Leitsatz

Zu unbestimmter und damit nichtiger Beschluss über die Geltendmachung gemeinschaftlicher Gartengestaltungs- und Pflegeansprüche

 

Normenkette

§ 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG

 

Kommentar

  1. Eine Gemeinschaft hatte mehrheitlich bestandskräftig (unangefochten) beschlossen:

    "Die Hausverwaltung wird beauftragt – in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat –, alle notwendigen, insbesondere auch gerichtlichen Schritte – unter Einschaltung eines Rechtsanwalts – gegen Eigentümer (insbes. G und U) einzuleiten, welche sich bezüglich Gartengestaltung und -pflege nicht an die Teilungserklärung halten. Z. B. müssen die Gärten in einen ordnungsgemäßen Zustand gebracht werden und nicht genehmigte Gartenhütten entfernt werden (genehmigt werden kann nur eine Gerätekiste mit max. 3 m3 Rauminhalt max. 1 m Höhe über Gelände)."

  2. Hinsichtlich der vom LG bestätigten Beseitigungsverpflichtung der Gartenhütte ergibt sich diese Verpflichtung bereits aus dem bestandskräftigen Beschluss, in dem die Entfernung von nicht genehmigten Gartenhütten ausdrücklich und unmissverständlich angesprochen wurde.

    Hinsichtlich der übrigen, vom AG ausgesprochenen Verpflichtungen ist das Rechtsmittel jedoch begründet.

  3. Der zitierte Eigentümerbeschluss ist insoweit wegen Unbestimmtheit nichtig. Die betroffenen Wohnungseigentümer sind hier nur "insbesondere" benannt. Was den "ordnungsgemäßen Zustand der Gärten" betrifft, ist hier nur von "z. B." die Rede; dies kann also von den unterschiedlichsten Wertungen abhängen. Was "ordnungsgemäß" sein soll, ist gerade bei der Anlegung von Gärten subjektive Geschmacksfrage; was dem einen als Verwilderung erscheint, wird von anderen wiederum als Naturgarten bezeichnet. Eine hinreichende Konkretisierung kann vorliegend auch nicht aus anderen Feststellungen im Protokoll entnommen werden.
  4. Ob – unabhängig vom genannten Beschluss – ein Beseitigungsanspruch besteht, ist jedenfalls in diesem Verfahren nicht zu prüfen.

    Der Antrag wird von der Gemeinschaft als Verband gerichtlich geltend gemacht. Folgt man der Auffassung des 34. Zivilsenats des OLG München (v. 27.7.2005, 34 Wx 69/05, ZMR 2005, 733), so stehen die Beseitigungsansprüche nur den einzelnen Wohnungseigentümern und nicht dem Verband zu. Folgt man der Auffassung der erkennenden Senats (v. 17.11.2005, 32 Wx 77/05, NZM 2006, 106), dass Beseitigungsansprüche u. U. auch dem Verband zustehen können, so fehlt es an einer Ermächtigung des Verwalters, diese Ansprüche gerichtlich geltend zu machen (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 5 WEG). Schließt man sich der vermittelnden Auffassung von Wenzel (ZMR 2006, 245) an, so fehlt es bereits daran, dass die Gemeinschaft die Sache durch Beschluss zu einer Angelegenheit der gemeinschaftlichen Verwaltung gemacht haben muss.

    Die Nichtigkeit des Beschlusses zur materiellen Beseitigungspflicht führt nämlich dazu, dass der Beschluss auch insoweit nichtig ist, als er die Beseitigung zu einer Angelegenheit der gemeinschaftlichen Verwaltung macht bzw. den Verwalter zur Geltendmachung der Ansprüche ermächtigt. Aufgrund der Unbestimmtheit fehlt es nämlich auch an einer hinreichenden Klarstellung, welche Ansprüche geltend gemacht werden sollen.

 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 20.06.2006, 32 Wx 125/05OLG München v. 20.6.2006, 32 Wx 125/05

Anmerkung
  1. Die Entscheidung beweist erneut, wie wichtig es ist, Beschlussanträge insbesondere bei gemeinschaftlich zu verfolgenden Ansprüchen klar und eindeutig zu formulieren. Der Senat folgt hier wohl der sich zunehmend verfestigenden Rechtsprechung, dass bei verbleibenden Auslegungszweifeln zu insoweit verwendeten unbestimmten Forderungsfakten Beschlussnichtigkeitsfolge eintritt. Die Nichtigkeit erfasst dann im Zweifel grds. auch mitbeschlossene Ermächtigungen zur Verfahrensfortführung.

    Offensichtlich hat der Senat den hier gefassten Beschluss allerdings als teilbar angesehen, also zumindest die Beseitigungsverpflichtung der im Beschluss genannten Gartenhütten als bestandskräftig beschlossen beurteilt (sicher zu Recht unter stillschweigender Annahme der Ausnahme in § 139 BGB).

  2. In Übereinstimmung mit der Meinung des erkennenden Senats (32. Zivilsenat des OLG München) und wohl auch der Auffassung von Wenzel sollte m. E. nicht infrage gestellt werden, dass eine Gemeinschaft solche und ähnliche Störabwehr- und Beseitigungsansprüche auch an sich ziehen und somit zur Verbandssache der insoweit rechtsfähigen Gemeinschaft machen kann, selbst wenn ungeachtet dessen solche Ansprüche auch und primär individualrechtlich von einzelnen Eigentümern verfolgt werden könnten (insbesondere bei mehrheitlich verneinter Bereitschaft der Gemeinschaft, entsprechend aktiv werden zu wollen). So war die Rechtslage auch früher, wenn sich die Mehrheit einer Gemeinschaft durch Störungen einzelner Eigentümer beeinträchtigt fühlte und aus gemeinschaftlichem Solidarverständnis heraus solche Klagen über entsprechende Ermächtigungsbeschlüsse zu führen bereit war. Im vorliegenden Fall erfasste nach Ansicht des Senats allerdings die Nichtigkeit des betreffenden Besc...

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