Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung einer Teilungserklärung aufgrund Vollmacht

 

Verfahrensgang

LG Passau (Aktenzeichen 2 T 83/94)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluß des Landgerichts Passau vom 25. Mai 1994 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Passau, Zweigstelle Vilshofen, vom 21. Januar 1994 aufgehoben.

 

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1, eine Bauträgerin, verkaufte zu notarieller Urkunde vom 16.11.1993 an die Beteiligten zu 2 und 3 ein Wohnungseigentum und ein Teileigentum mit einem Sondernutzungsrecht. In der Urkunde änderte die Beteiligte zu 1 im eigenen Namen und namens der Berechtigten von Auflassungsvormerkungen an anderen Wohnungseigentumsrechten aufgrund der ihr in den Kaufverträgen von diesen erteilten Vollmacht die Teilungserklärung dahin ab, daß den Beteiligten zu 2 und 3 ein weiteres Sondernutzungsrecht eingeräumt wird. In den Kaufverträgen ist die Beteiligte bevollmächtigt, die „Teilungserklärung zu ändern, soweit das Sondereigentum des Käufers nicht unmittelbar betroffen ist”.

Den Antrag auf grundbuchamtlichen Vollzug der Urkunde hat das Grundbuchamt durch Zwischenverfügung vom 21.1.1994 beanstandet, weil die Vollmachten in den Kaufverträgen nicht ausreichend bestimmt und deshalb die Bewilligungen der Vormerkungsberechtigten erforderlich seien. Die Erinnerung/Beschwerde hiergegen hat das Landgericht durch Beschluß vom 25.5.1994 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg; es führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und der Zwischenverfügung des Grundbuchamts.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Zu einer Änderung der Teilungserklärung durch den Bauträger durch Einräumung eines Sondernutzungsrechts sei die Zustimmung der Berechtigten von Auflassungsvormerkungen notwendig. Die von diesen in den Kaufverträgen erteilten Vollmachten entsprächen nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Es sei nicht klar, wann das Sondereigentum „betroffen” sei, ob nur bei einem Eingriff in den rechtlichen Bestand oder schon bei einer erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung. Außerdem sei die Auslegung denkbar, daß für das Sondereigentum keine über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehende Beeinträchtigung erwachsen dürfe. Die Vollmacht verlange außerdem im Hinblick auf das Wort „unmittelbar” eine Wertung. Eine solche könne vom Grundbuchamt ohne Beweisaufnahme, die nicht zulässig sei, nicht vorgenommen werden.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Vorinstanzen haben die Anforderungen an die erforderliche Bestimmtheit einer Vollmacht überspannt.

a) Der Senat hat am 24.6.1993 (BayObLGZ 1993, 259) mit näherer Begründung entschieden, daß der Bauträger, der noch als Eigentümer aller Wohnungen im Grundbuch eingetragen ist, die Befugnis zur einseitigen Änderung der Teilungserklärung verliert, sobald für einen Erwerber eines Wohnungseigentums eine Auflassungsvormerkung eingetragen ist; dann ist dessen Zustimmung zu einer Änderung erforderlich. Die grundbuchrechtlich notwendige Bewilligung des Auflassungsvormerkungsberechtigten kann auch vom Bauträger aufgrund einer ihm erteilten Vollmacht erklärt werden. Die Vollmacht muß im Hinblick auf den das Grundbuchrecht beherrschenden Bestimmtheitsgrundsatz eindeutig sein; sie muß mindestens im Weg der Auslegung zu einem eindeutigen Ergebnis führen. Bei der Auslegung ist auf Wortlaut und Sinn der Vollmacht abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Diese Grundsätze werden, soweit ersichtlich, nicht in Zweifel gezogen; der Senat hält an ihnen fest.

b) In der Entscheidung vom 24.6.1993 hat der Senat eine Vollmacht, die den Bauträger ermächtigte, die Teilungserklärung zu ändern, solange „dem Käufer keine zusätzlichen Verpflichtungen auferlegt werden, sein Sondereigentum unangetastet bleibt und die Benutzung des Gemeinschaftseigentums nicht eingeschränkt wird”, nicht für ausreichend bestimmt angesehen. Insoweit ist die Entscheidung auf Kritik gestoßen (Röll DNotZ 1994, 237). Auch insoweit hält der Senat an seiner Entscheidung fest. Die in dem damals entschiedenen Fall vorliegende Vollmacht war in ihrer Gesamtheit zu beurteilen. Dabei konnten die in der Vollmacht verwendeten unbestimmten Begriffe nur durch eine Wertung unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände ausgefüllt werden; eine solche Wertung kann vom Grundbuchamt aber in aller Regel in dem auf den Urkundenbeweis beschränkten Eintragungsantragsverfahren, das eine Beweisaufnahme nicht zuläßt, nicht vorgenommen werden (BayObLGZ 1993, 259/264; insoweit in DNotZ 1994, 233/237 nicht vollständig abgedruckt).

Ausgangspunkt der Kritik von Röll ist die Behauptung, dem Bauträger müsse ein Freiraum zur nachträglichen Änderung der Teilungserklärung eingeräumt werden, damit er seine Aufgabe erfüllen könne. Ob ein anerkennenswertes Bedürfnis für die Einräumung solcher Freiräume besteht, ist in Zweifel zu zi...

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