Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen. Geschäftswertfestsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Geschäftswert der Eigentümerbeschlüsse über die Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan, wenn lediglich formelle Mängel (einheitliche Erstellung für zwei getrennte Wohnanlagen und Beschlußfassung in gemeinsamer Versammlung und Abstimmung) gerügt werden.

 

Normenkette

WEG § 48 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Aktenzeichen 1 T 1645/00)

AG Neuburg a.d. Donau (Aktenzeichen 1 UR II 18/00)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller wird die Geschäftswertfestsetzung durch das Landgericht Ingolstadt im Beschluß vom 26. Februar 2001 abgeändert. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 40.000 DM festgesetzt.

II. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Die Geschäftswertfestsetzung gemäß Beschluß des Amtsgerichts Neuburg a.d.Donau vom 30. August 2000 wird von Amts wegen dahin abgeändert, daß der Geschäftswert für das Verfahren des ersten Rechtszugs auf 40.000 DM festgesetzt wird.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Anlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Aufgrund eines Eigentümerbeschlusses vom 22.4.1991 verwaltete die weitere Beteiligte diese Anlage gemeinsam mit einer angrenzenden Wohnanlage. Am 16.3.2000 führte die weitere Beteiligte eine Eigentümerversammlung für beide Wohnanlagen zugleich durch. Zu TOP 1 genehmigten die Anwesenden die für beide Anlagen gemeinsam erstellte Jahresabrechnung für das Wirtschaftsjahr 1999 mit einem Gesamtvolumen von rund 92.000 DM; ferner erteilten sie der Verwalterin Entlastung. Zu TOP 2 wurde der gemeinschaftliche Wirtschaftsplan für das Jahr 2000 mit einem Gesamtvolumen von rund 92.000 DM genehmigt. Zu TOP 3 beschlossen die Anwesenden, bestimmte im Jahr 1999 beschlossene Baumaßnahmen schnellstmöglich durchzuführen sowie Beitreibungsmaßnahmen gegen Wohnungseigentümer einzuleiten, die beschlossene Sonderumlagen nicht fristgemäß zahlten. Zu TOP 4 wurde das Setzen von Tiefenerdern für Potentialausgleich wegen Umstellung auf Erdverkabelung mit geschätzten Kosten von 8.000 DM und die Finanzierung durch Sonderumlage beschlossen.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, diese Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat den Anträgen am 30.8.2000 stattgegeben und den Geschäftswert des Verfahrens auf insgesamt 251.688,38 DM festgesetzt. Dabei hat es zu TOP 1 das Gesamtvolumen der Jahresabrechnung und zu TOP 2 das des Wirtschaftsplans zugrunde gelegt. Zu TOP 3 hat es voraussichtliche Kosten von 60.000 DM und zu TOP 4 solche von 8.000 DM als Geschäftswert angesetzt.

Die Antragsgegner haben sofortige Beschwerde eingelegt, ihr Rechtsmittel aber auf Hinweis des Beschwerdegerichts wieder zurückgenommen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 26.2.2001 über die Kosten des Beschwerdeverfahrens entschieden und den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 5.000 DM festgesetzt. Gegen die Geschäftswertfestsetzung hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller im eigenen Namen Beschwerde eingelegt. Er beantragt, den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 125.844,19 DM festzusetzen. Das Landgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller, mit der er die Festsetzung eines höheren Geschäftswerts beantragt, ist gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO, § 567 Abs. 2 ZPO, § 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO zulässig. Sie hat nur teilweise Erfolg.

1. Der Geschäftswert bemißt sich in Wohnungseigentums Sachen gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG nach dem Interesse aller Beteiligten an der Entscheidung. Bei der Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen ist wegen der Rechtskraftwirkung der Entscheidung für und gegen alle Beteiligten (§ 45 Abs. 2 Satz 2 WEG) das Interesse sämtlicher Wohnungseigentümer und des Verwalters maßgebend (§ 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2 WEG).

a) Wird der Beschluß über die Jahresabrechnung oder den Wirtschaftsplan angefochten, so ist zunächst von deren Gesamtvolumen auszugehen. Als Geschäftswert festzusetzen ist aber jedenfalls dann, wenn keine konkreten Einzelbeanstandungen erhoben werden, nur ein Bruchteil davon. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dies in der Regel ein Fünftel bis ein Viertel (vgl. BayObLG ZMR 2001, 566 m.w.N.). Maßgebend ist jedoch, was dem jeweiligen Einzelfall angemessen erscheint (BayObLGZ 1979, 312/315). Hier haben die Antragsteller in erster Linie gerügt, daß die Jahresabrechnung und der Wirtschaftsplan jeweils für ihre und eine benachbarte Wohnanlage gemeinsam sowie ohne Aufteilung der auf die einzelnen Anlagen entfallenden Kosten erstellt wurden, und daß die Beschlußfassung in einer gemeinsamen Versammlung beider Anlagen im Weg der gemeinsamen Abstimmung stattgefunden hat. Unter diesen Umständen erscheint es dem Senat angemessen, den Geschäftswert der Eigentümerbeschlüsse über die Jahresabrechnung und den ...

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