Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Wertfestsetzung bei einer Dauerbetreuung kommt es nicht darauf an, ob sich die angeordnete Betreuung auf das Vermögen oder die Person der Betreuten bezieht.

 

Normenkette

KostO § 92 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 05.03.1996; Aktenzeichen 13 T 679/96)

AG Nürnberg (Beschluss vom 06.12.1995; Aktenzeichen XVII 411/92)

 

Tenor

I. Der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 5. März 1996 wird aufgehoben.

II. Die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluß des Amtsgerichts Nürnberg (Rechtspflegerin) vom 6. Dezember 1995 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

1. Das Amtsgericht ordnete für die Betroffene am 22.5.1990 Gebrechlichkeitspflegschaft mit den Wirkungskreisen Vertretung bei der Aufenthaltsbestimmung und Wohnsitzbegründung sowie bei der medizinischen Behandlung an. Ab 1.1.1992 wurde die Pflegschaft zu einer Betreuung. Mit Beschluß des Amtsgerichts vom 14.5.1993 wurde der Aufgabenkreis des Betreuers auf Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge, mit Beschluß vom 28.9.1994 auf die Gesundheitsfürsorge und die dazu erforderliche Aufenthaltsbestimmung eingeschränkt. Die Betreuung wurde mit Beschluß des Amtsgerichts vom 12.12.1995 schließlich aufgehoben.

2. Mit Kostenrechnung vom 8.10.1990, zu Soll gestellt am 12.10.1990, forderte der Kostenbeamte des Amtsgerichts von der Betroffenen, ausgehend von einem Geschäftswert von 480 000 DM, eine Pflegschafts-Jahresgebühr für 1990/91 von 430 DM, die auch bezahlt wurde.

Auf Antrag des Vertreters der Staatskasse setzte das Amtsgericht (Rechtspflegerin) mit Beschluß vom 6.12.1995 den Geschäftswert für die Betreuung in den Jahren 1990 bis 1995 auf je 17 500 000 DM fest. Für die Betroffene habe eine Dauerbetreuung bestanden, für deren Geschäftswert das Reinvermögen der Betreuten maßgebend sei. Dessen Höhe sei im wesentlichen einem Vermögenssteuerbescheid des Finanzamts (auf den 1.1.1991) vom 26.8.1992 entnommen worden.

Gegen den Geschäftswertbeschluß des Amtsgerichts vom 6.12.1995 legte die Betroffene Erinnerungen ein. Für die Jahre 1990/91 sei aufgrund der erstellten Kostenrechnung vom 12.10.1990 eine Nachforderung gemäß § 15 KostO ausgeschlossen. Die Bewertung der angeordneten Betreuung hätte überdies nach den Grundsätzen der Betreuung für einzelne Rechtshandlungen erfolgen müssen. Keinesfalls habe bei der Geschäftswertfestsetzung von ihrem gesamten Vermögen ausgegangen werden dürfen. Als Vermögen könne nur der Wert berücksichtigt werden, auf den sie – die Betreute – auch tatsächlich Zugriff nehmen könne. Tatsächlich bestehe ihr Vermögen aber ganz überwiegend aus einer Beteiligung an einer KG, die sie von ihrem 1985 verstorbenen Vater geerbt habe und bezüglich derer eine langjährige Testamentsvollstreckung angeordnet sei. Aufgrund erb- und gesellschaftsrechtlicher Grundlagen sei es ihr versagt, auf das Betriebsvermögen zurückzugreifen. Als Rendite aus dem Betrieb erhalte sie jährlich nur 200 000 DM netto. Dieser Betrag sei dem Geschäftswert zugrundezulegen. Auch wenn man hierzu noch das auf ca. 600 000 DM geschätzte Grundvermögen hinzurechnen würde, wären nach § 92 Abs.1 KostO aus einem Vermögen von 800 000 DM nur 800 DM Jahresgebühren zu zahlen, während ein Zugrundelegen des nicht verfügbaren Vermögens zu einer Jahresgebühr von 17 500 DM führe. Dies verstoße gegen die Verfassungsgrundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit.

Rechtspflegerin und Richter haben den Erinnerungen nicht abgeholfen.

Das Landgericht hat mit Beschluß vom 5.3.1996 den amtsgerichtlichen Beschluß vom 6.12.1995 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen; die weitere Beschwerde hat es zugelassen. Zwar habe es sich um eine Dauerbetreuung für die Betroffene gehandelt, so daß das gesamte reine Vermögen der Kostenschuldnerin für den Geschäftswert maßgebend sei. Jedoch komme nur das Vermögen in Betracht, das der Betroffenen unter Berücksichtigung der angeordneten Testamentsvollstreckung in dem jeweiligen Kalenderjahr zur Verfügung gestanden habe. Dieses habe sich im Jahr 1990 auf 200 000 DM belaufen. Für die folgenden Jahre müsse es noch ermittelt werden.

3. Gegen die Entscheidung des Landgerichts wendet sich die Staatskasse mit der weiteren Beschwerde. Sie hält den in dem amtsgerichtlichen Beschluß vom 6.12.1995 festgesetzten Geschäftswert für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das zulässige Rechtsmittel der Staatskasse (§ 31 Abs.3 Satz 1, § 14 Abs.3 und 4 KostO) ist begründet.

a) Vorliegend ist eine Dauerbetreuung nach § 92 KostO zu bewerten und nicht eine Betreuung für einzelne Rechtshandlungen nach § 93 KostO. Die Pflegschaftsanordnung nach § 1910 Abs.2 und 3 BGB (a.F.) erstreckte sich auf die Vertretung der Betroffenen bei der Aufenthaltsbestimmung und Wohnsitzbegründung sowie bei der medizinischen Behandlung; ab 14.5.1993 wurde der Aufgabenkreis des Betreuers auf Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge und ab 28.9.1994 auf Gesundheitsfürsorge und die da...

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