Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Wohngeldforderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Weist der Vorstand einer Aktiengesellschaft in einem Parallelverfahren zwischen denselben Beteiligten auf eine Änderung seiner Anschrift hin, die nicht zum Handelsregister angemeldet wurde, ist die fehlerhafte Zustellung an die alte Anschrift nicht kraft Rechtsscheins zurechenbar.

2. Der durch eine löschungsfähige Quittung erbrachte Beweis der Befriedigung kann durch einen Gegenbeweis entkräftet werden.

3. Eine löschungsfähige Quittung kann, wenn Gläubiger die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage sind, für die eine Zwangssicherungshypothek eingetragen ist, der Verwalter abgeben.

 

Normenkette

ZPO § 184; BGB § 368

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Aktenzeichen 7 T 2336/99)

AG Augsburg (Aktenzeichen 3 UR II 17/99)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerinnen werden die Beschlüsse des Landgerichts Augsburg vom 17. November 2000 und des Amtsgerichts Augsburg vom 26. April 1999 aufgehoben.

II. Der Antrag der Antragsteller wird wegen eines 670.079,64 DM nebst 6% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 29. März 2000 übersteigenden Betrages abgewiesen. Im übrigen wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens an das Amtsgericht Augsburg zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 704.855,– DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Bei den beiden Antragsgegnerinnen handelt es sich um Unternehmen, die bis 9.5.2000 als Gesellschafter bürgerlichen Rechts Wohnungseigentümer waren. Die Antragsgegnerin zu 1, eine Aktiengesellschaft, hatte bis 1998 eine Anschrift in V., seitdem in H. Die Antragsgegnerin zu 2 hat ihren Sitz im Ausland; Generalbevollmächtigter ist der Vorstand der Antragsgegnerin zu 1.

§ 19 der Gemeinschaftsordnung verpflichtet Wohnungseigentümer, die gemeinschaftlich Eigentümer eines Wohnungseigentums sind, dem Verwalter einen Bevollmächtigten zu benennen; bis zur Bestellung und Benennung eines Bevollmächtigten gilt jeder Miteigentümer als bevollmächtigt, Erklärungen auch für den anderen abzugeben und entgegenzunehmen. Die Antragsgegnerinnen haben keinen Bevollmächtigten benannt.

Die Antragsteller haben mit Schriftsatz vom 5.2.1999 beantragt, die Antragsgegnerin zu 1 als Gesamtschuldnerin zusammen mit der Antragsgegnerin zu 2 zur Zahlung von 61.865,– DM nebst Zinsen und die Antragsgegnerin zu 2 als Gesamtschuldnerin zusammen mit der Antragsgegnerin zu 1 zur Zahlung von 704.854,56 DM nebst Zinsen zu verpflichten. Der Antrag wurde der Antragsgegnerin zu 1, vertreten durch ihren Vorstand, zugleich als Zustellungsbevollmächtigter der Antragsgegnerin zu 2 unter der Anschrift in V. am 13.2.1999 im Wege der Ersatzzustellung zugestellt. Die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 22.4.1999 wurde nur der Antragsgegnerin zu 1, wiederum im Weg der Ersatzzustellung, am 19.3.1999 in V. zugestellt. Zu dem Termin erschien für die Antragsgegnerinnen niemand.

Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerinnen neu durch Beschluß vom 26.4.1999 antragsgemäß verpflichtet und die Entscheidung im Weg der einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Der Beschluß wurde den beiden Antragsgegnerinnen in gleicher Weise wie der Antrag am 28.4.1999 zugestellt. Die Antragsgegnerinnen haben am 26.5.1999 sofortige Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Am 24.9.1999 wurde unter anderem aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts vom 26.4.1999 zugunsten der Antragsteller im Grundbuch für das Wohnungseigentum der Antragsgegnerinnen eine Zwangssicherungshypothek über 807.357,– DM eingetragen. Ende 1999 wurde das Wohnungseigentum der Antragsgegnerinnen verkauft. Aus dem Kaufpreis erhielten die Antragsteller 400.000 DM. In der Eigentümerversammlung vom 9.2.2000 ermächtigten die Wohnungseigentümer den Verwalter, die Löschung unter anderem der Sicherungshypothek über 807.357,– DM zu bewilligen und eine löschungsfähige Quittung auszustellen. Der Verwalter erteilte am 21.2.2000 eine löschungsfähige Quittung, in der bestätigt wurde, daß die Wohnungseigentümer unter anderem wegen der Sicherungshypothek über 807.357,– DM befriedigt seien. Die Sicherungshypothek wurde am 9.5.2000 gelöscht. Die Antragsteller haben mit Schriftsatz vom 19.5.2000 den ihnen zugeflossenen Kaufpreis von 400.000 DM dergestalt auf ihre Forderungen verrechnet, daß nur ein 670.079,64 DM nebst 6% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 29.3.2000 übersteigender Betrag von den Antragsgegnerinnen nicht mehr geschuldet sei.

Das Landgericht hat durch Beschluß vom 17.11.2000 die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerinnen als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der Entscheidungen des Landgerichts und des Amtsgerichts und zur Abweisung des Zahlungsantrags wegen eines 670.079...

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