Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassung von zweckbestimmungswidriger aber nicht mehr störender Nutzung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Unterlassung der zweckbestimmungswidrigen Nutzung eines Kellerraums als Musikzimmer kann dann nicht verlangt werden, wenn diese Nutzung nicht mehr stört und beeinträchtigt als eine zweckbestimmungsgemäße Nutzung.

 

Verfahrensgang

AG Würzburg (Aktenzeichen UR II 63/94)

LG Würzburg (Aktenzeichen 3 T 1040/95)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 3. Juli 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Den Antragstellern gehört eine Wohnung im Erdgeschoß und den Antragsgegnern die darüberliegende Wohnung. Zur Wohnung der Antragsgegner gehört ein unter der Wohnung der Antragsteller liegender, in der Teilungserklärung als „Kellerabteil” beschriebener Raum, der als Musikzimmer eingerichtet ist; in ihm ist eine Orgel aufgestellt. Der etwa 20 m² große Kellerraum ist an den Seitenwänden schallisoliert und mit einer Doppeltür versehen, die innen ebenfalls schallisoliert ist.

Nach der Hausordnung der Eigentümergemeinschaft ist das Musizieren in der Zeit von 20.00 bis 8.00 Uhr, von 12.00 bis 15.00 Uhr sowie sonn- und feiertags untersagt.

Ein Eigentümerbeschluß vom 18.5.1995, durch den einer Nutzungsänderung des Kellerraums zu einem Musikzimmer unter Berücksichtigung der Ruhezeiten gemäß der Hausordnung zugestimmt wurde, ist für ungültig erklärt worden (vgl. BayObLG WuM 1997, 565).

Die Antragsteller haben beantragt, den Antragsgegnern die Nutzung des Kellers als Musikzimmer zu untersagen, die Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragsteller 4.000 DM nebst Zinsen zu bezahlen und festzustellen, daß die Antragsgegner die aus der Nutzung des Kellers als Musikzimmer den Antragstellern künftig entstehenden Schäden zu ersetzen haben. Das Amtsgericht hat den Antrag nach Einnahme eines Augenscheins am 14.3.1995 abgewiesen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsteller, die um den Antrag erweitert wurde, die Antragsgegner zu verpflichten, den ursprünglichen Zustand des Kellerraums wiederherzustellen, nach Einnahme eines Augenscheins durch die Kammer, Erholung eines Sachverständigengutachtens und persönliche Anhörung des Sachverständigen durch Beschluß vom 3.7.2000 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die zweckbestimmungswidrige Nutzung des Musikzimmers störe nicht mehr als eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung. Die Geräuschentwicklung beim Spielen der Orgel werde durch die vorgenommenen Isolierungsmaßnahmen auf das Maß einer üblichen Nutzung eines Kellerabteils herabgesetzt. Dies habe der vom Amtsgericht und von der Beschwerdekammer eingenommene Augenschein ergeben, insbesondere aber das erholte Sachverständigengutachten und die Anhörung des Sachverständigen. Die festgestellten Meßergebnisse bewegten sich für den Tag im Rahmen der Immissionsrichtwerte. Die Übersteigung dieser Werte zur Nachtzeit sei unerheblich, weil nachts die Orgel nicht gespielt werde. Auf die Geräuschentwicklung, die bei Benutzung des in dem Musikzimmer stehenden Klaviers entstehe, sei nicht abzustellen, weil das Klavier nicht benutzt werde und auch künftig nicht benutzt werden solle. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Antragsgegner liege damit insgesamt nicht vor.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Rechtlich zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß die Nutzung des in der Teilungserklärung als Kellerabteil bezeichneten Raums als Musikzimmer eine zweckbestimmungswidrige Nutzung darstellt. Nach ständiger Rechtsprechung besteht jedoch gegenüber einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung dann kein auf § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 15 Abs. 3 WEG gestützter Unterlassungsanspruch, wenn diese Art der Nutzung die übrigen Wohnungseigentümer nicht mehr stört oder beeinträchtigt als eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung (BayObLG WuM 1993, 490; 1997, 565). Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht im Hinblick darauf den Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Nutzung des Kellerraums als Musikzimmer und die davon abhängigen übrigen geltend gemachten Ansprüche verneint.

b) Ob eine bereits vorgenommene zweckbestimmungswidrige Nutzung von Sondereigentum mehr stört oder beeinträchtigt als eine zweckbestimmungsgemäße Nutzung, liegt weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet. Das Landgericht hat sich bei Beurteilung dieser Frage auf die durchgeführte Beweisaufnahme gestützt, insbesondere auf die vom Amtsrichter und von der vollbesetzten Kammer des Beschwerdegerichts durchgeführte Augenscheinseinnahme, aber auch auf die Äußerungen des Sa...

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