Entscheidungsstichwort (Thema)

Beseitigung einer baulichen Veränderung

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 1 T 17636/97)

AG München (Aktenzeichen UR II 354/97)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 25. März 1998 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller, der Antragsgegner und die weiteren Beteiligten sind die Eigentümer einer aus 13 Einheiten sowie aus Garagen bestehenden Wohnanlage. Die Wohnung des Antragsgegners liegt im zweiten (obersten) Stockwerk. Er errichtete im November 1996 ohne Genehmigung auf der zu seiner Wohnung gehörenden, zur Straße hin gelegenen Dachterrasse einen Holzschuppen mit den Maßen von ungefähr 1,5 m Breite, 2,5 m Länge und an der Rückwand 2,5 m Höhe, der von der Straße aus über die Brüstung der Dachterrasse sichtbar war. Die Rückwand des Schuppens grenzt an die Mauer, die die Dachterrasse des Antragsgegners von der der danebenliegenden Wohnung trennt.

Der Antragsteller ist der Meinung, daß der Schuppen eine bauliche Veränderung darstelle und das äußere Gesamtbild der Anlage beeinträchtige. In der Eigentümerversammlung vom 29.4.1997 fand sein Antrag, die Entfernung des Schuppens zu beschließen, keine Mehrheit. Daraufhin hat der Antragsteller beim Amtsgericht beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, das von ihm auf der Dachterrasse seiner Wohnung Nr. 12 errichtete Gerätehaus innerhalb von drei Monaten nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens zu entfernen.

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner mit Beschluß vom 20.8.1997 antragsgemäß verpflichtet; weiter hat es ihn verpflichtet, auf der Dachterrasse „den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen”. Der Antragsgegner hat gegen die Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt; er stellte entlang der Terrassenbrüstung vor dem Geräteschuppen mehrere ca. 2,5 m hohe Thujapflanzen auf, die die Sicht auf den Schuppen von der Straße her verdecken.

Mit Beschluß vom 25.3.1998 hat das Landgericht die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Dieser hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das zulässige Rechtsmittel des Antragsgegners führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Das Landgericht hat, teilweise durch Bezugnahme auf die Entscheidung des Amtsgerichts, ausgeführt, daß die Errichtung des Geräteschuppens eine rechtswidrige bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG darstelle. Es sei mit dem Amtsgericht aufgrund der vorgelegten Lichtbilder der Meinung, daß der optische Gesamteindruck der Wohnanlage durch den Schuppen nachteilig verändert werde. Die die Fassade dominierenden überwiegend waagerechten Linien und Elemente würden etwa in ihrer Mitte von der Querseite des Schuppens aufgebrochen; dessen braun gestrichene Holzbretter trügen in die Fassade ein Element des Schrebergartens, das die Gemeinschaft nicht zu dulden brauche. Der Gegensatz zwischen den Brettern und dem beigen Brüstungsband falle dem Betrachter sofort auf. Der Antragsgegner sei deshalb verpflichtet, den Schuppen zu entfernen.

Durch die Anbringung der Thujenhecke entfalle der Beseitigungsanspruch nicht. Diese stelle ihrerseits eine bauliche Veränderung dar. Die vom Antragsgegner vorgelegten Lichtbilder zeigten deutlich, daß sich durch die Begrünung der Dachterrasse ein völlig anderes Bild der Fassade ergebe, wodurch der architektonische Gesamteindruck der Wohnanlage beeinträchtigt werde. Daraus folge der Beseitigungsanspruch; nicht entscheidend sei, daß – wie die Verwalterin in ihrem Schreiben an den Antragsteller ausgeführt habe – durch die Bepflanzung keine Gefahr für die Balkonbrüstung entstehe.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen des Landgerichts tragen nicht die Verpflichtung des Antragsgegners, den von ihm errichteten Geräteschuppen als unzulässige bauliche Veränderung zu entfernen.

a) Rechtlich zutreffend ist der Ausgangspunkt der landgerichtlichen Erwägungen, daß es sich bei der Errichtung des Schuppens um eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG handelt, die grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer vorgenommen werden konnte. Auch die vom Landgericht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Amtsgerichts getroffene Feststellung, daß der vom Antragsgegner aufgestellte Schuppen den optischen Gesamteindruck der Wohnanlage nachteilig veränderte, und daß darin ein Nachteil im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2, § 14 Nr. 1 WEG zu sehen ist, der die Zustimmung des Antragstellers erforderlich machte, läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Dachterrasse im Sondereigentum des Antragsgegners steht oder ob ihm daran – ...

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