Leitsatz

Die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum ist genehmigungspflichtig, wenn das Grundbuchamt im Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Rechtsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB auf einen bereits zuvor gestellten Antrag auf grundbuchrechtlichen Vollzug einer Teilungserklärung die Wohnungsgrundbücher noch nicht angelegt hat. § 878 BGB ist in einem solchen Fall nicht entsprechend anwendbar.

 

Normenkette

§ 8 WEG; § 172 BauGB

 

Das Problem

B teilt mit am 12. März 2015 beim Grundbuchamt eingegangener Erklärung ein Grundstück nach § 8 WEG auf, das sich im Geltungsbereich einer Erhaltungsverordnung befindet. Das Grundbuchamt meint daher, B brauche gemäß §§ 172 ff. BauGB eine Genehmigung des Bezirksamts.

Hiergegen richtet sich B's Beschwerde.

 

Die Entscheidung

  1. Ohne Erfolg! Eine Teilungserklärung werde mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam, § 8 Abs. 2 Satz 2 WEG. Dies erfordere einen hierauf gerichteten Antrag, § 13 Abs. 1 Satz 1 GBO, und eine Bewilligung, § 19 GBO, der als Anlagen ein Aufteilungsplan und eine Abgeschlossenheitsbescheinigung beizufügen seien, § 7 Abs. 2 Satz 1 WEG. Zu bewilligen habe derjenige, dessen Recht von der Eintragung betroffen sei, § 19 GBO. Das sei bei der Teilung eines Grundstücks gemäß § 8 Abs. 1 WEG der Eigentümer, der zudem bewilligungsbefugt sein müsse. Die Befugnis zur Ausübung der Bewilligungsberechtigung leite sich von der sachenrechtlichen Verfügungsbefugnis ab. Das Grundbuchamt habe deshalb von Amts wegen zu prüfen, ob der Bewilligende Verfügungsbeschränkungen unterliege (Hinweis auf BGH v. 21.2.2013, V ZB 15/12, MDR 2013 S. 701). Das sei hier der Fall. Am 14. März 2015 sei die Umwandlungsverordnung des Senats von Berlin vom 3. März 2015 – UmwandV – in Kraft getreten, § 3 Satz 1 UmwandV (GVBl. 2015, 43). Danach dürfe für alle Grundstücke im Bereich einer Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB Wohnungs- oder Teileigentum an Gebäuden, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, nicht ohne Genehmigung begründet werden, § 1 UmwandV.
  2. Dem stehe nicht entgegen, dass B's Antrag bereits am 12. März beim Grundbuchamt eingegangen sei. Zwar solle § 878 BGB für Verfahrenserklärungen, die eine verfahrensrechtliche Verfügung enthalten, entsprechend anzuwenden sein. Die Bewilligung gemäß § 19 GBO sei auch eine solche Erklärung. Dem könne der Senat in dieser Allgemeinheit jedoch nicht folgen. Eine entsprechende Anwendung des § 878 BGB auf die Bewilligungserklärung könne nur dann geboten sein, wenn nach Stellung des Eintragungsantrags eintretende Verfügungsbeschränkungen materiell-rechtlich einen Rechtserwerb oder eine Rechtsänderung nicht mehr beeinflussen können.
 

Kommentar

§ 172 BauGB. Erhaltung baulicher Anlagen und der Eigenart von Gebieten (Erhaltungssatzung)

(1) Die Gemeinde kann in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen

  1. zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt (Absatz 3),
  2. zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (Absatz 4) oder
  3. bei städtebaulichen Umstrukturierungen (Absatz 5)

der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen. … Die Landesregierungen werden ermächtigt, für die Grundstücke in Gebieten einer Satzung nach Satz 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen, dass die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum (§ 1 des Wohnungseigentumsgesetzes) an Gebäuden, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, nicht ohne Genehmigung erfolgen darf. …

Anmerkung

Begründet ein Bauträger an einem bestehenden Gebäude im Wege der Umwandlung Wohnungseigentum, bedarf er dafür im Einzelfall einer ganzen Reihe von Genehmigungen. Solche nach § 172 BauGB sollen die Bevölkerung unter anderem vor einer Gentrizifierung schützen und sind insoweit ein wichtiges Element.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Eine ähnliche Frage mit Blick auf § 878 BGB stellte sich in der Vergangenheit, wenn Verwalter V, dessen Bestellung mit dem Ende eines Jahres endete, einer Veräußerung eines Wohnungseigentums als Dritter im Sinne von § 12 Abs. 1 WEG zugestimmt hatte, das Grundbuchamt die Erklärung aber erst prüfte, als bereits der neue Verwalter V1 bestellt war. Der Bundesgerichtshof hat insoweit für die Praxis geklärt, dass die Zustimmung des alten Verwalters ausreichend ist.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss v. 8.12.2015, 1 W 518/15

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