Leitsatz

Klage der Bank "gegen die Gemeinschaft" wurde abgewiesen

 

Normenkette

§ 27 Abs. 4 WEG, § 164 BGB, §§ 812ff. BGB

 

Kommentar

1. Ein früherer - aus wichtigem Grund abberufener und fristlos gekündigter - Verwalter hatte das Gemeinschaftskonto als sogenanntes offenes Treuhandkonto "für die Wohnungseigentümergemeinschaft "eröffnet mit nachfolgendem Vermerk seiner Verwalterstellung (Name, Unterschrift, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Beruf des Inhabers der Verwaltung). Weiterhin wurde "Kontenführung für fremde Rechnung" erwähnt.

Die Gemeinschaft wurde dann - unter zwischenzeitlich neuer Verwaltung - von der Bank verklagt, eigentümer-gesamtschuldnerisch den angewachsenen Konten-Sollbetrag von über DM 34.000 nebst 10,75% Zinsen (berechnet nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank für nicht genehmigte Kontenüberziehungen) zu bezahlen. Die Klage wurde abgewiesen.

2. Die beklagten Eigentümer wurden hier nicht Inhaber des von ihrem (früheren) Verwalter eröffneten Kontos. Sie können deshalb aus dem Kontokorrentvertrag mit der klagenden Bank auch nicht in Anspruch genommen werden. Konteninhaber wurde vielmehr der ehemalige Verwalter. Gerade die Kontenführung "für fremde Rechnung" deutet darauf hin, dass der Verwalter Konteninhaber sein sollte. Wären die Eigentümer Konteninhaber gewesen, hätten sie das Konto für eigene Rechnung geführt. Außerdem erschienen im vorliegenden Fall die Eigentümer auch gar nicht namentlich auf dem Kontoeröffnungsformular. Damit handelte es sich um ein eigenes Konto des Verwalters; der Zusatz "WEG " könnte auch lediglich die Bedeutung haben, dieses Konto von anderen Konten des Verwalters zu unterscheiden. Dass die Bedeutung des Zusatzes unzutreffend sei und dass der Zusatz die eigentlichen Konteninhaber bezeichnen hätte sollen, hätte die klagende Bank darlegen und beweisen müssen ( § 164 Abs. 2 BGB); dieser Beweis ist der Klägerin nicht gelungen. Zu einer Unterscheidung zwischen einem rechtlich Verfügungsbefugten und einem wirtschaftlichen Berechtigten kommt es im Übrigen nur, wenn jemand zwar in eigenem Namen handelt, dabei aber fremde Interessen wahrnimmt. Die Bezeichnung der Eigentümer als wirtschaftlich Berechtigte weist gerade darauf hin, dass der Verwalter das Konto in eigenem Namen eröffnet hat. Würde es sich um ein Konto der Eigentümer handeln, müsste nicht ein vom Konteninhaber verschiedener wirtschaftlicher Berechtigter benannt werden; wirtschaftlich berechtigt wären dann vielmehr die Konteninhaber selbst.

Der Bank steht gegenüber den beklagten Eigentümern auch kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu. Selbst wenn die Verfügungen des Verwalters ausschließlich zugunsten der Wohnungseigentümer erfolgten, liegt eine Bereicherung der Beklagten durch eine Leistung der klagenden Bank nicht vor. Im Verhältnis der Bank zum Konteninhaber (Verwalter) liegt der Rechtsgrund für die Bereicherung in dem abgeschlossenen Bankvertrag, im Verhältnis des Verwalters zu den Eigentümern kann der Rechtsgrund in dem seinerzeit noch bestehenden Verwaltervertrag liegen. Es ist daher nicht ersichtlich, dass eine Bereicherung ohne Rechtsgrund erfolgt ist, zumindest nicht unmittelbar zwischen der Bank und den Eigentümern. Die Ansprüche der Parteien sind daher nicht nach Bereicherungsrecht abzuwickeln, sondern im Verhältnis der Bank zum Verwalter nach Maßgabe des Bankvertrages und im Verhältnis des Verwalters zu den Wohnungseigentümern nach Maßgabe des Verwaltervertrages.

Im Übrigen hatten hier die Eigentümer auch die Höhe der geltend gemachten Forderung bestritten. Die klagende Bank hat das Zustandekommen des geltend gemachten Saldos nicht ausreichend dargelegt.

 

Link zur Entscheidung

( LG Augsburg, Urteil vom 10.07.1998, 9 O 456/98- rechtskräftig -, mitgeteilt von RA Gabrielli, Augsburg)

zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Anmerkung:

Diese rechtlich zutreffende Entscheidung beweist erneut die diesseits in ETW stets vertretene Auffassung, dass Verwaltern dringend abzuraten ist, Gemeinschaftskonten als sogenannte "offene Treuhandkonten" auf eigenen Namen zu eröffnen. Zumindest den Interessen einer Gemeinschaft und eines Verwalters entspricht allein das offene Fremdkonto, mit Konteninhaberschaft der Gemeinschaft bzw. aller Eigentümer (vertreten durch den verfügungsberechtigten Verwalter). Auch bankrechtlich sind dann bei unberechtigter Kontenüberziehung Ansprüche der Bank allein gegen die Inhaber, d.h. die Eigentümer in Gesamtschuldhaftung geltend zu machen, nicht gegen den allein verfügungsberechtigten Verwalter. Ob in solchen Verfahren seitens einer Bank dann auch auf die diesseits stark kritisierte sogenannte Haftungsverbandsrechtsprechung des OLG Oldenburg und des KG Berlin abzustellen ist, möchte ich noch als höchst umstritten und offen bezeichnen. Ich habe nach wie vor auch kein Verständnis dafür, dass sich vereinzelt Bank- und Kreditinstitute auch heute noch unter Hinweis auf eigene gesetzliche Regelungen und Bank-Richtlinien weigern, solche offenen Fremdkonten für Wohnungseigentüme...

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