Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde, Leistungen, Auslegung, Auskunft, Vollstreckungstitel, Staatsanwaltschaft, Frist, Steuerberater, Gesellschaft, Zwangsvollstreckung, Festsetzung, Umfang, Zwangsgeld, Vollstreckung, sofortige Beschwerde, Vorlage von Belegen, sofortigen Beschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung und Bestimmtheit eines Vollstreckungstitels nach §§ 51a, 51b GmbHG.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 09.07.2020; Aktenzeichen 5 HK O 15667/17)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 9. Juli 2020 aufgehoben.

2. Der Antrag der Gläubigerin auf Verhängung eines Zwangsgelds vom 4. März 2020 wird zurückgewiesen.

3. Die Gläubigerin hat die Kosten des Vollstreckungsverfahrens zu tragen.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Schuldnerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen Zwangsmittel, die gegen sie zur Vollstreckung eines Beschlusses nach §§ 51a, 51b GmbHG festgesetzt worden sind.

Mit an das Landgericht München I gerichtetem Antrag vom 27. Oktober 2017 hat die Geschäftsführerin der Gläubigerin als damalige Gesellschafterin der Schuldnerin gegen diese Ansprüche gemäß §§ 51a, 51b GmbHG geltend gemacht. Sie habe die Schuldnerin mit Schreiben vom 17. Oktober 2017, Anlage K 2, auffordern lassen, ihr Einsicht in sämtliche Bücher und Schriften zu gewähren. Ihr stehe ein umfassendes Informationsrecht bezüglich aller Angelegenheiten der Schuldnerin zu. Gemäß § 51a GmbHG hätten die Geschäftsführer der Schuldnerin jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und Einsicht in die Bücher zu gestatten. Das Auskunftsrecht erstrecke sich auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft. Der Begriff sei weit zu verstehen, habe kaum begrenzenden Charakter und schließe nur persönliche Angelegenheiten des Geschäftsführers aus. Gründe, die Einsichts- und Auskunftsrechte zu verweigern, seien nicht ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 5. März 2018 hat sie vorgetragen, dass sich ihr Einsichtsrecht nicht auf Buchhaltungsunterlagen beschränke, sondern auf alle Bücher und Schriften der Schuldnerin erstrecke. Bücher seien in diesem Kontext Handelsbücher im Sinne des Handelsgesetzbuches, unabhängig von der Art des Informationsträgers, d. h. auch elektronisch gespeicherte Daten. Schriften seien die ebenfalls im Handelsgesetzbuch genannten Unterlagen sowie alle sonstigen vorhandenen Unterlagen und Aufzeichnungen. Sie habe das Recht, in derartige Bücher und Schriften Einsicht zu nehmen.

Nachdem die Gläubigerin die Gesellschaftsanteile ihrer Geschäftsführerin nach Anhängigkeit des Verfahrens erworben hatte, ist der Antrag von der Gläubigerin im Wege eines Parteiwechsels auf Antragstellerseite weiterverfolgt worden.

Mit Beschluss des Landgerichts vom 9. August 2018 - Ziffer I des Tenors - ist aufgrund eines Anerkenntnisses der Schuldnerin - antragsgemäß - festgestellt worden, dass diese verpflichtet ist, Auskunft zu erteilen über

1. Umfang und Bewertung der im Jahresabschluss auszuweisenden/ausgewiesenen unfertigen Leistungen und unfertigen Erzeugnisse durch Vorlage von Bestandsnachweisen und Erläuterungen zur Bewertung

2. über Art, Umfang, Höhe und Bilanzansatz der Forderungen und sonstigen Vermögensgegenstände unter Vorlage von Nachweisen und Belegen

3. über Art, Umfang und Höhe der Rechnungsabgrenzungsposten unter Vorlage von Bestandsnachweisen und Erläuterungen zur Bewertung

4. über Art, Umfang und Angaben zur Bewertung der vorgenommenen Rückstellungen und Erläuterungen der Bilanzansätze unter Vorlage von Nachweisen und Belegen, sowie über die mögliche Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen

5. über Art, Umfang, Höhe und Bilanzansatz der Verbindlichkeiten unter Vorlage von Nachweisen und Belegen durch Einsichtnahme in die Handelsbücher und sonstigen Papiere, Vertrag, Korrespondenz und Aktenvermerken (Anmerkung des Senats: Der Antrag nach § 51b GmbHG lautete nicht auf "Vertrag", sondern auf "Verträge").

In der Begründung der Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, die frühere Gesellschafterin der Schuldnerin habe der Schuldnerin mit Schreiben ihrer Anwälte vom 17. Oktober 2017 unter anderem Folgendes mitgeteilt (ASt 12) (Anmerkung des Senats: Gemeint ist die Anlage K 2):

"Sehr geehrte Damen und Herren,

...

Gegenstand unserer Mandatierung ist die Wahrnehmung von Informations- und Kontrollrechten unserer Mandantin.

In diesem Zusammenhang haben wir sie aufzufordern, uns bis zur Einsicht in sämtliche Bücher und Schriften der Gesellschaft zu gewähren, wobei wir darauf hinweisen, dass sich unsere Mandantin zur Verwirklichung ihrer Rechte eines zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten bedienen wird" (Bl. 29 d. A.).

Die Aufforderung zur Einsichtnahme in die Buchhaltung nebst allen Geschäftsunterlagen sei auch mit E-Mail vom 16. Januar 2018 (Anlage B 1) gefordert worden.

Die Entscheidung über den Auskunftsanspruch beruhe auf dem Anerkenntnis der Schuldnerin.

In der Kostenentscheidung ist...

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