Leitsatz

Aus der geschiedenen Ehe der Parteien waren zwei in den Jahren 1994 und 1997 geborene Töchter hervorgegangen, die seit der Trennung ihrer Eltern im Jahre 2000 im Haushalt ihrer Mutter lebten. Eine der Töchter litt an einer Lese- und Rechtschreibschwäche.

Der geschiedene Ehemann begehrte Abänderung eines Urteils vom 12.10.2006, in dem der nacheheliche Unterhalt tituliert worden war. Gegenstand des Verfahrens war primär die Frage, ob die Ehefrau weiterhin Anspruch auf Betreuungsunterhalt beanspruchen kann.

 

Sachverhalt

Geschiedene Eheleute stritten um den nachehelichen Unterhalt. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1994 und 1997 geborene Töchter hervorgegangen, die seit der Trennung der Eltern im Jahre 2000 in dem Haushalt der Mutter lebten. Beide Töchter gingen zur Schule, eine von ihnen litt an einer Lese- und Rechtschreibschwäche.

Der nach der Scheidung seit August 2005 wieder verheiratete Kläger begehrte die Abänderung eines Urteils vom 12.10.2006, in dem der nacheheliche Unterhalt tituliert worden war. Er berief sich darauf, dass die Beklagte auch unter Berücksichtigung der Betreuung der beiden Töchter zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet sei. In ihrem Beruf als technische Zeichnerin könne sie bei einer Ganztagstätigkeit ein Nettoeinkommen von ca. 1.450,00 EUR monatlich erzielen und ihren Unterhaltsbedarf damit selbst decken. Der Unterhaltsanspruch sei jedenfalls zeitlich zu begrenzen.

Der Kläger führte ferner an, auch seine Einkünfte hätten sich verändert. Er sei seiner neuen Ehefrau gegenüber unterhaltspflichtig, die bei einer Erwerbstätigkeit im Umfang von 20 Wochenstunden lediglich 677,00 EUR netto monatlich erziele.

Erstinstanzlich wurde die Abänderungsklage abgewiesen.

Die hiergegen von dem Kläger eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gericht, wonach sich die Verhältnisse seit Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil vom 12.10.2006 erlassen worden sei, nicht wesentlich zugunsten des Beklagten geändert hätten, so dass die Voraussetzungen für eine Herabsetzung des Unterhalts gemäß § 323 ZPO nicht vorlägen.

Die Beklagte habe weiterhin Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB. Aufgrund der Betreuung der minderjährigen Kinder der Parteien sei sie noch nicht zur Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet.

Nach § 1570 BGB in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung stehe dem betreuenden Elternteil für die Zeit ab Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspreche. Damit verlange die Neuregelung allerdings regelmäßig keinen abrupten Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit. Nach Maßgabe der im Gesetz genannten kindbezogenen und elternbezogenen Gründe sei auch nach dem neuen Unterhaltsrecht ein gestufter Übergang bis zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (BGH FamRZ 2008, 1739, 1748).

Vorliegend würden die Kinder der Parteien zeitweise in der Schule betreut, bei der es sich um eine staatliche Einrichtung handele, bei der davon auszugehen sei, dass die Betreuung das Kindeswohl nicht gefährde. Während der Zeit der Betreuung der Kinder in der Schule sei die Beklagte daher nicht an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert. Unstreitig werde aber an drei Nachmittagen der Woche mindestens eines der Kinder nicht in der Schule betreut, so dass jedenfalls ein anderweitiger - von der Beklagten selbst durchzuführender oder anderweitig zu organisierender - Betreuungsbedarf bestehe. Bei der jüngeren noch nicht 12-jährigen Tochter bestehe aufgrund ihres Alters, ihrer Legasthenie und ihrer ausgeprägten Spielneigung eine erhöhte Betreuungsbedürftigkeit. Aufgrund ihrer Lese- und Rechtschreibschwäche müsse täglich mit ihr geübt werden. Diese spezielle Betreuung sei von der Beklagten zu leisten.

Neben dieser notwendigen besonderen Betreuung der jüngeren Tochter und der ansonsten unzweifelhaft auch nach 16.00 Uhr erforderlichen Versorgung beider Töchter sei die Beklagte zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit noch nicht verpflichtet. Bei einer Tätigkeit in einer Größenordnung von 30 Stunden pro Woche, die die Beklagte bereits ausgeübt habe und die ihr nach Auffassung des OLG neben der Betreuung auch zumutbar sei, ergebe sich jedoch kein wesentlich geringerer Unterhaltsanspruch der Beklagten als durch das Urteil vom 12.6. tituliert, dessen Abänderung der Kläger begehre.

Eine Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578b BGB scheide schon deswegen aus, weil § 1570 BGB in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthalte. Wenn die Billigkeitsabwägung im Rahmen des § 1570 BGB zu dem Ergebnis führe, dass der Betreuungsunterhalt über die Vollendung des 3. Lebensjahres hinaus wenigstens teilweise fortdauere, könnten dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen der Billigkeit nach § 1578b BGB führen.

 

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