1 Beschäftigungsort versus Betriebsstätte

Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung wird nach den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen auf den Beschäftigungsort abgestellt. Demgegenüber stellt die lohnsteuerliche Betrachtung auf die "Betriebsstätte" ab. Auch wenn sich inhaltlich zwischen den beiden Begrifflichkeiten i. d. R. keine wesentlichen Abweichungen ergeben, ist eine zweifelsfreie Ermittlung erforderlich. Die korrekte Ermittlung der Betriebsstätte ist für die Beurteilung von lohnsteuerfreien Zahlungen unerlässlich; insbesondere im Zusammenhang mit Auslandstätigkeiten und Auslösungen.

2 Bestimmung des Beschäftigungsorts

Im Zusammenhang mit der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses muss der Beschäftigungsort ermittelt bzw. festgelegt werden.

Beschäftigungsort ist der Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird.[1] Darüber hinaus gilt als Beschäftigungsort der Ort, an dem eine feste Arbeitsstätte errichtet ist, wenn Personen

  • von ihr aus mit einzelnen Arbeiten außerhalb der festen Arbeitsstätte beschäftigt werden oder
  • außerhalb der festen Arbeitsstätte beschäftigt werden und diese Arbeitsstätte sowie der Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird, im Bezirk desselben Versicherungsträgers liegen.

Soweit Personen bei einem Arbeitgeber an mehreren festen Arbeitsstätten beschäftigt sind, gilt als Beschäftigungsort die Arbeitsstätte, in der sie überwiegend beschäftigt sind.

Wenn sich eine feste Arbeitsstätte über den Bezirk mehrerer Gemeinden erstreckt, gilt als Beschäftigungsort der Ort, an dem die Arbeitsstätte ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt hat.

2.1 Wechselnde Einsatzstellen

Wird die Beschäftigung an verschiedenen Orten ausgeübt und ist eine feste Arbeitsstätte nicht vorhanden, gilt als Beschäftigungsort der Ort, an dem der Betrieb seinen Sitz hat. Leitet eine Außenstelle des Betriebs die Arbeiten unmittelbar, ist der Sitz der Außenstelle als Beschäftigungsort maßgebend. Lässt sich danach kein Beschäftigungsort in Deutschland bestimmen, gilt als Beschäftigungsort der Ort, an dem die Beschäftigung in Deutschland erstmals ausgeübt wird. Die gleichen Grundsätze sind sinngemäß ebenfalls anzuwenden, wenn sich die wechselnden Einsatzstellen sowohl im Rechtskreis West als auch im Rechtskreis Ost befinden.

 
Praxis-Beispiel

Außendienstmitarbeiter mit abwechselnden Beschäftigungsorten

Herr L ist bei Firma M mit Firmensitz in Bremen als Außendienstmitarbeiter angestellt.

Der eigentliche Tätigkeitsbereich erstreckt sich über Norddeutschland einschließlich der Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg und umfasst somit die Rechtskreise West und Ost. Herr L hat zwar keine feste Arbeitsstätte, je nach Dauer der Außendienstbesuche beginnt oder endet sein Arbeitseinsatz gelegentlich am Firmensitz.

Der Beschäftigungsort ist täglich wechselnd. Teilweise findet die Tätigkeit an einem Tag sogar in beiden Rechtskreisen statt.

Da für Herrn L keine feste Arbeitsstätte vorhanden ist, gilt als Beschäftigungsort der Ort des Betriebssitzes. In diesem Fall also im Rechtskreis West (= Bremen).

2.2 Homeoffice (Telearbeit)

Zunehmend üben Arbeitnehmer ihre Beschäftigung von zu Hause aus. Dies ist insbesondere in den Branchen der Fall, in denen die Arbeit am Bildschirm ausgeübt werden kann ("Telearbeit") oder als Außendiensttätigkeit gestaltet ist.

Die Bewertung, welcher Ort bei Homeoffice-Arbeitsplätzen als Beschäftigungsort gilt, ist – entsprechend der Vorgaben des § 9 SGB IV – grundsätzlich danach auszurichten, wo die Beschäftigung überwiegend ausgeübt wird.[1]

[1]

S. Homeoffice.

3 Krankenkassenwahl

Bei der Wahl einer Orts-, Betriebs-, Innungs- oder Ersatzkasse haben die Beschäftigten darauf zu achten, dass die gewählte Krankenkasse sich u. a. auf ihren Beschäftigungsort erstreckt.[1] Das ist zumeist unproblematisch, weil sich zumindest die Orts- und Innungskrankenkassen inzwischen überwiegend auf die Beschäftigungsorte des jeweiligen Bundeslands erstrecken und die bundesunmittelbaren Ersatzkassen für die Beschäftigungsorte des gesamten Bundesgebiets zuständig sind.

4 Mehrfachbeschäftigte

Weiterhin ist der Beschäftigungsort noch bei Mehrfachbeschäftigungen bedeutsam, wenn der Beschäftigte sowohl im Rechtskreis West als auch im Rechtskreis Ost Beschäftigungen ausübt. Es ist dann zu prüfen, ob auf den Beschäftigten das für West oder das für Ost geltende Versicherungsrecht anzuwenden ist. Für die Renten- und die Arbeitslosenversicherung ist dabei zu prüfen, ob das Arbeitsentgelt insgesamt die Beitragsbemessungsgrenze überschreitet.

5 Auslandstätigkeit

In den Fällen der Ausstrahlung gilt der bisherige Beschäftigungsort als fortbestehend.[1] Ist ein solcher nicht vorhanden, z. B. weil der Mitarbeiter erst für den Auslandseinsatz eingestellt wurde, gilt als Beschäftigungsort der Ort, an dem der Betrieb, von dem der Beschäftigte ins Ausland entsandt wird, seinen Sitz hat.

6 Besondere Personengruppen

Für besondere Personengruppen wird mit § 10 SGB IV auch der Beschäftigungsort bestimmt.

Danach gilt als Beschäftigungsort für Personen, die ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwillige...

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