Die Beschlussfähigkeit des Betriebsrats ist eine unverzichtbare Voraussetzung für das Zustandekommen wirksamer Beschlüsse. Die Beschlussfähigkeit liegt vor, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt.[1] Maßgebend ist die Zahl der nach § 9 BetrVG i. V. m. § 11 BetrVG ermittelten Zahl der Betriebsratsmitglieder. Ist jedoch die Zahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl gesunken, so ist bis zur Neuwahl des Betriebsrats von der Zahl der noch tatsächlich vorhandenen Betriebsratsmitglieder auszugehen.[2]

Wer seine Nichtteilnahme an der Abstimmung erklärt, wird für die Abstimmung nicht mitgezählt. Von daher muss die Beschlussfähigkeit bei jeder Abstimmung vom Vorsitzenden erneut festgestellt werden. Soweit nicht ausdrücklich Abstimmung nach Gruppen vorgeschrieben ist, wird der Beschluss mit der Mehrheit der anwesenden Betriebsratsmitglieder nach vorhergehender Beratung gefasst.[3]

Bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt.[4] Der betriebliche Jugend- und Auszubildendenvertreter hat nach § 67 Abs. 2 BetrVG ein Stimmrecht, wenn der Beschluss des Betriebsrats überwiegend jugendliche Arbeitnehmer betrifft oder Arbeitnehmer, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. In diesem Fall wird die Stimme des Jugendvertreters mitgezählt.[5]

3.1 Absolute Mehrheit bei Betriebsratsbeschlüssen

Eine einfache Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder eines beschlussfähigen Betriebsrats reicht für einen wirksamen Beschluss dann nicht aus, wenn die Mehrheit der Stimmen der Betriebsratsmitglieder (absolute Mehrheit) gefordert ist.

Die absolute Mehrheit ist erforderlich

  • beim kollektiven Rücktritt des Betriebsrats[1],
  • bei der Übertragung von Aufgaben zur selbstständigen Erledigung auf Ausschüsse[2],
  • bei der Aufstellung oder Änderung einer Geschäftsordnung[3]
  • bei der Beauftragung des Gesamtbetriebsrats oder Konzernbetriebsrats, um eine Angelegenheit für den Betriebsrat mit der Unternehmensleitung zu behandeln[4],
  • bei der Übertragung der Aufgaben des Wirtschaftsausschusses auf einen Ausschuss des Betriebsrats.[5]

Grundsätzlich ist bei Abstimmungen auch die sog. Subtraktionsmethode zugelassen, denn das BetrVG schreibt kein bestimmtes Abstimmungsprozedere vor. Bei der Subtraktionsmethode werden zunächst die Nein-Stimmen und dann die Enthaltungen abgefragt. Aus der Differenz der Nein-Stimmen und der Enthaltungen zu den anwesenden Betriebsratsmitgliedern kann sodann die Zahl der Ja-Stimmen ermittelt werden.[6]

Nehmen Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) an der Beschlussfassung mit Stimmrecht gemäß § 67 Abs. 2 BetrVG teil, werden ihre Stimmen nach § 33 Abs. 3 BetrVG mitgezählt.

 
Praxis-Beispiel

Berechnung der erforderlichen Mehrheit

Der Betriebsrat hat 19 Mitglieder. Die JAV besteht aus 3 Vertretern. Die absolute Mehrheit ist erreicht, wenn 12 Betriebsräte mit Ja stimmen. Die absolute Mehrheit ist verfehlt, wenn 11 Betriebsräte dafür stimmen und sich 8 Betriebsräte sowie die 3 Vertreter der JAV der Stimme enthalten.

3.2 Beratung und Abstimmung in eigenen Angelegenheiten

In eigenen Angelegenheiten hat das betroffene Betriebsratsmitglied kein Beratungs- und kein Stimmrecht.[1] Anstelle des betroffenen Betriebsratsmitglieds nimmt nach § 25 BetrVG das für diesen Fall der Verhinderung nachrückende Ersatzmitglied an der Beratung und Abstimmung teil. § 15 Abs. 2 BetrVG (Berücksichtigung des Geschlechts entsprechend dem Anteil der Beschäftigten im Betrieb) ist zu berücksichtigen. Andernfalls ist ein Beschluss unwirksam, was zur Fiktion der Zustimmung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG führen kann.[2]

 
Praxis-Beispiel

Verhinderungsgrund: Beschlussfassung über "eigene Angelegenheit"

Antrag auf Umgruppierung eines Betriebsratsmitglieds, Versetzung, Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsvertrags oder Antrag auf Ausschluss aus dem Betriebsrat.

Dagegen hat das betroffene Betriebsratsmitglied Beratungs- und Stimmrecht, wenn es um die Amtsführung des Betriebsrats oder organisatorische Angelegenheiten geht, z. B. Wahl oder Abwahl des Vorsitzenden, der Mitglieder von Ausschüssen, der Mitglieder des Gesamt- oder des Konzernbetriebsrats. Die persönlich betroffenen Mitglieder können in all diesen Fällen mitberaten und mitabstimmen, wenn es auch um Funktionen geht, für die sie sich bewerben oder die sie innehaben.

3.3 Aussetzung von Beschlüssen

§ 35 BetrVG regelt ein aufschiebendes Vetorecht gegen Beschlüsse des Betriebsrats. Der Antrag auf Aussetzung kann gestellt werden

  • von der Mehrheit der JAV[1],
  • von der Schwerbehindertenvertretung.[2]

In dem An...

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