Leitsatz (amtlich)

Vergütung der Vertreter der außenstehenden Aktionäre bei unterschiedlicher wirtschaftlicher Bedeutung von Ausgleich und Abfindung.

 

Normenkette

AktG § 306 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 06.03.2001; Aktenzeichen 1 HKO 6730/89)

 

Tenor

Die sofortigen Beschwerden gegen die Beschlüsse des LG Nürnberg-Fürth vom 6.3.2001 werden zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Antragsteller sind Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1), die am 9.12.1989 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Antragsgegnerin zu 2) geschlossen hat. Der Vertrag sieht eine jährliche Ausgleichszahlung i.H.v. 19,50 DM und eine Barabfindung von 500 DM jeweils pro Aktie von nominal 50 DM vor. Das LG setzte mit Beschluss vom 22.4.1999 die Barabfindung auf 567 DM und den Ausgleich auf 19,80 DM für die Zeit vom 29.6.1989 bis zum 31.12.1993 sowie auf 21,70 DM für die Zeit danach fest. Mit Beschlüssen vom 6.3.2001 hat das LG die Antragsgegnerin zu 1) ferner verpflichtet, für das Verfahren erster Instanz dem gemeinsamen Vertreter der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre hinsichtlich der Abfindung eine Vergütung von noch 110.000 DM, dem Vertreter hinsichtlich des Ausgleichs eine Vergütung von noch 50.000 DM zu bezahlen. Unter Anrechnung bereits bezahlter Vorschüsse hat das LG eine Gesamtvergütung des Vertreters bezüglich der Abfindung i.H.v. 150.000 DM und des Vertreters bezüglich des Ausgleichs i.H.v. 90.000 DM für angemessen erachtet. Mit der Vergütung seien die allgemeinen Geschäftsunkosten sowie die Mehrwertsteuer mitabgegolten. Gegen die vorbezeichneten Beschlüsse wenden sich die gemeinsamen Vertreter der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre jeweils mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde. Sie beantragen die Festsetzung einer Vergütung i.H.v. insgesamt mindestens 459.675 DM bzw. 535.543 DM.

II. Die Rechtsmittel sind zulässig (vgl. Bilda in MünchKomm/AktG, 2. Aufl., § 306 Rz. 99), aber unbegründet.

1. Die gemeinsamen Vertreter der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre für Abfindung und Ausgleich können gem. § 306 Abs. 4 S. 6 AktG von der Gesellschaft den Ersatz angemessener barer Auslagen und eine Vergütung für ihre Tätigkeit verlangen. Hierbei sind keine festen Gebührensätze vorgesehen; die Gebühren nach § 118 BRAGO können lediglich ein Anhalt für die angemessene Vergütung sein. Entscheidend für die Höhe der Vergütung sind der Umfang der Verantwortung, die von den gemeinsamen Vertretern geleistete Arbeit und deren Schwierigkeit, die Dauer des Verfahrens sowie die Verwertung besonderer Kenntnisse und Erfahrungen. Auszugehen ist von der Gesamtleistung, die der gemeinsame Vertreter jeweils erbracht hat, und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für die nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre. Der letztgenannte Faktor kann i.d.R. dadurch erfasst werden, dass von einem fiktiven Gegenstandswert für den Barabfindungs- und Ausgleichsanspruch der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre ausgegangen wird (vgl. BayObLG v. 2.11.1995 – 3Z BR 67/95, BayObLGReport 1996, 32 = AG 1996, 183; FGPrax 2001, 84 [85]). Dabei bestehen keine Bedenken, für Ausgleich und Abfindung verschiedene fiktive Gegenstandswerte anzusetzen, zumal die Interessen der ausscheidenden und der in der Gesellschaft verbleibenden Aktionäre durchaus verschieden sein können (BayObLG v. 14.8.1991 – 94 O 164/91, BayObLGZ 1992, 91 [92] = GmbHR 1992, 184 = AG 1992, 266 [268]).

2. Die angefochtenen Beschlüsse des LG sind hiernach nicht zu beanstanden.

a) Wie bereits dargestellt, trägt die Berücksichtigung eines fiktiven Gegenstandswertes für Ausgleich und Abfindung den wirtschaftlichen Interessen der außenstehenden Aktionäre Rechnung. Im Ansatz ist dabei zwischen den Interessen der ausscheidenden und der in der Gesellschaft verbleibenden Aktionäre zu unterscheiden (s.o.); für die Vertreter der jeweiligen Gruppe kann nur der auf diese Gruppe entfallende fiktive Gegenstandswert Berücksichtigung finden. Das LG hat dies beachtet und bei der Feststellung der für die beiden Gruppen jeweils maßgebenden fiktiven Gegenstandswerte auf das Erkenntnis in der Hauptsache abgestellt. Hiernach beruhte die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens insgesamt im Wesentlichen auf den für die Abfindung ermittelten, deutlich über dem Unternehmensvertrag liegenden Werten, während der Ausgleich nur unwesentlich höher festgesetzt wurde und seine wirtschaftliche Bedeutung daher zurücktrat.

Das LG hat zu Recht die nach § 118 BRAGO zu ermittelnde Gebühr lediglich als Anhalt für eine angemessene Vergütung der Vertreter der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre herangezogen. Hätte der Gesetzgeber hier eine Bindung an Wertvorschriften beabsichtigt, hätte es nahe gelegen, schon von Gesetzes wegen auf den Geschäfts- oder Gegenstandswert abzustellen und die betragsmäßige Vergütung in Form eines Gebührensatzes vorzugeben (vgl. BayObLG v. 16.4.1992 – 3Z BR 1/92, BayObLGReport 1993, 8 = AG 1992, 266 [267]). Dies ist aber nicht erfolgt.

„Anhalt” fü...

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