Leitsatz

Greift der Kläger allein den Ausspruch des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung an, ist die Revision mangels Beschwer jedenfalls dann unzulässig, wenn der Vorbehalt nach § 780 Abs. 2 ZPO entbehrlich war.

 

Normenkette

ZPO §§ 542, 552, 780 Abs. 2

 

Das Problem

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verklagt das Land Sachsen auf Zahlung von Hausgeld für die Jahre 2013 und 2014. Denn dieses war im Jahr 2013 nach § 1936 Satz 1 BGB Erbe eines verstorbenen Wohnungseigentümers geworden. Das Land erhebt die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses. Das Amtsgericht gibt der Klage uneingeschränkt statt. Das Landgericht weist die Klage teilweise ab und behält dem Land trotz § 780 Abs. 2 ZPO die beschränkte Erbenhaftung vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hafte der Erbe nur dann persönlich, wenn ihm das Halten der Wohnung als ein Handeln bei der Verwaltung des Nachlasses zugerechnet werden könne. Das Land habe aber keine Handlungen vorgenommen, die diese Zurechnung rechtfertigten. Dass es das Land unterlasse, Erträge aus der Vermietung des Sondereigentums zu erzielen, führe zu keinem anderen Ergebnis. Mit der Revision wendet sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen den Erbenvorbehalt.

 

Die Entscheidung

Die Revision ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs bereits unzulässig!

Allgemeines zur Beschwer

Ein zulässiges Rechtsmittel setze voraus, dass der Rechtsmittelführer damit die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer erstrebe. Die klagende Partei werde durch eine gerichtliche Entscheidung beschwert, wenn diese von dem in der unteren Instanz gestellten Antrag zu ihrem Nachteil abweiche, ihrem Begehren also nicht voll entsprochen worden sei. So verhalte es sich in der Regel, wenn der Urteilstenor hinter dem gestellten Antrag zurückbleibe – wie es hier aufgrund des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung der Fall sei. Zwingend sei das aber nicht. Entscheidend sei vielmehr, ob der rechtskraftfähige Inhalt der angefochtenen Entscheidung hinter dem Rechtsschutzbegehren der klagenden Partei zurückbleibe.

Konkretes zur Beschwer

  1. Danach fehle es an einer Beschwer. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wende sich mit der Revision allein dagegen, dass dem beklagten Land in dem angefochtenen Urteil der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung zugebilligt worden sei. Die Aufnahme des Vorbehalts in den Urteilstenor führe indes nicht dazu, dass der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer weniger zugesprochen worden sei als beantragt. Denn der Vorbehalt habe keine über den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Beklagten hinausgehende Wirkung. Der Fiskus könne sich stets, also unabhängig davon, ob ein Vorbehalt in das Urteil aufgenommen wurde, auf die Einrede der beschränkten Erbenhaftung berufen (§ 780 Abs. 2 ZPO). Werde er zu einer Zahlung verurteilt, bestehe insoweit kein Unterschied zwischen dem rechtskraftfähigen Inhalt einer Entscheidung mit und ohne Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung.
  2. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei auch nicht dadurch beschwert, dass das Landgericht die vom beklagten Land erhobene Einrede nicht sachlich geprüft und beschieden habe. Zwar hätten die Voraussetzungen für eine gegenständlich beschränkte Erbenhaftung einschließlich der Frage, inwieweit eine solche bei Hausgeldforderungen gegen den Fiskuserben überhaupt in Betracht kommt, bereits im vorliegenden Verfahren geklärt werden können. Dies sei jedoch nicht geschehen. Das Berufungsgericht habe sich mit der Frage, ob die von dem beklagten Land erhobene Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB berechtigt sei, tatsächlich nicht befasst. Hätte es die Frage entscheiden wollen und die Einrede zulasten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als begründet angesehen, hätte es das Land zur Zahlung aus dem Nachlass verurteilen müssen.
  3. Das Landgericht sei zu einer Entscheidung über die Einrede aber nicht verpflichtet gewesen. Grundsätzlich stehe es im Ermessen des Prozessgerichts, ob es die Frage des Haftungsumfangs im Erkenntnisverfahren sachlich aufkläre und darüber entscheide oder ob es sich mit dem Ausspruch des Vorbehalts der Haftungsbeschränkung begnüge und die sachliche Klärung insoweit dem besonderen Verfahren gemäß § 785 ZPO überlasse. Ob das Prozessgericht ausnahmsweise verpflichtet sei, über die Haftungsbeschränkung sachlich zu entscheiden, wenn der Rechtsstreit insoweit ebenfalls zur Entscheidung reif sei, könne dahinstehen. Dass die Frage der Dürftigkeit im Sinne von § 1990 BGB in der Berufungsinstanz bereits zur Entscheidung reif gewesen sei, habe die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht dargelegt und sei auch nicht anzunehmen, da das angefochtene Urteil den hierzu gehaltenen Vortrag als streitig darstelle.
  4. Schließlich ergebe sich eine Beschwer auch nicht daraus, dass in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausgeführt werde, es handle sich bei den Hausgeldansprüchen um Nachlassverbindlichkeiten und nicht um Nachlasserbenschulden oder Eigenverbindlichkeiten. Zwar habe die bislang h...

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