Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses

 

Verfahrensgang

AG Fürth (Bayern) (Aktenzeichen 4 UR II 36/90)

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 14 T 1497/91)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 19. Februar 1992 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3 155 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Antragsteller und Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer größeren, aus mehreren Häusern bestehenden Wohnanlage; der weitere Beteiligte ist Verwalter. Dem Antragsteller gehört eine Wohnung im Erdgeschoß eines dreistöckigen Hauses; um sich besser gegen Lärm (vor allem Straßenlärm), Abgase, Schmutz und Einbruchsgefahr zu schützen, ließ er seinen Balkon (seine Loggia) durch ein 3,48 m langes und 1,3 m hohes dreiflügeliges Kunststofffenster verschließen. Die Kosten beliefen sich auf 3 155 DM. Der Einbau ist bauaufsichtlich genehmigt; die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer oder des Verwalters hatte der Antragsteller nicht.

In der außerordentlichen Versammlung vom 3.9.1990 beschlossen die Wohnungseigentümer auf Antrag des Verwalters mit 70 gegen 9 Stimmen bei einer Enthaltung, daß die vom Antragsteller angebrachte Balkonverkleidung bis spätestens 15.9.1990 zu entfernen sei, da es sich hierbei um eine nicht genehmigte bauliche Veränderung des Gebäudes handle. Der Antragsteller hat am 4.10.1990 beantragt, den Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat den Antrag nach Einnahme eines Augenscheins mit Beschluß vom 28.12.1990 abgewiesen, das Landgericht die sofortige Beschwerde mit Beschluß vom 19.2.1992 zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat gegen den Beschluß des Landgerichts, der seinen Verfahrensbevollmächtigten am 4.3.1992 zugestellt wurde, sofortige weitere Beschwerde eingelegt; die Beschwerdeschrift ist am 19.3.1992 beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangen. Nach Hinweis auf die Fristversäumung hat der Antragsteller am 15.4.1992 nochmals sofortige weitere Beschwerde eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Er hat vorgetragen und glaubhaft gemacht, daß eine Angestellte des Verfahrensbevollmächtigten die Beschwerdeschrift am 16.3.1992 zwischen 17.15 Uhr und 17.30 Uhr am Postamt … aufgegeben habe.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Die Rechtsmittelschrift ist zwar erst am 19.3.1992 und damit nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 43 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 1, § 29 Abs. 2 FGG beim Rechtsbeschwerdegericht eingegangen. Dem Antragsteller ist aber wegen der Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 22 Abs. 2 FGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da weder er noch seine Verfahrensbevollmächtigten die Fristversäumung verschuldet haben.

a) Der Antragsteller hat den erforderlichen Antrag am 15.4.1992 und damit innerhalb der Zweiwochenfrist des § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG gestellt. Er erfuhr erst durch das Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 8.4.1992, daß sein Rechtsmittel zu spät beim Rechtsbeschwerdegericht eingegangen war.

b) Auch die sachlichen Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung sind gegeben. Der Antragsteller hat durch den Poststempel auf dem Umschlag und durch die eidesstattliche Versicherung einer Angestellten seiner Verfahrensbevollmächtigten glaubhaft gemacht, daß die Rechtsmittelschrift am 16.3.1992 in … (Kreis Fürth/Mittelfranken) aufgegeben wurde. Dies war zeitig genug; der Antragsteller durfte darauf vertrauen, daß die Sendung innerhalb der Beschwerdefrist, die am 18.3.1992 ablief (§ 17 Abs. 1 FGG, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB), beim Rechtsbeschwerdegericht eingehen würde (BVerfGE 41, 23/25; 44, 302/306; 53, 25/28; 62, 216/221 sowie Senatsbeschluß vom 6.11.1986 2 Z 108/86).

2. Die sofortige weitere Beschwerde ist aber nicht begründet.

a) Das Landgericht hat ausgeführt:

Die vom Antragsteller vorgenommene Balkonverglasung sei eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG. In der für die Wohnanlage maßgebenden Gemeinschaftsordnung sei die Regelung des § 22 WEG nicht abbedungen worden. Somit müsse sich die ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer durchgeführte Baumaßnahme daran messen lassen, ob diesen ein nicht unvermeidlicher Nachteil erwachse. Unbeachtlich sei insoweit, daß die Maßnahme bauaufsichtlich genehmigt worden sei, da diese Genehmigung nicht die zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden privatrechtlichen Verhältnisse berühre.

Die Baumaßnahme des Antragstellers beeinträchtige die übrigen Wohnungseigentümer über das unvermeidliche Maß hinaus. Zu Recht habe das Erstgericht eine nachteilige Veränderung des Erscheinungsbildes der Wohnanlage bejaht. Dies – nach anderer Ansicht gar jede Veränderungstelle einen Nachteil im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2, § 14 Nr. 1 WEG dar, d...

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