Leitsatz

Der Ehemann begehrte die Abänderung eines bestehenden Unterhaltstitels zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau und der beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder. Zentrales Problem der Entscheidung war die Frage, ob der geschiedenen Ehefrau Betreuungsunterhalt wegen der Betreuung eines gemeinsamen 13-jährigen Sohnes im Hinblick auf dessen Erkrankung noch geschuldet wird.

 

Sachverhalt

Der Kläger nahm die Beklagte auf Abänderung eines bestehenden Titels in Anspruch. Der Kläger und die Beklagte zu 3) sind geschiedene Eheleute, die Beklagten zu 1) und 2) die gemeinsamen Kinder des Klägers und der Beklagten zu 3). Anlässlich der Ehescheidung hatten die Parteien am 15.9.2005 einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Kläger verpflichtet hatte, an die Beklagten zu 1) und 2) jeweils 128 % des Regelbetrages der Regelbetragsverordnung sowie an die Beklagte zu 3) monatlichen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 364,00 EUR zu zahlen.

Der Beklagte zu 2) ist im Jahre 1994 geboren. Er geht noch zur Schule und wohnt in dem Haushalt seiner Mutter. Er leidet an einer "hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens", wird medikamentös behandelt und ist insgesamt verhaltensauffällig.

Die Beklagte zu 1) ist im Jahre 1988 geboren und wurde von dem Kläger adoptiert.

Die Beklagte zu 3) lebt seit November 2006 mit ihren Kindern allein. Sie verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung. In früheren Jahren hatte sie zeitweise als Kassiererin gearbeitet, zeitweise auch in einem Hotel.

In der Zeit von Dezember 2006 bis April 2008 war sie bei einer Hotelreinigungs- und Dienstleistungs GmbH in Teilzeit beschäftigt und erzielte Einkünfte bei Steuerklasse II von durchschnittlich ca. 500,00 EUR netto. Zusätzlich bezog sie Leistungen nach dem SGB II. Da sich die Beklagte zu 3) aufgrund der Verhaltensauffälligkeiten des Sohnes mit ihrer Arbeit überfordert fühlte, kündigte sie ihre Arbeit zu Ende April 2008 und bezog seither Arbeitslosengeld i.H.v. 9,67 EUR täglich und somit 290,10 EUR monatlich.

Der Kläger war bis September 2006 bei der VW AG tätig. Wegen der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages wurden ihm im Oktober 2006 141.403,67 EUR als Abfindung ausgezahlt. Seit November 2006 war der Kläger bei einer anderen Firma tätig. Im Dezember 2005 heiratete er erneut und wurde nach der Steuerklasse III besteuert. Seine zweite Ehefrau hatte keine Einkünfte. Im Haushalt des Klägers und seiner neuen Ehefrau lebten deren drei Kinder.

Bereits im Oktober 2004 ist über das Vermögen des Klägers aufgrund von ehebedingten Verbindlichkeiten das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Dieser Umstand war bereits Grundlage des im September 2005 geschlossenen Vergleichs.

Im Rahmen des von dem Kläger initiierten Abänderungsverfahrens hat die Beklagte ihn ihrerseits widerklagend auf eine Unterhaltserhöhung in Anspruch genommen.

Das erstinstanzliche Gericht hat den Kläger durch Urteil vom 14.2.2008 verpflichtet, den in dem Vergleich vom 15.9.2005 zugesprochenen Unterhalt bis zum 31.12.2011 zu zahlen. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Berufung.

Sein Rechtsmittel erwies sich als teilweise begründet.

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO für zulässig, da sich die wesentlichen Verhältnisse aufgrund des Arbeitsplatzwechsels des Klägers und seiner Heirat verändert hätten, die Beklagte zu 1) mittlerweile volljährig geworden sei und auch die Erwerbsverpflichtung der Beklagten zu 3) angesichts des Alters des gemeinsamen Sohnes, des Beklagten zu 2), sowie des ab Januar 2008 geltenden Unterhaltsrechts neu zu bewerten sei.

Den Antrag, den Vergleich bereits ab März 2007 abzuändern, sah das OLG als zulässige Klageänderung in Form der Klageerweiterung, die sachdienlich sei und sich auf Tatsachen stütze, die ohnehin der Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen seien. Die Abänderung von Vergleichen unterliege keiner Zeitschranke und könne rückwirkend erfolgen.

Der Unterhalt der Beklagten zu 3) für das Jahr 2007 richte sich noch nach dem bis zum 31.12.2007 geltenden Recht. Der Beklagte zu 2) sei im Dezember 2007 13 Jahre alt gewesen. Bis zur Gesetzesänderung im Dezember 2007 sei eine vollschichtige Erwerbstätigkeit erst mit dem 15. Geburtstag eines Kindes von dem betreuenden Elternteil zu erwarten gewesen. Damit sei eine Änderung in der Einkommenssituation der Beklagten zu 3) im Verhältnis zum Vergleichsabschluss September 2005 nicht ersichtlich. Es sei nach wie vor das Einkommen fiktiv aus einer Teilzeittätigkeit einzustellen.

Auch ab Januar 2008 stehe der Beklagten zu 3) noch ein Betreuungsunterhaltsanspruch gemäß § 1570 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB zu.

Gemäß § 1570 Abs. 1 BGB habe der betreuende Elternteil künftig drei Jahre lang einen zeitlichen "Basisunterhaltsanspruch", der unter den Voraussetzungen des § 1570 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB zu verlängern sei, solange dies der Billigkeit unter Berücksichtigung der "Belange des Kindes" entspreche. Aus dieser Formulierung werde deutlich, dass es sich um kindbezogene Gründe handeln müsse. Damit werde auch dem Ged...

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