Leitsatz

Bei der Bestandteilszuschreibung eines Wohnungseigentumsrechts zu einem anderen nach § 890 Abs. 2 BGB begründet der Umstand, dass die Rechte mit verschiedenen Grundpfandrechten belastet sind, nicht die Besorgnis einer Verwirrung i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 GBO

 

Normenkette

§ 890 Abs. 2 BGB

 

Das Problem

  1. W ist Eigentümer von 2 Eigentumswohnungen. Seine auf Blatt 1585 gebuchte Wohnung Nr. 1 ist mit einer Grundschuld in Höhe von 204.000 DM zzgl. Zinsen, seine auf Blatt 1586 gebuchte Wohnung Nr. 2 hingegen mit einer Grundschuld in Höhe von 92.000 EUR zzgl. Zinsen belastet.
  2. W beantragt beim Grundbuchamt in Hersbruck, die Wohnung Nr. 2 der Wohnung Nr. 1 als Bestandteil nach § 890 Abs. 2 BGB zuzuschreiben (die Wohnungseigentumsrechte sollen mithin rechtlich miteinander vereinigt werden). Das Grundbuchamt gibt W unter Hinweis auf § 6 GBO auf, die durch die Bestandteilszuschreibung drohende Gefahr der Verwirrung hinsichtlich der Belastungen durch Löschung oder Nachverpfändung der Grundschuld über 92.000 EUR nebst Rangregulierung zu beheben.

    § 6 GBO (Zuschreibung)

    (1) Ein Grundstück soll nur dann einem anderen Grundstück als Bestandteil zugeschrieben werden, wenn hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist.

    [...]

  3. Die dagegen gerichtete Beschwerde weist das Oberlandesgericht Nürnberg zurück. Die dortigen Richter meinen, das Grundbuchamt habe zu Recht verlangt, dass vor einer Buchung der beantragten Zuschreibung die auf der zuzuschreibenden Wohnung (Nr. 2) lastende Grundschuld entweder zu löschen oder die Hauptwohnung (Nr. 1) nachzuverpfänden sei, da ansonsten tatsächlich die Gefahr einer Verwirrung bestehe. Diese Verwirrung sei bei einer Vereinigung von Wohnungseigentumsrechten gegeben, weil mit Verwicklungen bei einer Zwangsversteigerung zu rechnen sei, wenn beide Wohnungen, auf die sich der einheitliche Miteigentumsanteil beziehe, unterschiedlich belastet seien. Anders als bei einer Vereinigung von Grundstücken könne bei einer Verbindung von Wohnungseigentumsrechten der Eigentümer durch bauliche Veränderungen es einem Grundschuldgläubiger nämlich unmöglich machen oder wesentlich erschweren, die einen Bestandteil des Wohnungseigentumsrechts darstellende frühere Wohnung zu versteigern.
  4. Mit der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof beantragt W, die Zwischenverfügung aufzuheben und die Sache an das Grundbuchamt zur Neubescheidung zurückzuweisen.
 

Entscheidung

  1. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg! Die Zwischenverfügung sei bereits unzulässig. Ein Grundbuchamt könne mit einer Zwischenverfügung dem Antragenden nicht den Abschluss eines Rechtsgeschäfts aufgeben, um damit ein Eintragungshindernis zu beheben.
  2. Für das weitere Verfahren weist der Bundesgerichtshof darauf hin, dass die Zuschreibung einer Eigentumswohnung als nicht wesentlicher Bestandteil einer anderen analog § 890 Abs. 2 BGB (= Vereinigung zweier Wohnungseigentumsrechte) zulässig sei. Die entsprechende Anwendung der für Grundstücke geltenden Vorschrift werde heute allgemein bejaht.
  3. Die Zuschreibung habe auch in Anbetracht der unterschiedlichen Belastung der Wohnungseigentumsrechte mit 2 Grundpfandrechten nicht zu unterbleiben. Nach § 6 GBO solle ein Grundstück zwar nur dann einem anderen Grundstück als Bestandteil zugeschrieben werden, wenn hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist. Verwirrung sei aber nur zu besorgen, wenn die Eintragung derart unübersichtlich und schwer verständlich wird, dass der gesamte grundbuchliche Rechtszustand des Grundstücks nicht mehr mit der für den Grundbuchverkehr erforderlichen Klarheit und Bestimmtheit erkennbar ist und die Gefahr von Streitigkeiten zwischen den Realberechtigten untereinander oder mit Dritten oder von Verwicklungen, namentlich im Fall der Zwangsversteigerung, bestehe. So liege es hier nicht.
  4. Der Antrag könne jedenfalls nicht deshalb zurückgewiesen werden, weil ein Eigentümer die Zuschreibung eines Wohnungseigentumsrechts zu einem anderen durch die Entfernung von Trennwänden auch in der Praxis umsetzen könne. Eine Verwirrung kann nicht wegen möglicher baulicher Veränderungen zu besorgen sein, weil diese an den im Grundbuch dokumentierten rechtlichen Verhältnissen nichts ändere. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Eigentümer zweier nebeneinander liegender Wohnungen diese grundsätzlich zwecks gemeinsamer Nutzung durch einen Wanddurchbruch verbinden dürfe, erwiesen sich die auf solche tatsächlichen Veränderungen beziehenden Erwägungen als nicht tragfähig, um einen Antrag auf Zuschreibung wegen Besorgnis einer Verwirrung der im Grundbuch ausgewiesenen Rechte zurückzuweisen.
  5. Streitig sei allerdings, ob die Besorgnis einer Verwirrung nach § 6 GBO begründet ist, wenn – wie hier – die aufgrund einer Zuschreibung unselbstständige Bestandteile einer Einheit gewordenen früheren Grundstücke bzw. Wohnungseigentumsrechte mit verschiedenen Grundpfandrechten belastet seien. Diese Frage sei aber zu verneinen. Es sei allerdings einzuräumen, dass mit einer Verbindung unterschiedlich belasteter Grundstücke ein Verlust an Klarheit und Übersi...

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