Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses. Wohnungseigentum: Verglasung der Fenster als gemeinschaftliches Eigentum. Kostentragungspflicht des Wohnungseigentümers bei Instandsetzung blinder Isolierglasscheiben

 

Normenkette

WoEigG § 5 Abs. 1-3, § 10 Abs. 1, § 16 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Würzburg (Beschluss vom 28.10.1994; Aktenzeichen 3 T 615/94)

AG Würzburg (Entscheidung vom 10.02.1994; Aktenzeichen UR II 125/93)

 

Tenor

1. Bei doppelverglasten Fenstern mit einfachem Rahmen gehört die Verglasung zum gemeinschaftlichen Eigentum.

2. Obliegt nach einer Regelung der Gemeinschaftsordnung die Behebung von Glasschäden an Fenstern im Bereich der zum Sondereigentum gehörenden Räume dem jeweiligen Wohnungseigentümer "ohne Rücksicht" auf Ursache des Schadens", so ist ein Eigentümerbeschluß, der dem betreffenden Wohnungseigentümer die Kosten der Instandsetzung auferlegt, gültig.

3. Unter "Glasschaden" ist auch das Trüb- oder Blindwerden von Isolierglas zu verstehen.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Eigentümer einer Wohnanlage. Der weitere Beteiligte ist der Verwalter.

Die als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragene Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) – GO – beschreibt in § 3 den Gegenstand des Sondereigentums. Nach § 3 Abs. 1 Buchst. d GO gehören dazu die Innentüren der im Sondereigentum stehenden Räume und bei Doppelfenstern die Innenfenster. § 8 GO ist überschrieben mit „Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums”.

In § 8 Abs. 1 GO heißt es u.a.:

Die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster und anderer Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand erforderlich sind, sowie von Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, obliegen, wenn sie sich im Bereich der dem Sondereigentum unterliegenden Räume befinden, dem Wohnungseigentümer insoweit, als sie infolge unsachgemäßer Behandlung durch den Wohnungseigentümer, seine Angehörigen oder Personen, denen er die Wohnung oder einzelne Räume überlassen hat, nötig werden; das gilt auch für Wohnungsabschlußtüren (Außentüren). Die Behebung von Glasschäden an Fenstern und Türen im Bereich der dem Sondereigentum unterliegenden Räume obliegt jedoch ohne Rücksicht auf Ursache des Schadens dem Wohnungseigentümer.

In der Eigentümerversammlung vom 22.7.1992, an der alle Eigentümer teilnahmen, faßten sie den Beschluß, blind gewordenen Isolierglasscheiben in den Wohnungen nach Vorlage mehrerer Angebote zu erneuern. In der Wohnung des Antragstellers sowie der Wohnung der Antragsgegner zu 1 und 2 wurden sodann derartige Fensterscheiben ausgewechselt. Der Kostenaufwand betrug 4 233,50 DM für die Wohnung des Antragstellers und 458,16 DM für die Wohnung der Antragsgegner zu 1 und 2. Am 20.9.1993 faßten die Eigentümer in der Eigentümerversammlung mit Stimmenmehrheit folgenden Beschluß:

Die Kosten für den Ersatz blinder Isolierglasscheiben gehen lt. der Urkunde … § 8 Abs. 1 letzter Satz:

„Die Behebung von Glasschäden an Fenstern und Türen im Bereich der dem Sondereigentum unterliegenden Räume obliegt jedoch ohne Rücksicht auf Ursache des Schadens dem Wohnungseigentümer,” zu Lasten der betroffenen Wohnungseigentümer.

Der Antragsteller hat beantragt, den Eigentümerbeschluß vom 20.9.1993 für ungültig zu erklären. Er macht geltend, die Isolierglasscheiben gehörten zu den Außenfenstern und seien damit gemeinschaftliches Eigentum. Schäden an diesen Scheiben seien nicht durch unsachgemäße Behandlung entstanden. Blind gewordene Scheiben seien kein Glasschaden im Sinne des § 8 Abs. 1 letzter Satz GO, so daß die Wohnungseigentümergemeinschaft die Kosten der Erneuerung der Außenscheiben zu tragen habe. Da die Wohnungseigentümer am 3.8.1992 (richtig: 22.7.1992) beschlossen hätten, die blind gewordenen Isolierglasscheiben zu erneuern, habe kein Zweifel daran bestanden, daß auch die hierdurch entstehenden Kosten von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer getragen werde.

Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 10.2.1994 dem Antrag des Antragstellers stattgegeben. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zu 3 – 7 hat das Landgericht den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag des Antragstellers abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers, mit der er ergänzend ausführt, der Eigentümerbeschluß vom 20.9.1993 stelle im Hinblick auf den in der Eigentümerversammlung vom 22.7.1992 gefaßten Beschluß ein widersprüchliches Verhalten (Venire contra factum proprium) dar. Ihm sei die Entscheidung über das „Ob” und „Wie” der Auswechslung der Fensterscheiben entzogen worden. Im Bereich seiner Wohnung sei eine Auswechslung auch nicht unbedingt erforderlich gewesen, da nur eine leichte Trübung der Scheiben vorgelegen habe. Eine Instandsetzung getrübter Isolierglasscheiben könne nicht nur durch einen Austausch der Scheiben, sondern auch durch preiswertere Maßnahmen, insbesondere ein Anbohren, erfolgen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründ...

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