Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbrauchsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Auf den steuerbegünstigten Bezug von unvergälltem Branntwein nach § 1 Abschn. I Ziff. 2 des Gesetzes vom 21. Oktober 1948 haben Heilmittelfabriken keinen Anspruch. Apotheker dürfen solchen Branntwein nur zur Verwendung für ihren und in ihrem Apothekenbetrieb beziehen.

Gesetz zur änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 21. Oktober 1948 (WiGBl. S.

 

Normenkette

BrMonG § 1

 

Tatbestand

Der Bundesminister der Finanzen hat den Bundesfinanzhof nach § 2 des Gesetzes über den Bundesfinanzhof vom 29. Juni 1950 in Verbindung mit § 63 der Reichsabgabenordnung um Erstattung eines Gutachtens zu folgenden Fragen der Auslegung des Branntweinmonopolgesetzes in der Fassung des Gesetzes des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets vom 21. Oktober 1948 (Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebietes S. 103) ersucht:

Kann § 1 Abschnitt 1 Nr. 2 des Gesetzes zur änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 21. Oktober 1948 in der Weise angewendet werden, daß neben den daselbst ausdrücklich genannten Bezugsberechtigten auch Heil- und Arzneimittelfabriken einen Rechtsanspruch auf die Steuerermäßigung für unvergällten Branntwein haben?

Wenn die Frage zu 1. bejaht wird: Kann die Zuteilung des unvergällten Branntweins im Rahmen des der Monopolverwaltung zustehenden Ermessens davon abhängig gemacht werden, daß der Leiter des Betriebs oder der verantwortliche Betriebsleiter Arzt oder Apotheker ist?

Wenn die Frage zu 1. verneint wird: Können ärzte oder Apotheker, die nach § 44 des Branntweinmonopolgesetzes zu Betriebsleitern bestellt worden sind, die Steuerermäßigung auf Grund des vorbezeichneten Gesetzes zugunsten des Betriebsinhabers beanspruchen?

 

Entscheidungsgründe

Der V. Senat hat hierzu in der Sitzung vom 14. Januar 1954 wie folgt Stellung genommen:

I. -

Wie in dem Gutachten des Bundesfinanzhofs II z D 1/51 S vom 27. Juli 1951 (Bundessteuerblatt 1951 III S. 168 = Amtl. Slg. Bd. 55 S. 425 = Bundeszollblatt - BZBl. - 1951 S. 493) eingehend dargelegt ist, hat die Durchführung der Steuerbegünstigung für Branntwein zu sanitären Zwecken von jeher zu erheblichen Unzuträglichkeiten und Mißbräuchen geführt, denen nur unzulänglich entgegengetreten werden konnte. Die letzte steuerliche Vergünstigung in dieser Hinsicht enthielt § 92 Abs. 2 des Branntweinmonopolgesetzes (BranntwMonGes). vom 8. April 1922 (Reichsgesetzblatt - RGBl. - 1922 I S. 405) in der Fassung von Art. I Ziff. 4 des Gesetzes vom 21. Mai 1929 (RGBl. 1929 I S. 99, Reichszollblatt S. 94). Danach durfte Branntwein nur noch zur Herstellung von Heilmitteln, die vorwiegend zum äußerlichen Gebrauche dienen, preisbegünstigt von der Monopolverwaltung bezogen werden, und zwar nur, wenn der Branntwein entweder zu Genußzwecken unbrauchbar gemacht oder unter ständiger amtlicher überwachung verarbeitet wurde. Außerdem war die Verarbeitung solchen Branntweins unter ständiger amtlicher überwachung durch § 116 Abs. 1 Satz 2 der Branntweinverwertungsordnung (Reichszentralblatt 1922 S. 809, 823) ausgeschlossen. Eine steuer- (monopol-) begünstigte Verwendung von unvergälltem Branntwein zur Herstellung von Heilmitteln war nicht mehr zulässig.

Diese Regelung galt bis zum Inkrafttreten des Kontrollratgesetzes (KontrRG) Nr. 27 vom 10. Mai 1946 (Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland Nr. 7 vom 31. Mai 1946 S. 149) am 17. Mai 1946. Dieses hat in Art. I Ziff. 4 eine Steuerbegünstigung für unvergällten Branntwein in sehr beschränktem Umfang wieder zugelassen, nämlich nur für Branntwein, der ärzten, Krankenhäusern und Apothekern zu ärztlichen, chirurgischen oder pharmazeutischen Zwecken zugeteilt wird. Die Steuerbegünstigung war also nach drei Richtungen eingeschränkt:

Zuteilung an den Besteller nur nach dem Ermessen der Monopolverwaltung,

Beschränkung der Bezugsberechtigung auf einen eng begrenzten Bezieherkreis, nämlich ärzte, Krankenhäuser und Apotheker,

Beschränkung der Verwendung, soweit hier in Betracht kommend, auf pharmazeutische Zwecke.

Zu a) ist das Nähere schon in dem erwähnten Gutachten vom 27. Juli 1951 ausgeführt.

Zu b): Nur ärzten, Krankenhäusern und Apothekern war gestattet, Branntwein zu dem in Frage kommenden ermäßigten Steuersatz zu beziehen. Heilmittelfabriken wie auch kleinere Betriebe, die sich mit der Herstellung von Heilmitteln befassen, wie z. B. Drogerien, waren den Apotheken nicht gleichgestellt, sie sind durch die sorgfältige und wohl abgewogene Fassung der Gesetzesbestimmung bewußt von der Steuerbegünstigung ausgeschlossen worden. Das ergibt sich schon aus einem Vergleich der Fassung der Ziff. 4 mit der Fassung in den Ziff. 3 und 5 bis 8 des Art. I. Wäre die Steuervergünstigung auch den Heilmittelfabriken zugedacht gewesen, dann hätte kein Anlaß bestanden, den Kreis der Bezugsberechtigten so eng zu umgrenzen; es hätte entsprechend der Fassung der anderen Ziffern des Art. I genügt, zu sagen:

"4. Für unvergällten Branntwein, der zur Herstellung von Arzneien und Heilmitteln zugeteilt wird."

Zu c): Kommt sonach der steuerbegünstigte Bezug von unvergälltem Branntwein für Heilmittelfabriken nicht in Betracht, so muß dem Wortlaut und dem Sinn der Ziff. 4 eine weitere Einschränkung hinsichtlich der Verwendung durch die Bezugsberechtigten, hier durch die Apotheker, entnommen werden. Unter "Verwendung für pharmazeutische Zwecke" kann hier nicht, wie in Ziff. 5, jede beliebige Herstellung von Heilmitteln verstanden werden, gemeint sein kann nur diejenige Tätigkeit, die dem Apotheker berufsmäßig von Haus aus zukommt, nämlich die Tätigkeit in der Apotheke. Wenn es auch für die Apotheke keine gesetzliche Begriffsbestimmung gibt, so kann doch für die hier vorliegende Frage ohne Bedenken angenommen werden, daß es sich bei der Apotheke um einen Betrieb handeln muß, der von einem bestallten (approbierten) Apotheker geleitet ist und der sich mit der Zubereitung von Arzneien in der und für die Apotheke befaßt, wo die Arznei- und Heilmittel im Einzelverkauf - sei es auf Rezept, sei es frei - abgegeben werden. Der sonstige Handel mit Arznei- und Heilmitteln ist nicht Apothekenbetrieb (Landmann-Rohmer, Kommentar zur Gewerbeordnung, 10. Auflage § 6 Anm. 4). Noch weniger gehört zum Apothekenbetrieb die gewerbsmäßige Herstellung von Heilmitteln für den Handel.

Daraus ergibt sich, daß steuerbegünstigter unvergällter Branntwein durch einen Apotheker für eine Heilmittelfabrik nicht bezogen werden darf; nur für die Verwendung in seiner Apotheke darf der Apotheker unvergällten Branntwein steuerbegünstigt beziehen. Eine Heilmittelfabrik kann die Steuervergünstigung nicht auf dem Umweg erlangen, daß sie sich eines Apothekers als Betriebsleiter und Besteller des Branntweins bedient. Das muß auch gelten für Heilmittelfabriken, die mit einem Apothekenbetrieb in der Weise in Verbindung stehen, daß der Besitzer oder Leiter der Apotheke zugleich Besitzer oder Leiter der Heilmittelfabrik ist.

Im Ergebnis könnte also an Stelle des Wortes "Apotheker" in Ziff. 4 auch gesetzt werden "Apotheken".

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß es für die Bezugsberechtigung nicht darauf ankommt, ob der Apotheker Inhaber oder nur Leiter des Apothekenbetriebs ist.

Soweit ärzte und Krankenhäuser den steuerbegünstigten Branntwein außer für ärztliche und chirurgische Zwecke auch für pharmazeutische Zwecke beziehen wollen, ist auch diesen eine gewerbliche Herstellung von Heilmitteln nicht gestattet; die Verwendung des Branntweins ist nur in der Praxis des beziehenden Arztes bzw. im Betrieb des beziehenden Krankenhauses zulässig. Eine Heilmittelfabrik, die einem Arzt gehört oder von ihm geleitet wird, hat auf den Bezug von unvergälltem steuerbegünstigten Branntwein ebensowenig Anspruch, wie eine solche Fabrik, die einem Apotheker gehört oder von ihm geleitet wird.

Was vorstehend zur Auslegung der Ziff. 4 des Art. I KontrRG Nr. 27 gesagt ist, muß auch für die inhaltlich gleichlautende Ziff. 2 des § 1 Abschn. I des Gesetzes zur änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 21. Oktober 1948 gelten.

II. -

Abweichend von der vorstehenden Gesetzesauslegung ist in den einzelnen Ländern der Westzone (nicht aber in West-Berlin) die Steuerbegünstigung für unvergällten Branntwein nach Art. I Ziff. 4 KontrRG Nr. 27 auch für die Herstellung von Heilmitteln in Heilmittelfabriken zugelassen worden, und zwar teils durch ausdrückliche Anordnung, so in Bayern durch die Rechtsanordnung des Staatsministeriums der Finanzen vom 9. September 1946 (Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen 1946 S. 57), teils dadurch, daß der nach Art. I Ziff. 4 gebildete ermäßigte Branntwein Verkaufspreis der Monopolverwaltung auch auf Branntwein für Heilmittelfabriken für anwendbar erklärt wurde, so in der britischen Zone durch Verfügungen der Finanzleitstelle vom 16. Mai und vom 3. Juli 1947 (Steuer- und Zollblatt 1947 S. 155, 165). Der Koordinierungsbeschluß Nr. 8 des Gemeinsamen Deutschen Finanzrats vom 14. Januar 1947 billigt die Steuerermäßigung nach Art. I Ziff. 4 KontrRG Nr. 27 sogar dem gesamten sanitären Alkohol zu; entsprechend diesem Koordinierungsbeschluß wurde, wie angenommen werden darf, in den einzelnen Ländern verfahren.

Auch noch nach Inkrafttreten des Gesetzes vom 21. Oktober 1948 wurde die in Frage stehende Steuervergünstigung für Heilmittelfabriken aufrechterhalten (vgl. das anscheinend nicht veröffentlichte Schreiben der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebiets vom 5. November 1947, gerichtet an die Gemeinsame Steuer- und Zollabteilung in Hamburg, an die Minister und Regierungen der Länder der Westzone sowie an die Branntweinmonopolverwaltung in den einzelnen Ländern). Die überleitungsstelle für das Branntweinmonopol und nach ihr die Bundesmonopolverwaltung haben die Verkaufpreise für unvergällten steuerbegünstigten Branntwein auch für Branntwein, der an Heilmittelfabriken abgegeben wird, auf Grundlage des Steuersatzes nach § 1 Abschn. I Ziff. 2 des Gesetzes vom 21. Oktober 1948 bemessen (Bekanntmachungen der überleitungsstelle für Branntwein vom 9. Juni und 14. August 1950 sowie vom 28. April 1951, BZBl. 1950 S. 70 und 152, 1951 S. 241 und Bekanntmachungen der Bundesmonopolverwaltung vom 12. Dezember 1951 und vom 27. Februar 1953, BZBl. 1952 S. 11 und 1953 S. 101).

Was zunächst die Verordnungen und Bekanntmachungen betrifft, die sich auf das KontrRG Nr. 27 beziehen, so haben diese mit dem Außerkrafttreten dieses Gesetzes und dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 21. Oktober 1948 (am 23. Oktober 1948) ihre Bedeutung verloren. Die Zulässigkeit ihrer weiteren Anwendung - etwa als Milderungserlasse - über diesen Zeitpunkt hinaus muß nicht etwa nur aus formalistischen Gründen, sondern auch deshalb abgelehnt werden, weil für die Zulassung des ermäßigten Steuersatzes unter der Geltung des KontrRG Nr. 27 gewichtigere Gründe in Betracht kommen konnten als unter der Geltung des Gesetzes vom 21. Oktober 1948. Der Steuertarif des KontrRG enthielt nämlich für die Verwendung von Branntwein in Heilmittelfabriken überhaupt keine Position. Wenn man diesen Branntwein nicht dem Branntwein für Trinkzwecke (Ziff. 1) gleichstellen wollte, was angesichts der außergewöhnlichen Höhe des Steuersatzes (11.470 RM für 1 hl W) untragbar schien, blieb nur übrig, ihn in die Ziff. 4 einzureihen. Dieser Gesichtspunkt konnte für das Gesetz vom 21. Oktober 1948 nicht mehr in Betracht kommen; denn einmal enthielt der Tarif dieses Gesetzes keine Lücke, weil er den Regelsteuersatz von Ziff. 1 auch auf alle sonst nicht besonders genannten Zwecke erstreckte, dann stehen aber auch der Regelsteuersatz von 1.000 DM für 1 hl W und der ermäßigte Satz von 850 DM nicht mehr in einem solchen außergewöhnlichen Mißverhältnis wie die entsprechenden Sätze nach dem KontrRG Nr. 27.

Danach entbehren jedenfalls die nach Inkrafttreten des Gesetzes vom 21. Oktober 1948 ergangenen Erlasse, Preisfestsetzungen und dergl., soweit sie sich auf steuerbegünstigten unvergällten Branntwein für Heilmittelfabriken beziehen, der gesetzlichen Grundlage. Inwieweit die Beteiligten trotzdem auf Gewährung der Steuervergünstigung Anspruch erheben können, weil es sich um Milderungserlasse handelt (vgl. Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs I D 6/49 vom 27. August 1949 und Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs III 62/49 vom 29. Oktober 1949, Steuerrechtskartei, Einkommensteuergesetz KontrRG Nr. 12 Art. VIII Rechtsspruch 7 b und Reichsabgabenordnung § 13 Rechtsspruch 4), dazu ist in diesem Gutachten, das lediglich die Auslegung des Gesetzes vom 21. Oktober 1948 zum Gegenstand hat, nicht Stellung zu nehmen.

III. - Die Fragen des Bundesministers der Finanzen werden sonach wie folgt beantwortet:

§ 1 Abschn. I Ziff. 2 des Gesetzes zur änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 21. Oktober 1948 kann nicht in der Weise angewendet werden, daß neben den selbst ausdrücklich genannten Bezugsberechtigten auch Heil- und Arzneimittelfabriken einen Rechtsanspruch auf die Steuervergünstigung für unvergällten Branntwein haben.

Die Verwendung des in Frage kommenden Branntweins zu pharmazeutischen Zwecken ist nur Apothekern für ihren und in ihrem Apothekenbetrieb gestattet, daneben noch ärzten für ihre ärztliche Praxis und Krankenhäusern für den Betrieb des Krankenhauses.

Für den Bezug von steuerbegünstigtem unvergälltem Branntwein für eine Apotheke ist es gleichgültig, ob der beziehende Apotheker Inhaber der Apotheke oder nur nach § 44 BranntwMonGes. bestellter Betriebsleiter der Apotheke ist.

 

Fundstellen

BStBl III 1954, 97

BFHE 1954, 486

BFHE 58, 486

StRK, BranntwMonG:1 R 3

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