Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Grundlage für die Schätzung des wirtschaftlichen Interesses des Beschwerdeführers bildet der Reinnachlaßwert im Zeitpunkt des Erbfalls, da die für die Geschäftswertfestsetzung im ersten Rechtszug maßgebenden Vorschriften (vgl. § 107 Abs. 2 KostO) auch im Beschwerdeverfahren als Anhaltspunkt herangezogen werden können.

 

Normenkette

KostO § 107 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Aktenzeichen 4 T 5133/93)

AG Rosenheim (Aktenzeichen VI 1415/92)

 

Tenor

I. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 werden zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird als unzulässig verworfen.

 

Tatbestand

I.

Der Erblasser war mit der Beteiligten zu 1 in zweiter (kinderloser) Ehe verheiratet. Aus seiner ersten Ehe sind die Beteiligten zu 2 und 3 hervorgegangen.

Die Beteiligte zu 2 hat die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, der sie und den Beteiligten zu 3 als Miterben je zur Hälfte aufgrund des vom Erblasser mit seiner ersten Ehefrau errichteten gemeinschaftlichen Testaments vom 16.9.1978 ausweisen soll. Die Beteiligte zu 1 ist dem Antrag entgegengetreten und hat ihrerseits einen Erbschein beantragt, der sie aufgrund des Erbvertrags vom 28.8.1991 als alleinige befreite Vorerbin sowie die Beteiligten zu 2 und 3 als Nacherben ausweisen soll. Das Nachlaßgericht hat unter Zurückweisung des Antrags der Beteiligten zu 1 einen Erbschein entsprechend dem Antrag der Beteiligten zu 2 angekündigt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht mit Beschluß vom 25.4.1994 zurückgewiesen (Nr. I) und angeordnet, daß die Beteiligte zu 1 die den Beteiligten zu 2 und 3 im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten habe (Nr. II). Den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren hat das Landgericht auf 50 000 DM festgesetzt (Nr. III).

Gegen die Festsetzung des Geschäftswerts hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, bei einem Nachlaßwert von rund 80 000 DM sei der ihr zustehende Pflichtteilsanspruch in Höhe von 20 000 DM zu berücksichtigen, und hat beantragt, den Geschäftswert auf 30 000 DM herabzusetzen. Die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 haben im eigenen Namen sowie namens der Beteiligten zu 2 Beschwerden eingelegt. Sie beantragen, die Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurückzuweisen und den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 60 000 DM festzusetzen und tragen vor, außer den Beerdigungskosten seien nur die Pflichtteilsansprüche der Beteiligten zu 2 und 3 in Höhe von insgesamt 20 000 DM abzuziehen.

Das Landgericht hat mit Beschluß vom 27.7.1994 auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 in Abänderung seines Beschlusses vom 25.4.1994 den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 35 000 DM festgesetzt. Im übrigen hat es den Beschwerden nicht abgeholfen und insoweit unter Benachrichtigung der Beteiligten die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Bezirksrevisor erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerden der Beteiligten zu 1 sowie der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 sind zulässig, aber unbegründet. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.

1. Die Beschwerden sind statthaft. Eine Entscheidung, durch die das Beschwerdegericht den Geschäftswert des bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahrens festsetzt, unterliegt gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 KostO der zulassungsfreien, unbefristeten Erstbeschwerde nach Maßgabe des § 14 Abs. 3 und 4 KostO. Zur Entscheidung ist das Bayerische Oberste Landesgericht berufen (BayObLGZ 1993, 115/116 und 1986, 489/490 m.w.Nachw.).

2. Für das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 fehlt die Beschwerdeberechtigung, weil sie nicht Kostenschuldnerin ist (vgl. Göttlich/Mümmler KostO 11. Aufl. S. 188). Nicht sie, sondern die Beteiligte zu 1, deren Beschwerde zurückgewiesen wurde, hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 131 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 1 KostO). Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten hat das Landgericht in Nr. III angeordnet, daß die Beteiligte zu 1 die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten hat. Außerdem scheidet eine Beschwer schon deshalb aus, weil eine zu niedrige Geschäftswertfestsetzung die Beteiligte nicht belastet (BayObLGZ 1993, 115/116 m.w.Nachw.).

3. Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO i.V.m. § 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist die gegen eine Geschäftswertfestsetzung gerichtete Beschwerde von Beteiligten als Kostenschuldnern oder von Verfahrensbevollmächtigten nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 100 DM übersteigt.

a) Liegen – wie hier – mehrere Beschwerden vor, ist der Beschwerdewert für jedes Rechtsmittel getrennt zu bestimmen. Beschwerdesumme im Sinn des § 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist bei Geschäftswertbeschwerden nach allgemeiner Meinung (vgl. Thomas/Putzo ZPO 18. Aufl. § 567 Rn. 21) die Kostendifferenz zwischen festgesetztem und erstrebt...

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