Leitsatz (amtlich)

Ist in der Gemeinschaftsordnung bestimmt, dass die Nutzungsänderung bei der Vermietung von Teileigentum der Zustimmung des Verwalters bedarf, so verdrängt die Verwalterzustimmung die Verwaltungsbefugnis der Wohnungseigentümer für diese Zustimmung nicht. Die Zustimmungsbefugnis zur Änderung der gewerblichen Nutzung kann in der Gemeinschaftsordnung dahin eingegrenzt werden, dass die Zustimmung nur verweigert werden darf, wenn die Ausübung des geänderten Berufs oder Gewerbezweigs mit den Belangen der übrigen Wohnungs- oder Teileigentümer nicht zu vereinbaren ist.

 

Normenkette

WEG § 15 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Beschluss vom 20.06.2003; Aktenzeichen 7 T 39/03)

AG Regensburg (Aktenzeichen 13 UR II 82/02)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Regensburg vom 20.6.2003 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.484 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner zu 1) sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der Antragsgegnerin zu 2) verwaltet wird.

In der Gemeinschaftsordnung ist bestimmt:

§ 3

Zweckbestimmung des Gebäudes

1. …

2. Ein Teileigentümer, der in den zum Gesamtobjekt gehörenden Ladenräumen einen Beruf oder ein Gewerbe ausübt, bedarf bei einer Änderung seines Berufs oder seines Gewerbezweigs, die nach dem ersten Erwerb des Teileigentums eintritt, der schriftlichen Zustimmung des Verwalters zur Ausübung des geänderten Berufs oder Gewerbezweigs in den dem Teileigentum unterliegenden Räumen. Ebenso ist die Zustimmung des Verwalters für eine Vermietung oder Verpachtung des Teileigentums erforderlich. Der Verwalter kann die Zustimmung verweigern oder widerrufen, insb. wenn die Ausübung des geänderten Berufs oder Gewerbezweigs mit den Belangen der übrigen Wohn- bzw. Teileigentümer nicht zu vereinbaren ist.

Dem Antragsteller gehört ein Teileigentum. Dieses war nacheinander an einen Verlag, eine kirchliche Organisation und an eine Gesellschaft für Personalmanagement vermietet.

Mit bestandskräftigem Beschluss vom 29.11.1993 lehnten die Wohnungseigentümer den Antrag des Vaters des Antragstellers und eines weiteren Miteigentümers ab, das Teileigentum an die Firma S. zum Betrieb eines Drogeriemarktes zu vermieten.

Den im Jahr 2002 erneut gestellten Antrag des Sondernachfolgers (= Antragsteller), der Vermietung an die Firma S. zum Betrieb eines Drogeriemarktes zuzustimmen, hat die Antragsgegnerin zu 2) abgelehnt.

Der Antragsteller hat, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, beantragt, die Antragsgegnerin zu 2) zur Zustimmung zu verpflichten. Das AG hat mit Beschluss vom 3.1.2003 dem Antrag stattgegeben. Das LG hat am 20.6.2003 den Beschluss des AG aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

Die Antragsgegnerin zu 2) sei an den Eigentümerbeschluss vom 29.11.1993 gebunden; sie habe deshalb zu Recht die beantragte Zustimmung verweigert.

Die Bindungswirkung des Beschlusses bestehe gem. § 10 Abs. 3 WEG auch ggü. dem Sondernachfolger. Der Eigentümerbeschluss sei auch nicht durch bloßen Zeitablauf unwirksam geworden. Ferner sei er nicht nichtig. Insbesondere sei die dem Eigentümerbeschluss zugrunde liegende Bestimmung des § 3 Nr. 2 GO nicht unwirksam, nach der die Zustimmung verweigert werden dürfe, wenn sie mit den Belangen der übrigen Wohnungs- oder Teileigentümer nicht zu vereinbaren sei. Die Regelung des § 12 Abs. 2 S. 1 WEG, die die Versagung der Zustimmung zur Veräußerung von Wohnungseigentum nur beim Vorliegen eines wichtigen Grundes gestatte, finde keine entsprechende Anwendung.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Nach § 3 Nr. 2 GO bedarf die Nutzungsänderung der Zustimmung des Verwalters. Grundsätzlich, so auch hier, ist anzunehmen, dass die Verwalterzustimmung die Verwaltungsbefugnis der Wohnungseigentümer für diese Zustimmung nicht verdrängen soll (vgl. BayObLG WE 1992, 195 f.; KG NZM 1998, 771 f.). Daher kommt es auf die Verwalterzustimmung als solche nicht mehr an, wenn die Wohnungseigentümer selbst zugestimmt oder abgelehnt haben.

b) Die Wohnungseigentümer haben am 29.11.1993 den Antrag auf Zustimmung zur Vermietung des Teileigentums an die Firma S. zum Betrieb eines Drogeriemarktes abgelehnt. Auch die Ablehnung eines Beschlussantrags hat Beschlussqualität (BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = BGHReport 2001, 863 = NJW 2001, 3339). Die Bestandskraft des den Beschlussantrag ablehnenden Eigentümerbeschlusses vom 29.11.1993 steht dem jetzt erneut gestellten Verpflichtungsantrag mit dem gleichen Inhalt aber nicht entgegen (vgl. BayObLGZ 2002, 20 [25]; BayObLGZ 2002, 247). Denn nach dem Inhalt des Protokolls der Eigentümerversammlung vom 29.11.1993 erschöpfte sich der Eigentümerbeschluss in der Ab...

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