Leitsatz (amtlich)

Im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG ist bei einer nur einseitigen Erledigungserklärung das Gericht zur Prüfung verpflichtet, ob die Erledigung der Hauptsache eingetreten ist. Der Vollzug der durch Justizverwaltungsakt bewilligten Akteneinsicht führt zur Erledigung der Hauptsache, da er keine fortdauernden rechtlichen Wirkungen erzeugt und der durch die Kenntnisnahme vom Akteninhalt bewirkte tatsächliche Zustand auch nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

 

Tenor

1. Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt.

2. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers aus der Staatskasse wird nicht angeordnet.

 

Gründe

I. Der Antragsteller erlitt am 1. Juni 2021 einen Verkehrsunfall und verklagte den Haftpflichtversicherer des unfallverursachenden Fahrzeugs auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Klage wurde durch Urteil des Landgerichts Augsburg vom 21. Dezember 2018, Az. xx, bestätigt durch Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 30. Januar 2020, Az. xx, rechtskräftig abgewiesen. Der hiesige Antragsteller und dortige Kläger habe die haftungsbegründende Kausalität des Unfalls für die behaupteten Verletzungen nicht nachgewiesen. Das Ereignis war für den Antragsteller ein Arbeitsunfall.

Mit Schriftsatz vom 31. August 2023 hat die weitere Beteiligte Einsicht in die Verfahrensakte des Landgerichts Augsburg begehrt. Der Antragsteller mache in einem weiteren Verfahren vor dem Landgericht Augsburg, Az. xx, gegen die weitere Beteiligte Ansprüche aus einer behaupteten ärztlichen Fehlbehandlung der Unfallverletzungen geltend. Dabei stütze sich der Antragsteller auch auf Tatsachenbehauptungen zum Unfallhergang, die im vorangegangenen Verfahren bereits streitgegenständlich gewesen seien. Der Unfall, die erlittenen Verletzungen sowie die aufgrund des Unfalls erfolgte ärztliche Heilbehandlung stünden in engem tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang, wobei grundsätzlich sogar eine gesamtschuldnerische Haftung der weiteren Beteiligten und des Haftpflichtversicherers nicht völlig ausgeschlossen sei. Der Antragsteller hat sich der Akteneinsicht widersetzt. Es handle sich um eine unzulässige Ausforschung. Mit "Verfügung" vom 13. Oktober 2023, dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 17. Oktober 2023, hat das Landgericht die Akteneinsicht bewilligt. Ein rechtliches Interesse der weiteren Beteiligten nach § 299 Abs. 2 ZPO liege vor. Die Ansprüche des Antragstellers auf Schadensersatz hinsichtlich der durch den Unfall erlittenen Verletzungen und die Ansprüche auf Schadensersatz bezüglich der aufgrund des Unfalls erfolgten Heilbehandlung stünden in einem rechtlichen Zusammenhang. Die weitere Beteiligte mache ferner geltend, dass sie in dem neuen Verfahren vor dem Landgericht Augsburg verklagt sei. Die Akteneinsicht werde daher zur Abwehr der dortigen Ansprüche benötigt. Im Ergebnis übe das Gericht sein Ermessen dahingehend aus, dass die Akteneinsicht genehmigt werde. Gezeichnet ist die Verfügung "i.A." durch den Vorsitzenden der x. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg. Mit Verfügung vom 28. November 2023 hat das Landgericht angeordnet, die Aktensicht auszuführen, da bislang keine Beschwerde zur Akte gelangt sei.

Mit Schriftsatz vom 15. November 2023, beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangen am 16. November 2023, hat der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG gestellt und beantragt, die Verfügung des Landgerichts Augsburg vom 13. Oktober 2023 aufzuheben sowie den Akteneinsichtsantrag zurückzuweisen. Die weitere Beteiligte habe kein rechtliches, sondern allenfalls ein wirtschaftliches Interesse an der Akteneinsicht. Eine Gesamtschuld mit dem Haftpflichtversicherer komme nicht in Frage, da das Verfahren gegen diesen bereits abgeschlossen und für etwaige Rückgriffs- oder Gesamtschuldnerausgleichansprüche es keine Rechtsgrundlage gebe bzw. diese verjährt seien. Zudem berufe sich der Antragsteller auf Datenschutz.

Auf Nachfrage des Senats hat die weitere Beteiligte mit Schriftsatz vom 9. Januar 2024 mitgeteilt, dass sie die beantragte Akteneinsicht zwischenzeitlich erhalten habe.

Der Antragsteller hat daraufhin die Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner aufzuerlegen. Zur Begründung der Kostentragungspflicht werde auf den Schriftsatz vom 15. November 2023 verwiesen.

Der Antragsgegner hat zuletzt beantragt festzustellen, dass das Verfahren in der Hauptsache erledigt sei, und keine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers aus der Staatskasse anzuordnen. Der Antrag habe keine Aussicht auf Erfolg gehabt; insbesondere liege kein offensichtlich oder grob fehlerhaftes oder willkürliches Verhalten vor.

Die weitere Beteiligte hat mit Schriftsatz vom 26. Januar 2024 ausgeführt, eine Stellungnahme zur Erledigterklärung erscheine nicht angezeigt.

II. Das Verfahren hat sich durch den Vollzug der Akteneinsicht in der Hauptsache erledigt, so dass nur noch über die Kostenfrage zu befinden ist.

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