Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses

 

Verfahrensgang

AG Garmisch-Partenkirchen (Aktenzeichen UR II 172/94)

LG München II (Aktenzeichen 8 T 7536/94)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 18. Dezember 1995 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

Die Dachrinne an dem Wohngebäude ragt etwa 2 m über das Gebäude hinaus. Am Ende der Dachrinne fällt das Regenwasser frei zur Erde herab in einen dort angebrachten Sickerschacht, der mit einem Eisengitter abgedeckt ist.

Vor dem Gebäude befinden sich auf dem Grundstück Kfz-Stellplätze, an denen einzelnen Wohnungseigentümern Sondernutzungsrechte eingeräumt sind. Der Stellplatz des für Sondernutzung berechtigten Wohnungseigentümers K. befindet sich unmittelbar unter dem Ende der Dachrinne, so daß das Regenwasser auf die Sondernutzungsfläche und einen dort abgestellten Pkw fällt.

Am 10.6.1994 beschlossen die Wohnungseigentümer,

daß K. auf eigene Kosten die Parkplatzfrage lösen wird; es wird ein Abflußrohr aus der Dachrinne an der Hauswand installiert; die alte Dachrinne bleibt bestehen, so daß die Optik nicht verändert wird.

Die Antragstellerin hat beantragt, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären; sie befürchtet Feuchtigkeitsschäden am Haus und eine Lärmbelästigung in ihrer Wohnung. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 18.11.1994 stattgegeben. Das Landgericht hat diese Entscheidung durch Beschluß vom 18.12.1995 aufgehoben und den Antrag der Antragstellerin abgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Umgestaltung des Regenablaufs stelle keine bauliche Veränderung dar. Vielmehr werde dadurch für eine ordnungsgemäße Entwässerung des Dachs gesorgt. Der derzeitige Zustand sei nicht ordnungsmäßig. Der Parkplatz sei Sondereigentum des Wohnungseigentümers K.; dessen Eigentum werde dadurch beeinträchtigt, daß das Regenwasser auf sein abgestelltes Kraftfahrzeug falle und sich von dort über den gesamten Parkplatz verteile. Dadurch würden auch die übrigen Wohnungseigentümer beeinträchtigt, zumal die Gefahr der Eisbildung bestehe. Daran ändere nichts, daß die bestehende Entwässerung als solche mangelfrei sei. Die Anbringung eines Fallrohrs sei damit eine Maßnahme der ordnungsmäßigen Verwaltung. Änderungen seien ohne Rücksicht auf Regelungen in der Gemeinschaftsordnung immer dann zulässig, wenn dadurch bestehende, nicht unerhebliche Mängel beseitigt würden.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Bauliche Veränderungen, die über eine ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können von den Wohnungseigentümern nicht mit Stimmenmehrheit beschlossen werden; vielmehr ist hierzu die Zustimmung derjenigen Wohnungseigentümer erforderlich, aber auch ausreichend, die durch die Veränderung in ihren Rechten über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidlichen Maß hinaus beeinträchtigt werden (§ 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG). Zur ordnungsmäßigen Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums gehört auch die erstmalige Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustands der Wohnanlage (BayObLG NJW-RR 1989, 1293; WE 1993, 281/283; zuletzt Beschluß des Senats vom 29.2.1996, 2Z BR 142/95).

b) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß es sich bei der von den Wohnungseigentümern beschlossenen Maßnahme zwar um eine bauliche Veränderung handelt, diese aber einem Mehrheitsbeschluß zugänglich ist und nicht der Zustimmung aller nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer bedarf. Die Dachrinne, die durch Anbringung eines Fallrohres umgestaltet werden soll, gehört zweifellos zum gemeinschaftlichen Eigentum (vgl. § 5 Abs. 2 WEG). Bei der beschlossenen Maßnahme handelt es sich auch um einen auf Dauer angelegten Eingriff in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums, so daß eine bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG vorliegt. Zu Recht ist jedoch das Landgericht davon ausgegangen, daß die bauliche Veränderung nicht über die ordnungsmäßige Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht, weil durch sie erst ein ordnungsmäßiger Zustand hergestellt wird. Die derzeitige Gestaltung der überstehenden Regenablaufrinne ist zwar für sich gesehen ordnungsmäßig, weil sie ein ortsübliches Gestaltungselement darstellt und fachgerecht ausgeführt ist. Von entscheidender Bedeutung ist aber, ob sich die Wohnanlage insgesamt bei Berücksichtigung der vorhandenen Regenablaufrinne in einem ordnungsmäßigen Zustand befindet. Zu der Wohnanlage gehören auch die Stellplätze im Freien, an denen Sondernutzungsrechte eingeräumt sind. Soweit das Landg...

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