Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftliches Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Wechselbezüglichkeit jeder einzelnen Verfügung eines gemeinschaftlichen Testaments bei Schlusserbeneinsetzung.

 

Normenkette

BGB § 2269 Abs. 1, §§ 2270, 2271 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 30.12.1991; Aktenzeichen 5 T 3639/91)

AG Augsburg (Aktenzeichen VI 2314/90)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 30. Dezember 1991 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß dessen Nr. II aufgehoben wird.

II. Der Beteiligte zu 1 hat die der Beteiligten zu 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

I.

Der Erblasser ist im August 1990 im Alter von 84 Jahren kinderlos verstorben. Mit der Beteiligten zu 2 war er seit 28.10.1987 in zweiter Ehe verheiratet. Der Beteiligte zu 1 ist eines von zwei Kindern der im Jahr 1986 verstorbenen ersten Ehefrau des Erblassers.

Am 13.8.1984 errichtete der Erblasser ein gemeinschaftliches Testament, welches von seiner ersten Ehefrau eigenhändig geschrieben und von beiden Ehegatten unterzeichnet ist. Es lautet auszugsweise wie folgt:

„Wir … setzen uns hiermit im Fall eines Todes von einem der Ehepartner zu dem alleinigen Erben des überlebenden ein. Nach dem Tode des länger lebenden von uns soll der Sohn von … (der ersten Ehefrau des Erblassers) Allein – Erbe unserer Hinterlassenschaft sein. Im Falle seines vorzeitigen Ablebens gilt unser Vermächtnis als Ersatzerbin der Tochter … (der ersten Ehefrau).”

Am 1.11.1987, alsbald nach seiner Wiederverheiratung, errichtete der Erblasser ein eigenhändig geschriebenes und unterzeichnetes Testament. Es lautet wie folgt:

„Mein letzter Wille!

Hiermit bestimme ich, dass meine jetzige Frau … im Falle meines Todes die einzige Erbin meiner gesamten Wohnungseinrichtung sowie all meiner Ersparnisse mit Sparbücher u.s.w. ist.

Ich weise ausdrücklich darauf hin, daß weder mein früherer Stievsohn … noch meine frühere Stievtochter … irgendwelche Ansprüche haben. Letztere hat mich durch falsche Versprechungen um mein gesamtes Sparvermögen von 40 tausend D.M. gebracht, auserdem habe ich noch 15 tausend D.M. Darlehen von der Raiffeisenbank … aufgenommen wofür sie als Bürge unterschrieben hat, die mir die Bank von meiner Rente in monatlichen Raten von je 1.000,– DM einbehalten hat. Auch H. …. ist im laufe der Jahre nicht zu kurz gekommen.

Da sich meine jetzige Frau … schon am 1. März 1987 verpflichtet hat, für mich bis an mein Lebensende zu sorgen, habe ich ihr schon damals aus Dankbarkeit meine ganze Wohnungseinrichtung überschrieben.”

Der Beteiligte zu 1 hat am 9.10.1990 einen Erbschein beantragt, der ihn auf Grund des gemeinschaftlichen Testaments vom 13.8.1984 als Alleinerben ausweise.

Die Beteiligte zu 2 hat mit Schreiben vom 12.12., eingegangen am 24.12.1990, die Anfechtung des gemeinschaftlichen Testaments vom 13.8.1984 erklärt mit der Begründung, sie sei als Ehefrau übergangen worden. Außerdem sei dem Erblasser die Wechselbezüglichkeit der Verfügungen nicht bekannt gewesen. Sie hat einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin auf Grund gesetzlicher Erbfolge ausweise.

Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 17.7.1991 den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 zurückgewiesen sowie die Erteilung eines Erbscheins gemäß dem Antrag des Beteiligten zu 1 in Aussicht gestellt, falls nicht Beschwerde eingelegt werde. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1 im gemeinschaftlichen Testament sei wechselbezüglich. Ein Anfechtungsrecht der Beteiligten zu 2 sei nicht mehr gegeben, weil dasjenige des Erblassers zur Zeit des Erbfalls bereits erloschen gewesen sei.

Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 2 Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat am 30.12.1991 die Entscheidung des Nachlaßgerichts aufgehoben (Nr. I), den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen (Nr. II) sowie das Nachlaßgericht angewiesen, über den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 „unter Beachtung der nachfolgenden Gründe” neu zu entscheiden (Nr. III).

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. Er beantragt, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und das Nachlaßgericht anzuweisen, ihm auf Grund des gemeinschaftlichen Testaments einen Erbschein als Alleinerben zu erteilen. Die Beteiligte zu 2 ist der weiteren Beschwerde entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist im wesentlichen nicht begründet. Jedoch war der angefochtene Beschluß auf den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens zu beschränken, seine Nr. II daher aufzuheben.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Beteiligte zu 2 sei Alleinerbin auf Grund des formgültigen Testaments vom 1.11.1987. Dem stehe nicht entgegen, daß in dem früheren gemeinschaftlichen Testament vom 13.8.1984 für den Fall des Todes des zuletzt versterbenden Ehegatten der Beteiligte zu 1 als Alleinerbe bestimmt worden sei. Diese Erbeinsetzung habe der Erblasser durch das spätere Te...

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