Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Beschränkung der Musikausübung auch bei Berufsmusikern und Musikstudenten sowie Eigentümerbeschluss über Wertung von Stimmenthaltungen

 

Beteiligte

die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnanlage … – Eigentümerliste in der Anlage –

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller werden der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 6. Dezember 1984 und der Beschluß des Amtsgerichts Nürnberg vom 28. November 1983 abgeändert:

Der Beschluß der Wohnungseigentümer vom 3. Mai 1983 zu Tagesordnungspunkt 10 wird insoweit für ungültig erklärt, als er die Musikausübung in den Wohnungen vor 10 Uhr vormittags und nach 20 Uhr abends untersagt.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

II. Im übrigen werden die sofortige weitere Beschwerde und die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen.

III. Die Antragsteller und die Antragsgegner haben die Gerichtskosten aller Rechtszüge je zur Hälfte samtverbindlich zu tragen.

Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer der im Beschlußeingang bezeichneten Wohnanlage. Die Antragsteller wenden sich dagegen, daß das häusliche Musizieren durch Eigentümerbeschluß auf die Zeit von 10 bis 13 Uhr sowie 15 bis 20 Uhr und auf höchstens drei Stunden täglich beschränkt wurde.

Die Tochter der. Antragsteller studiert an der Fachhochschule in … Musik. Die Antragsteller ließen im September 1983 an den Wänden und an der Decke des Zimmers, in dem ihre Tochter Violoncello und Klavier spielt bzw. übt, schalldämmende Baumaßnahmen durchführen, nicht aber an der Wand, die zugleich die Trennmauer zum Nachbarhaus bildet Die Beteiligten … und … die über den Antragstellern wohnen, fühlen sich aber weiterhin durch das Musizieren belästigt.

Die am 14.7.1971 von den Wohnungseigentümern beschlossene Hausordnung trifft keine Regelungen über das häusliche Musizieren. In der Versammlung vom 3.5.1983 wurde von den 35 anwesenden Wohnungseigentümern mit 13 Ja-Stimmen, 10 Nein-Stimmen bei 12 Stimmenthaltungen zur „Änderung/Ergänzung der Hausordnung” folgender Beschluß gefaßt:

„Das Musizieren innerhalb der Wohnung ist grundsätzlich erlaubt, jedoch nicht länger als drei Stunden täglich und nicht vor 10 Uhr vormittags, auch nicht nach 20 Uhr abends, wobei auch die Mittagsruhe Zeiten von 13 – 15 Uhr einzuhalten sind.”

Zuvor schon, auf der Eigentümerversammlung vom 30.5.1979, hatten die anwesenden Wohnungseigentümer einstimmig beschlossen, Stimmenthaltungen zwar zu zählen, aber nicht zu werten, und sie weder den Janoch den Nein-Stimmen zuzuschlagen.

Mit dem am 30.5.1983 beim Amtsgericht gestellten Antrag haben die Antragsteller die Feststellung begehrt, daß der in der Miteigentümerversammlung vom 3.5.1983 unter Punkt 10 der Tagesordnung gefaßte Beschluß rechtsunwirksam sei. Ihre Tochter müsse, um das Studienziel zu erreichen, täglich etwa fünf Stunden auf dem Violoncello und etwa drei Stunden auf dem Klavier üben. Der angefochtene Beschluß bedeute eine unzulässige Einschränkung im Gebrauch des Sondereigentums.

Die übrigen Wohnungseigentümer und die Verwalterin haben Zurückweisung des Antrags verlangt. Die Beschränkung des Musizierens auf drei Stunden täglich sei im Interesse der Ruhe der Hausbewohner notwendig.

Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 28.11.1983 abgewiesen.

Die Antragsteller haben gegen den Beschluß Beschwerde eingelegt. Zur Begründung haben sie vorgetragen, daß die nach dem Beschluß einzuhaltenden Ruhezeiten und die Beschränkung auf täglich drei Stunden praktisch einem Verbot des häuslichen Musizierens gleichkomme. Ihre Tochter müsse wegen des Stundenplans an der Fachakademie die Wohnung vormittags gegen 10 oder 11 Uhr verlassen und komme häufig erst gegen 18 oder 19 Uhr wieder zurück. Der Beschluß des Amtsgerichts lasse eine angemessene Interessenabwägung vermissen.

Die Antragsteller haben beantragt, in ihrer Wohnung einen Augenschein durchzuführen zum Beweis für ihre Behauptung, daß beim Musizieren im Übungszimmer ihrer Wohnung die Bewohner der darüber liegenden Wohnungen die Violoncello- oder Klaviermusik nicht oder jedenfalls nicht störend wahrnehmen könnten.

Die Antragsgegner haben beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Es sei zwar richtig, daß bei Erlaß von Gebrauchsregelungen eine angemessene Interessenabwägung nötig sei und daß das Musizieren zu den Grundrechten im Gebrauch des Sondereigentums gehöre. Dieses Grundrecht stoße aber dort auf Grenzen, wo seine Ausnutzung nicht hinzunehmende Störungen für die Miteigentümer und Nachbarn verursache. Die Einschränkung im Beschluß vom 3.5.1983 sei deshalb gerechtfertigt.

Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluß vom 6.12.1984 zurückgewiesen. Die Antragsteller haben dagegen weitere Beschwerde eingelegt. Sie beantragen, unter Aufhebung der Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts den Beschl...

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