. Von einem Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts (§ 6 StAnpG) kann keine Rede sein. Es ist den Steuerpflichtigen nicht verwehrt, die für sie günstigste Gestaltung zu wählen. Man kann auch nicht sagen, daß durch die getroffene Regelung eine andere, rechtlich oder wirtschaftlich näherliegende „verdeckt” würde (§ 1 Abs. 2 und 3 StAnpG).

4. Die „statistische Anschreibung” ist beim Spitzenausgleich außerhalb der Arge anders zu beurteilen als beim Spitzenausgleich im Rahmen der Arge (vgl. oben Abschn. B I 4e). Sie dient hier nicht der Berechnung des von der Arge zu entrichtenden Entgelts für die unterschiedlichen Gerätevorhaltungen der Mitglieder, sondern der Feststellung, welcher Partner infolge von Minderleistungen im Vergleich zum Soll anderen Partnern gegenüber ausgleichspflichtig ist und welche Beträge für die Ausgleichszahlungen in Betracht kommen.

5. Es ist zu beachten, daß sich im Streitfalle der Ausgleich von Leistungen und Gegenleistungen zwischen Gesellschaftern abgespielt hat, die derselben Wirtschaftsstufe, nicht verschiedenen Wirtschaftsstufen (z. B. Hersteller – Großhändler – Einzelhändler), angehören. Ob im letztgenannten Falle der formal-rechtlichen Gestaltung gegenüber der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ebenfalls der Vorzug zu geben wäre, kann dahingestellt bleiben. Es kommt hinzu, daß die Steuerpflichtige im Streitfalle den Spitzenausgleich nicht vereinnahmt, sondern gezahlt hat, so daß sie von der Arge – wie dargelegt – nur ihren Gewinnanteil und von den anderen Arge-Mitgliedern nichts erhalten hat.

III.

Zusammenfassend ergibt sich, daß in den Fällen, in denen im Arge-Vertrag ein Spitzenausgleich der Mehrund Minderleistungen und der darauf entfallenden Entgelte außerhalb der Arge zwischen den Arge-Partnern unmittelbar vereinbart und auch tatsächlich dementsprechend durchgeführt wird, ein Leistungsaustausch zwischen den Arge-Mitgliedern und der Arge nicht feststellbar ist. Die Leistungen (Gerätevorhaltungen) der Partner an die Arge sind in diesen Fällen nichtsteuerbare echte Mitgliederbeiträge.

Diese Rechtsauffassung steht mit den oben angeführten (amtlich veröffentlichten) Urteilen des Senats V 45/65 vom 7. Dezember 1967 und V 43/65 vom 21. März 1968 nicht in Widerspruch. Im ersten Falle war der Spitzen ausgleich im Rahmen der Arge durchgeführt worden. Im zweiten Falle hatte zwar ein Spitzenausgleich zwischen den Arge-Partnern unmittelbar stattgefunden; er beruhte aber nicht auf einer Vereinbarung im Arge-Vertrag (vgl. hierzu auch das Urteil des Senats V R 91/68 vom heutigen Tage BStBl II 1970, 356).

Es war – wie geschehen – zu erkennen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 557347

BStBl II 1970, 358

BFHE 1970, 92

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