Entscheidungsstichwort (Thema)

Anbringung eines Regenfallrohres

 

Leitsatz (amtlich)

1. An Anträge im Sinn des § 43 Abs. 1 WEG sind grundsätzlich weniger strenge Anforderungen hinsichtlich ihrer Bestimmtheit zu stellen, als an Anträge im Zivilprozeß. Anträge in Wohnungseigentumssachen sind in weitem Umfang auslegungsfähig, auf eine bestimmte Wortwahl kommt es nicht an.

2. Grundsätzlich kann jeder Wohnungseigentümer von den übrigen Wohnungseigentümern die Mitwirkung bei der Herstellung eines erstmaligen ordnungsmäßigen Zustands der Wohnanlage entsprechend dem Aufteilungsplan und den Bauplänen verlangen. Zu den Bauplänen in diesem Sinn gehört auch der Entwässerungsplan. Seine Grenze findet ein solcher Anspruch in dem Rechtsgedanken des § 242 BGB.

 

Normenkette

WEG § 21 Abs. 4-5, § 43 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München II (Urteil vom 04.05.1999; Aktenzeichen 6 T 1028/99)

AG Fürstenfeldbruck (Urteil vom 25.01.1999; Aktenzeichen UR II 24/97)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller werden die Beschlüsse des Landgerichts München II vom 4. Mai 1999 und des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck vom 25. Januar 1999 aufgehoben.

II. Die Antragsgegner werden verpflichtet, ihre Zustimmung dazu zu geben, daß auf Gemeinschaftskosten an der Nord-West-Ecke der Wohnanlage ein Regenfallrohr angebracht und das dafür erforderliche Rinnen-Neigungsgefälle hergestellt wird.

III. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten aller Instanzen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im übrigen wird abgesehen.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus einem Doppelhaus bestehenden Wohnanlage. Den Antragstellern gehört die östliche, den Antragsgegnern die westliche Haushälfte.

Die Beteiligten streiten um die Entwässerung der nördlichen Dachfläche. Der bei der Erstellung der Wohnanlage angefertigte und von den zuständigen Behörden genehmigte Entwässerungsplan sieht für die Wasserabführung der nördlichen Dachrinne jeweils ein Fallrohr an der nord-östlichen und an der nordwestlichen Seite der Wohnanlage vor. Entgegen diesem Plan wurde vom Bauträger nur das im Bereich der den Antragstellern gehörenden Haushälfte liegende Fallrohr angebracht. Die Beteiligten streiten darüber, ob es wegen des Fehlens des zweiten Fallrohres immer wieder zu Überschwemmungen kommt.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, der Erstellung des zweiten Fallrohres einschließlich des erforderlichen Rinnen-Neigungsgefälles zuzustimmen, hilfsweise ihre Zustimmung dazu zu geben, daß ein Fallrohr in der Mitte der Nordseite des Anwesens erstellt und das vorhandene nord-östlich gelegene Fallrohr beseitigt wird. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 25.1.1999 den Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag stattgegeben. Das Landgericht hat am 4.5.1999 auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und den beim Amtsgericht gestellten Hauptantrag sowie den Hilfsantrag abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller, mit der sie beantragt haben, die Antragsgegner zu verpflichten, der Erstellung eines Fallrohres an der Nord-West-Ecke des Anwesens zuzustimmen, hat es zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller, mit der sie beantragen, die Antragsgegner zu verpflichten, der Erstellung eines Fallrohres an der Nord-West-Ecke des Anwesens sowie eines Rinnen-Neigungsgefälles von der Mitte der Doppelhaushälften zum zu erstellenden Fallrohr hin zuzustimmen, hilfsweise der Erstellung eines Fallrohrs in der Mitte der Nordseite des Anwesens sowie der Entfernung des nord-östlichen Fallrohres zuzustimmen.

II.

Das Rechtsmittel ist begründet.

1. Der im Rechtsbeschwerdeverfahren gestellte Antrag ist zulässig. An Anträge im Sinn des § 43 Abs. 1 WEG sind grundsätzlich weniger strenge Anforderungen hinsichtlich ihrer Bestimmtheit zu stellen, als an Anträge im Zivilprozeß nach § 253 ZPO. Anträge in Wohnungseigentumssachen sind in weitem Umfang auslegungsfähig, auf eine bestimmte Wortwahl kommt es nicht an (BayObLG WuM 1993, 85/86). Die Antragsteller haben im Rechtsbeschwerdeverfahren zwar dem Wortlaut nach einen gegenüber dem im Beschwerdeverfahren gestellten Antrag erweiterten Sachantrag gestellt. Entgegen der Auffassung der Antragsgegner ist dies aber nicht unzulässig. Aus der Erklärung und den Umständen ergibt sich zweifelsfrei, daß die Antragsteller in jedem Rechtszug die Zustimmung der Antragsgegner zu einem ordnungsgemäß angebrachten Regenfallrohr verlangt haben. Dazu gehört notwendigerweise, wie sich im übrigen auch aus dem vom Amtsgericht erholten Sachverständigengutachten ergibt, die Herstellung eines Gefälles der Dachrinne zum Regenfallrohr.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Eine ordnungsmäßige Verwaltung der Wohnanlage erfordere ...

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