Leitsatz

Beschlüsse einer Untergemeinschaft sind nichtig, soweit die Untergemeinschaft darin die ihr nach der Gemeinschaftsordnung zugewiesene Beschlusskompetenz überschreitet

 

Normenkette

§§ 21 Abs. 4, 28 Abs. 3 WEG

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümer W greift die Beschlüsse zur Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnungen betreffend die Wirtschaftsjahre 2007, 2008 und 2009 hinsichtlich einzelner Abrechnungspositionen (Müllentsorgung und Gartengestaltung) an. Nach der Gemeinschaftsordnung bestehen 3 "Untergemeinschaften". Diese können über Angelegenheiten, welche nur "die eine oder die andere Untergemeinschaft" betreffen, allein entscheiden. An den Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums in den jeweiligen Bereichen der Untergemeinschaften nehmen nur deren "Mitglieder" teil. Die Untergemeinschaften können eigene Versammlungen abhalten. Angelegenheiten, "welche nicht nur eine Untergemeinschaft betreffen", sollen bei der "Gesamtgemeinschaft verbleiben". Eine Angelegenheit der "Gesamtgemeinschaft" soll dabei auch dann vorliegen, "wenn die Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums mit vernünftigem Aufwand nicht der einen oder anderen Untergemeinschaft zugeordnet werden können". Die Erstellung eigener Wirtschaftspläne und Abrechnungen durch die Untergemeinschaften ist jeweils nicht vorgesehen.
  2. Bei der Beschlussfassung über die Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnungen betreffend die Wirtschaftsjahre 2007, 2008 und 2009 wurde jeweils so vorgegangen, dass die "Gesamtgemeinschaft" über die Gesamtjahresabrechnung abgestimmt und zudem sämtliche gemeinschaftsbezogenen Zu- und Abflüsse den einzelnen Untergemeinschaften zugewiesen hat. Sodann genehmigten die einzelnen Untergemeinschaften jeweils die Einzeljahresabrechnungen.
  3. W, die nur Eigentümerin eines Stellplatzes ist, ist der Ansicht, die Beschlüsse entsprächen nicht den Vorgaben der Gemeinschaftsordnung. Es sei nicht nachvollziehbar, sie an den Kosten der Müllentsorgung und Gartengestaltung zu beteiligen.
 

Die Entscheidung

  1. Die Beschlüsse seien für unwirksam zu erklären. Die Positionen "Gartengestaltung" und "Müllentsorgung" könnten zwar keiner Untergemeinschaft zugewiesen werden. Die Kosten für die Müllentsorgung träfen alle Wohnungs- und Teileigentümer. Die Teileigentümer der Tiefgaragenstellplätze bzw. deren Mieter seien vom Gebrauch der Mülltonnenhäuschen nicht ausgeschlossen. Bei den Mülltonnenhäuschen handele es sich um gemeinschaftliches Eigentum. Die Teileigentümer hätten nach § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG ein Recht zu ihrem Mitgebrauch und seien daher auch bei der Kostentragung mit heranzuziehen. Auch die Kosten der Pflege der Außenanlagen beträfen alle Wohnungs- und Teileigentümer. Es komme auch insoweit nicht auf den tatsächlichen Gebrauch, sondern auf die rechtliche Gebrauchsmöglichkeit an.
  2. Die Beschlüsse seien aber in den angegriffenen Positionen aufzuheben, da nicht nachvollziehbar sei, wie die Kosten verteilt sind. Ferner hätten die Untergemeinschaften keine Kompetenz gehabt, die der "Gesamtgemeinschaft" betreffenden Kosten auf die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer zu verteilen.
  3. Für eine ordnungsmäßige Abrechnung hätte in einem 1. Schritt – wie geschehen – eine Abrechnung beschlossen werden müssen, in der alle Ausgaben und Einnahmen enthalten seien. Die Ausgaben und Einnahmen hätten dann in einem 2. Schritt, soweit es um Einnahmen und Ausgaben gehe, die keiner "Untergemeinschaft" zugewiesen werden könnten, von sämtlichen Wohnungseigentümern durch Beschluss auf sämtliche Wohnungseigentümer umgelegt werden müssen. Soweit es um Einnahmen und Ausgaben gehe, die nach der Gemeinschaftsordnung "den einzelnen Untergemeinschaften zugewiesen seien", hätten diese auf die "einzelnen Untergemeinschaften" umgelegt werden müssen. Die Abrechnungen seien danach falsch. Die Kosten für die Müllentsorgung und die Pflege der Außenanlagen beträfen "die Gesamtgemeinschaft". Sie hätten daher nicht auf die "Untergemeinschaften" umgelegt werden dürfen. Es hätte vielmehr Einzelabrechnungen bedurft, die durch sämtliche Wohnungseigentümer zu beschließen waren. Dies sei aber nicht geschehen.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Der Verwalter hat in dieser Wohnungseigentumsanlage wohl sehr viel falsch gemacht. Schuld war allerdings nicht der Verwalter, sondern der Notar. Seine Gemeinschaftsordnung ist "gruselig". Der Notar wollte mit seinen Regelungen der "Gerechtigkeit" dienen. Gelungen ist ihm dies aber nicht. Seine Anordnungen sind – wie der Fall zeigt – kaum in der Praxis umsetzbar.
  2. Die 1. Zivilkammer des LG München I gibt am Ende ihres Urteils Hinweise dafür, wie ihrer Ansicht nach verfahren werden sollte. Für eine Abrechnung kämen 2 Wege in Betracht – die meines Erachtens das Dilemma gut aufzeigen und auch kaum umsetzbar sind:

    • Es sei vorstellbar, dass alle Wohnungseigentümer über die Gesamtabrechnung, die Zuweisung bestimmter Kosten zu "Untergemeinschaften" sowie die Verteilung der "die Gesamtgemeinschaft" betreffenden Ausgaben und Einnahmen zu entscheiden hätten. In einem 2. Sc...

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