Gründe

Der erkennende Senat bejaht die Verzinsungspflicht des Vermieters für eine vom Mieter ohne ausdrückliche oder schlüssige anderweitige Abrede empfangene Barkaution vom Zeitpunkt des Empfangs an in Höhe der jeweils für Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist marktüblichen Zinsen aus den nachstehenden Erwägungen.

a) Soweit übersehbar, qualifiziert die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum (z. T. auch insoweit, als eine Verzinsungspflicht abgelehnt wird; z. B. LG Hamburg (7. ZK), LG Köln, LG München I) die Zahlung einer baren Mietkaution als irreguläres (uneigentliches) Nutzungspfand in sinngemäßer Anwendung von § 1213 iVm § 1204 Abs. 2 BGB.

Dieser Meinung schließt sich der Senat an, da unter Abwägung aller Umstände von den in Betracht kommenden Vertragstypen (grundsätzlich insbesondere Darlehen, unregelmäßige Verwahrung und Pfand) das irreguläre Nutzungspfand analog § 1213 BGB am ehesten sowohl dem Parteiwillen als auch der Interessenlage zwischen Vermieter und Mieter am besten entspricht.

Der Senat verkennt dabei nicht, daß das Reichsgericht in seinen zivilrechtlichen Entscheidungen eine eindeutige rechtliche Einordnung der Mietkaution (Pachtkaution) ebensowenig getroffen hat wie bislang der Bundesgerichtshof. Während das Reichsgericht in JW 1905, 80 festgestellt hat, die Kaution sei kein Darlehen, hat es in einer späteren Entscheidung (Recht 1908, Nr. 3019) dargelegt, daß eine Kaution gleichzeitig die Eigenschaft eines Darlehens haben könne und die entsprechende Kautionssumme nach den Grundsätzen eines Darlehens oder eines depositum irregulare (§ 700 BGB) zurückzuerstatten sei. Der Bundesgerichtshof (WM 1979, 101/102; NJW 1972, 721/722 f.; vgl. LM § 535 BGB Nr. 50 = MDR 1972, 411 f.) hat die Rechtsnatur der Mietkaution bislang dahingestellt sein lassen.

b) Ist die vereinbarungsgemäße Entrichtung einer Mietkaution durch Geld (in bar oder durch Einzahlung auf das Konto des Vermieters) jedoch entsprechend § 1213 BGB zu qualifizieren, so bestimmt sich das Rechtsverhältnis der Mietvertragsparteien im Hinblick auf die Nutzungen grundsätzlich nach § 1214 BGB. Danach (§ 1214 Abs. 2 BGB) ist der Reinertrag der gezogenen Nutzungen dem Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses herauszugeben oder zu ersetzen (vgl. RGZ 105, 408/409; Staudinger BGB 11. Aufl. § 1213 Rdn. 1; § 1214 Rdn. 6), soweit nicht Forderungen des Vermieters damit zu befriedigen sind.

Die Mietkaution ist in jeder ihrer Erscheinungsformen eine Sicherheitsleistung des Mieters für mögliche künftige Forderungen des Vermieters aus dem Mietvertrag. Mag auch die Barkaution in aller Regel nach dem Willen der Vertragsparteien nach sachenrechtlichen Grundsätzen in das Eigentum des Vermieters übergehen, so daß er wie ein Eigentümer darüber verfügen kann, so ändert dies gleichwohl nichts daran, daß die Barkaution wirtschaftlich betrachtet in den Bereich des Mieters gehört und nach ihrer Zweckbestimmung dem Vermieter grundsätzlich nur zur treuhänderischen Verwaltung zufließen soll. Bejaht man jedoch auf Grund der bei einem (in aller Regel langfristigen) Mietverhältnis ohne weiteres ersichtlichen Interessenlage diesen Treuhandgedanken (§§ 157, 242 BGB), dann muß § 1214 Abs. 2 BGB im Zusammenhang mit der Hingabe einer baren Mietkaution so interpretiert werden, daß dem Recht des Vermieters auf Nutzung auch seine Pflicht entspringt, die Vermögensinteressen des Mieters wahrzunehmen, d. h. im Zweifel aus der Kaution die ihm nach Sachlage zumutbaren und üblichen Nutzungen (vgl. dazu etwa: §§ 668, 1834, je i.V.m. § 246 BGB), in aller Regel also die marktüblichen Sparzinsen bei gesetzlicher Kündigungsfrist von Spareinlagen, zu ziehen.

Das schließt nicht aus, daß der Vermieter höhere (ihm insoweit verbleibende) Nutzungen erzielt oder daß die Parteien ausdrücklich (oder je nach den im Zweifel vom Vermieter zu beweisenden Umständen des Einzelfalls auch schlüssig; § 133 BGB) vereinbaren können, daß die Kaution dem Vermieter zinslos überlassen wird. Ersteres entspricht der beiderseitigen Interessenlage (vgl. zur Pachtkaution OLG Düsseldorf AgrarR 1979, 147 f.), während eine ausdrückliche anderweitige Vereinbarung, insbesondere bei angemessener Kautionshöhe, nichts anderes als die Rechtsgrundlage für die Überlassung eines zusätzlichen, weder verbotenen (§ 134 BGB) noch sittenwidrigen oder wucherischen (§ 138 BGB) Mietentgelts in Höhe der üblichen Zinsen darstellt.

Hiernach war der sich aus dem Beschlußsatz ergebende Rechtsentscheid zu treffen.

Ob der Vermieter, der – unter den Voraussetzungen des vorliegenden Rechtsentscheids – keine Nutzungen aus einer ihm überlassenen Barmietkaution zieht, in Höhe der üblichen Sparzinsen schadenersatzpflichtig ist, ist eine Frage des Einzelfalls und nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu entscheiden (vgl. Freund/Barthelmess NJW 1979, 2121/2125 f.; Zeuner ZMR 1980, 197 f.); sie war nicht Gegenstand des Rechtsentscheids.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1415986

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