Verfahrensgang

LG Aschaffenburg (Beschluss vom 23.04.1975; Aktenzeichen T 7/75)

AG Aschaffenburg (Beschluss vom 19.12.1974; Aktenzeichen UR II 56/74)

 

Tenor

I. Der Beschluß des Landgerichts Aschaffenburg vom 23. April 1975 und Nrn. II und III des Beschlusses des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 19. Dezember 1974 werden aufgehoben.

II. Die Sache wird zur anderweiten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Aschaffenburg zurückverwiesen.

III. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird dem Amtsgericht übertragen.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller, ein Grundstücksmakler, ist Wohnungseigentümer im Haus VI der Eigentumswohnanlage an der … in ….

In einer Versammlung der Wohnungseigentümer des Hauses VI am 19.7.1974 sollte gemäß § 18 WEG über die Entziehung des Wohnungseigentums des Antragstellers beschlossen werden. Die Abstimmung entfiel, weil – so die Versammlungsniederschrift – die zur Entscheidung erforderliche Mehrheit von 49 Stimmen nicht erreicht wurde. Statt dessen wurde mit 37 der vertretenen 48 Stimmen beschlossen, daß der Verwalter eine einstweilige Verfügung erwirken solle, durch die dem Antragsteller das Vermieten eigener oder fremder Wohnungen im Haus VI verboten wird.

Der Verwalter teilte diese Beschlußfassung am 23.7.1974 dem Antragsteller mit und forderte diesen auf, die Belästigung von Hausbewohnern durch seine Mieter abzustellen und seine „Vermietungsmethoden” zu unterlassen.

Am 31.7./1.8.1974 beantragte der Antragsteller beim Amtsgericht, den Beschluß vom 19.7.1974, der ihm zu Unrecht das Vermieten und das Vermitteln von Mietverträgen im Haus VI verbiete, für ungültig zu erklären. Der Beschluß sei weder durch die Teilungserklärung noch aus sonstigen Gründen gerechtfertigt.

Das Amtsgericht stellte mit Verfügung vom 18.9.1974 fest, daß der Verwalter das Verfahren für die Antragsgegner in Prozeßstandschaft führe.

Im Termin vom 12.12.1974 vor dem Amtsgericht, zu dem weder der Verwalter noch einer der Antragsgegner erschienen war, erklärte der Antragsteller die Hauptsache für erledigt, weil die Antragsgegner durch Beschluß vom 9.11.1974 ihren Beschluß vom 19.7.1974 aufgehoben hätten.

Das Amtsgericht erklärte mit Beschluß vom 19.12.1974 die Hauptsache für erledigt und überbürdete die Verfahrenskosten auf den Antragsteller; den Geschäftswert setzte es, ausgehend von einem Jahresmietwert, auf 3 000,– DM fest. Hierzu führte das Amtsgericht aus, der in der Hauptsache erledigte Antrag sei nicht erfolgversprechend gewesen. Der Beschluß der Wohnungseigentümer, gegen den Antragsteller gerichtlich vorzugehen, sei gültig; ob das beabsichtigte gerichtliche Verfahren erfolgversprechend sei, sei hierbei ohne Bedeutung. Im übrigen enthalte der Beschluß der Wohnungseigentümer kein gegen den Antragsteller gerichtetes Verbot, Wohnungen zu vermieten oder deren Vermietung gewerblich zu vermitteln.

Mit sofortiger Beschwerde vom 22.1.1975 griff der Antragsteller die Kostenentscheidung des Amtsgerichts an. Er machte geltend, sein Antrag sei erfolgversprechend gewesen, denn er sei berechtigt gewesen, ein ihm drohendes gerichtliches Verfahren „im Vorfeld abzufangen”. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer habe ihm zu Unrecht das Vermieten von Wohnungen und die Vermittlung von Mietverträgen verboten.

Das Landgericht wies mit Beschluß vom 23.4.1975 die Beschwerde des Antragstellers kostenpflichtig zurück. Der Antrag sei von Anfang an nicht erfolgversprechend gewesen, denn der Antragsteller werde nicht dadurch in unzulässiger Weise in seinen Rechten berührt, daß die Eigentümergemeinschaft beschließe, gerichtlich gegen ihn vorzugehen.

Gegen den Beschluß vom 23.4.1975 richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers, auf deren Begründung Bezug genommen wird.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige weitere Beschwerde richtet sich gegen eine isolierte Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache; sie ist zulässig (§ 43 Abs. 1, § 45 WEG, § 20a Abs. 2, § 29 Abs. 2 FGG; Palandt/Degenhart BGB 34. Aufl. WEG § 47 Anm. 3) und führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen in dem im Beschlußsatz angegebenen Umfang.

1. Über die Verfahrenskosten ist in Wohnungseigentumssachen auch nach Erledigung der Hauptsache gemäß § 47 WEG nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei ist im Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – anders als im Zivilprozeß – als Erledigung der Hauptsache jedes Ereignis anzusehen, das eine Sachentscheidung entbehrlich macht; das kann eine echte Erledigung der Hauptsache außerhalb des Verfahrens sein, aber auch die Zurücknahme des Antrags oder des Rechtsmittels im Antragsverfahren (Keidel/Winkler FGG 10. Aufl. § 13a Rdnr. 44, § 20a Rdnr. 7; a.M. Jansen FGG 2. Aufl. § 19 Rdnr. 37). Da eine strenge Bindung der Kostenfolge an den formalen Verfahrensausgang (wie in §§ 91, 271, 344, 515 Abs. 3 ZPO) für die im Wohnungseigentumsverfahren in jedem Fall nach billigem Ermessen zu treffende Kostenent...

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