Leitsatz

Zentrales Problem der vorliegenden Entscheidung des BGH war die Frage der Einkommensermittlung des Unterhaltsschuldners zur Bestimmung seiner nachehelichen Unterhaltsverpflichtung unter besonderer Berücksichtigung seiner Wiederverheiratung und weiterer Unterhaltsverpflichtungen ggü. den aus dieser Ehe hervorgegangenen Kindern.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs zur Zahlung nachehelichen Unterhalts.

Aus ihrer rechtskräftig geschiedenen Ehe waren zwei in den Jahren 1986 und 1993 geborene Kinder hervorgegangen, die im Haushalt ihrer Mutter lebten. Der Kläger war seit dem Jahre 2000 wieder verheiratet. Aus dieser Ehe war ein im Jahre 2001 geborenes Kind hervorgegangen. Der Kläger lebte mit seiner Familie mietfrei in einem Haus, das im Eigentum seiner Ehefrau stand.

Im Jahre 1999 schloss der Kläger mit der Beklagten einen gerichtlichen Vergleich, indem er sich zur Zahlung von Ehegatten- und Kindesunterhalt verpflichtete. Es war vorgesehen, dass für die Zeit ab August 2003 eine Bindung an die im Vergleich genannten weiteren Regelungen, insbesondere ein anrechnungsfreier Hinzuverdienst der Beklagten, nicht mehr gelten sollte. Im Februar 2002 änderten die Parteien den ursprünglichen Vergleich aus dem Jahre 1999 ab, es wurde ein geringerer Ehegattenunterhalt vereinbart, wobei jedoch die sonstigen Vereinbarungen des früheren Vergleichs fortgelten sollten.

Nachdem der Kläger seine Zahlungen reduziert hatte, leitete die Beklagte die Zwangsvollstreckung gegen ihn ein. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage begehrte der Kläger den Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts, die Reduzierung des titulierten Kindesunterhalts, die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung für den Zeitraum von August bis Oktober 2004 sowie die Rückzahlung beigetriebenen Ehegattenunterhalts und Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

Das AG hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Auf die Berufungen beider Parteien hat das OLG das angefochtene Urteil abgeändert und u.a. die Unterhaltspflicht des Klägers weiter herabgesetzt.

Gegen das Urteil des OLG richtete sich die zugelassene Revision des Klägers.

 

Entscheidung

Der BGH hielt die Revision für begründet.

Die von dem Kläger erhobene Abänderungsklage sei als zulässig anzusehen, da in den dem Unterhaltstitel zugrunde liegenden Verhältnissen eine wesentliche Veränderung eingetreten sei. Da der Vergleich im Übrigen keine ausdrückliche Vergleichsgrundlage enthalte und eine solche auch nicht unzweifelhaft ermittelt werden könne, sei der Unterhaltsanspruch im Abänderungsverfahren ohne Bindung an den früheren Vergleich allein nach den gesetzlichen Vorgaben zu ermitteln.

Bei der Prüfung des nachehelichen Unterhalts sei zu berücksichtigen, dass bis zum 31.12.2007 zugunsten der Beklagten das sog. Altersphasenmodell Anwendung finde und sie somit lediglich zur Aufnahme einer halbschichtigen Tätigkeit verpflichtet gewesen sei und damit ein Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB bestanden habe. Ab dem 01.01.2008 könne hingegen Betreuungsunterhalt ohne weitere Begründung nur für die Dauer von drei Jahren nach der Geburt des Kindes verlangt werden. Kind- oder elternbezogene Gründe, die eine Verlängerung rechtfertigten, seien von der Beklagten darzulegen und unter Beweis zu stellen gewesen.

Die Höhe des nachehelichen Unterhalts richte sich gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Das Einkommen des Klägers zur Ermittlung des Ehegattenunterhalts sei nach den Vorgaben des BVerfG in dessen Entscheidung vom 07.10.2003 ohne Berücksichtigung des Splittingvorteils aus der neuen Ehe zu ermitteln. Dies gelte allerdings nicht für die Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Kinder aus der Ehe mit der Beklagten. Insoweit sei für die Feststellung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Klägers der Splittingvorteil zu erfassen.

Maßgeblich für die Ermittlung der ehelichen Lebensverhältnisse seien die tatsächlich erzielten Einkünfte, so dass im Regelfall auch die Steuerlast in ihrer jeweils realen Höhe maßgeblich sei. Den Unterhaltsschuldner treffe daher auch die Obliegenheit, mögliche Steuervorteile im Wege des Realsplittings zu realisieren, wenn hierdurch nicht eigene Interessen von ihm verletzt würden. Diese Verpflichtung gehe allerdings nur soweit, wie die Unterhaltspflicht auf einem Anerkenntnis, einer rechtskräftigen Verurteilung oder einer freiwilligen Zahlung beruhe. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass der Kläger für die Zeit ab August 2004 eine Abänderung des Vergleichs gerichtlich verfolgt habe. Es sei ihm daher nicht zumutbar gewesen, ab diesem Zeitpunkt steuerliche Vorteile in Anspruch zu nehmen, die er möglicherweise später hätte zurückzahlen müssen.

Zu Recht habe das Berufungsgericht auch den steuerlichen Vorteil des Realsplittings bis Juli 2004 auf der Grundlage des Einkommens des Klägers nach der Grundtabelle errechnet, da der Splittingvorteil aus der neuen Ehe grundsätzlich dieser vorbehalten bleibe. Um...

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