Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf gerichtliche Entscheidung: Hinterlegungsanordnung eines Geldbetrages

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Antrag auf Hinterlegung einer Geldsumme wegen Gläubigerungewissheit im Sinne des § 372 Satz 2 BGB sind die Tatsachen, welche die Hinterlegung rechtfertigen, darzulegen, Art. 11 Abs. 3 Satz 1 BayHintG . Wird trotz Hinweises der Hinterlegungsstelle nicht konkret angegeben, aus welchem Lebenssachverhalt die zu hinterlegende Geldsumme (hier: sogenannter "Übererlös") herrührt, und kann deswegen nicht nachvollzogen werden, auf welche Verbindlichkeit sich die Hinterlegung beziehen soll, liegen die Voraussetzungen für den Erlass der Annahmeanordnung nicht vor.

2. Eine zur Hinterlegung berechtigende Unkenntnis oder ein zur Hinterlegung berechtigender Zweifel über die Person des Gläubigers im Sinne des § 372 Satz 2 Alt. 2 BGB setzt voraus, dass Ungewissheit darüber oder Zweifel daran besteht, wer der Gläubiger einer bestimmten Verbindlichkeit ist. Beanspruchen dagegen mehrere Gläubiger Zahlung an sich selbst, weil sie aus unterschiedlichen Rechtsgründen eine entsprechende Verpflichtung des Schuldners behaupten, so berechtigt selbst eine unverschuldete Ungewissheit des Schuldners darüber, welche von diesen Verbindlichkeiten begründet ist, nicht zur Hinterlegung.

 

Normenkette

BayHintG Art. 10 Abs. 2 Nr. 1, Art. 11; BGB § 372 S. 2; EGGVG § 23

 

Tenor

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

3. Der Geschäftswert wird auf 153.821,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 23 EGGVG wendet sich die Antragstellerin, eine ..., gegen die Weigerung des Amtsgerichts München, die Hinterlegung eines Geldbetrags anzuordnen.

Mit Antrag vom 21. Juli 2019 hat die Antragstellerin beim Amtsgericht - Hinterlegungsstelle - unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme die Hinterlegung eines Geldbetrags in Höhe von 153.821,00 EUR beantragt. Als mögliche Empfänger hat die Antragstellerin benannt eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, eine S.àr.l. mit Sitz in Luxemburg, die Landeshauptstadt M. Stadtkämmerei (mögliche Empfängerinnen a], b] und c]), ihren (vormaligen) Darlehensnehmer und Schuldner B. G. (möglicher Empfänger e]) sowie dessen Ehefrau D. G. (mögliche Empfängerin d]).

Zur Begründung ihres Antrags hat die Antragstellerin dargelegt, es bestehe eine Ungewissheit auf Seiten der hinterlegenden Partei, welchen Beteiligten welcher Betrag aus dem "Übererlös" zustünde. Sie habe wegen Forderungen gegen B. G. die Zwangsversteigerung in dessen Grundstück betrieben. Die Meistbietende im Versteigerungsverfahren sei D. G. gewesen. Nachdem D. G. trotz Zuschlags im Verteilungsverfahren nicht geleistet habe, habe sie die Wiederversteigerung beantragt. Anschließend habe D. G. auf die zu ihren, der Antragstellerin, Gunsten eingetragene Sicherungshypothek, also auf den gegen sie selbst ergangenen persönlichen Titel, an sie, die Antragstellerin, geleistet. Nach Abzug der Schulden der D. G. gegenüber ihr, der Antragstellerin, habe sich ein "Übererlös" von 153.924,91 EUR ergeben. Ziehe man von diesem Betrag die Gerichtskosten für das Wiederversteigerungsverfahren sowie die Kosten der Löschungsquittung hinsichtlich der Sicherungshypothek ab, ergebe sich der Betrag, den es zu hinterlegen gelte.

Die möglichen Empfängerinnen a), b) und c) hätten Rückgewähransprüche gepfändet, die sich auf ihr, der Antragstellerin, Kreditgeschäft mit B. G. bezögen. Es bestehe Gläubigerungewissheit, inwieweit sich diese Vollstreckungsmaßnahmen auf das Schuldverhältnis zwischen der hinterlegenden Partei und D. G. auswirkten. D. G. komme infrage, weil sie ihr gegenüber Rechnung gelegt habe und der zu hinterlegende Betrag ihr ganz oder teilweise als Leistungserbringerin zustehen könnte. B. G. komme infrage, da gemäß § 118 Abs. 2 ZVG keine Erfüllungswirkung eingetreten sei, denn sie, die Antragstellerin, habe innerhalb von drei Monaten die Wiederversteigerung beantragt.

Die spätere Zahlung der D. G. habe sich allerdings auch privilegierend für B. G. ausgewirkt; es seien Ausgleichsansprüche zwischen den Eheleuten G. nicht ausgeschlossen.

Die mögliche Empfängerin a) habe sie bedrängt, den "Übererlös" zu hinterlegen, während B. G. die Auffassung vertrete, die mögliche Empfängerin a) habe den behaupteten Anspruch ganz oder teilweise nicht. Die Antragstellerin sei nur durch die Hinterlegung in der Lage, mit schuldbefreiender Wirkung zu leisten. Jede andere Auszahlungsmöglichkeit zöge gegen sie selbst gerichtete, nicht unerhebliche mögliche Schadensersatzansprüche nach sich. Sie sei weder berufen noch dazu in der Lage, die rechtlichen Verhältnisse der Parteien untereinander zu klären. B. G. habe nicht geleistet, da Verfügende D. G. gewesen sei.

Mit Verfügung vom 29. August 2019 hat die Rechtspflegerin der Hinterlegungsstelle unter Hinweis auf eine erforderliche Schlüssigkeitsprüfung um weitere Angaben und die Einreichung von Unterlagen...

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