1 Maßgebliches Entgelt für die Beitragsberechnung

Grundlage für die Erhebung der Beiträge zur Sozialversicherung ist das aus einer Beschäftigung erzielte beitragspflichtige Arbeitsentgelt. Das Arbeitsentgelt ist grundsätzlich auch dann beitragspflichtig, wenn es nicht ausgezahlt wird.[1]

Die Definition des Arbeitsentgelts beinhaltet einen umfassenden Arbeitsentgeltbegriff und bedeutet unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zugleich, dass mindestens das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist, auf das der Arbeitnehmer einen tariflichen Anspruch hat. Zahlt der Arbeitgeber ein darüber hinausgehendes Arbeitsentgelt, ist auch dies beitragspflichtig zur Sozialversicherung.

Unterschreitet das vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte Arbeitsentgelt jedoch das vom Arbeitnehmer tariflich zu beanspruchende Arbeitsentgelt, ist Letzteres zur Beitragsberechnung heranzuziehen. Aufgrund einer Öffnungsklausel nicht gezahltes Arbeitsentgelt wird jedoch nicht berücksichtigt. Es werden sonst nur dann keine Beiträge berechnet, wenn eine wirksame Lohnverzichtserklärung des Arbeitnehmers vorliegt.[2] Ist eine solche nicht vorhanden, kommt es somit zu einer Beitragserhebung aus "fiktiven" Entgeltzahlungen.

Dies gilt grundsätzlich unabhängig vom jeweiligen Versicherungsstatus des betroffenen Arbeitnehmers.

Gelten für das Beschäftigungsverhältnis keine tarifvertraglichen Regelungen, sind jedoch die Regelungen zum gesetzlichen Mindestlohn (ab 1.1.2024: 12,41 EUR/Std., bis 31.12.2023: 12 EUR/Std.) zu beachten.

Auswirkungen auf die Versicherungspflicht

Für den Fall, dass der Versicherungsstatus von der Höhe des erzielten bzw. zu beanspruchenden Arbeitsentgelts abhängig ist, kann das fiktive Entgelt auch Auswirkungen auf die versicherungsrechtliche Beurteilung haben. Dies betrifft insbesondere geringfügig entlohnte Beschäftigungen. Bei Minijobbern kann die Berücksichtigung eines fiktiven Entgelts zum Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze führen und damit Sozialversicherungspflicht auslösen.[3] Auch hier sind unbedingt die Regelungen zum gesetzlichen Mindestlohn zu beachten.

2 Wirkung des arbeitsrechtlichen Entgeltanspruchs auf die Sozialversicherungsbeiträge

Arbeitsrechtlich ist grundsätzlich auf die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden tarifrechtlichen Regelungen abzustellen.

Die fiktive Hinzurechnung von nicht gezahlten Entgeltbestandteilen[1] wird von den Prüfern der Sozialversicherung überwiegend in Branchen angewandt, in denen allgemeinverbindliche Tarifverträge gelten. Jedoch ist die Vorgehensweise nicht einheitlich. Es sind auch Fälle bekannt geworden, in denen ohne Beachtung der Allgemeinverbindlichkeit (weitergehend) darauf abgestellt wurde, ob der Tarifvertrag im Einzelfall angewendet werden kann oder andere Arbeitnehmer Sonderzahlungen erhalten (sog. betriebliche Übung).

3 Entstehungsprinzip und Zuflussprinzip in der Sozialversicherung

Im Sozialversicherungsrecht gilt grundsätzlich das sog. "Entstehungsprinzip". Dies bedeutet, dass zur Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge nicht auf das tatsächlich gezahlte, also geflossene Arbeitsentgelt abgestellt wird. Vielmehr wird auf das zu beanspruchende, also entstandene bzw. "erarbeitete" Entgelt abgestellt. Damit gilt eine andere Systematik als im Steuerrecht, weil dort ausschließlich das "Zuflussprinzip" maßgeblich ist. Allerdings gilt das Entstehungsprinzip in der Sozialversicherung nicht ausnahmslos. Bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt[1] gilt das Zuflussprinzip.

3.1 Entstehungsprinzip in der Sozialversicherung bei laufendem Arbeitsentgelt

Das Entstehungsprinzip beruht auf der Rechtsprechung des BSG.[1] Dieses hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, wie die maßgebliche Bemessungsgrundlage für die Beitragsberechnung zur Sozialversicherung definiert wird. Grundsätzlich richtet sich der Beitrag nach dem Entgelt, das als Einnahme aus der Beschäftigung definiert ist, gleichgültig ob

  • ein Rechtsanspruch darauf besteht oder
  • unter welcher Bezeichnung und in welcher Form es geleistet wird.[2]

Die Beitragsforderung kann auch von einem höheren als dem tatsächlich zugeflossenen Entgelt erfolgen, wenn der Arbeitnehmer im Entstehungszeitraum zusätzliche Entgeltbezüge beanspruchen konnte. Dies gilt z. B. für den Fall, dass der Arbeitgeber nicht den gesetzlich oder tarifvertraglich festgelegten Mindestlohn zahlt. Auch wenn der Arbeitnehmer nach Ablauf gesetzlicher oder tarifvertraglicher Ausschlussfristen keine Möglichkeit mehr hat, seine Ansprüche gerichtlich durchzusetzen, bleibt es bei der Beitragsforderung aus dem nicht oder zu gering gezahlten Arbeitsentgelt. Allein maßgebend ist das Entstehen eines arbeitsvertraglichen Entgeltanspruchs. Unerheblich ist, ob (und von wem) dieser Anspruch im Ergebnis erfüllt wird und ob er realisiert werden kann oder nicht.

Dabei stützt sich das BSG in seiner Rechtsprechung auf das Sozialgesetzbuch IV.

 
Wichtig

Entstehen des Beitragsanspruchs

Ein Beitragsanspruch entsteht, sobald die im Gesetz bestimmten Voraussetzungen vorliegen.[3]

Sind die Beiträge bereits in diesem Sinne entstanden, so steht der Beitra...

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