Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassung des Betriebs einer Mobilfunk-Sendeanlage

 

Verfahrensgang

LG Aschaffenburg (Beschluss vom 28.05.2001; Aktenzeichen 4 T 12/01)

AG Obernburg a.M. (Aktenzeichen UR II 2/00)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Landgerichts Aschaffenburg vom 28. Mai 2001 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Im Grundbuch sind der Antragsteller zu 1/2 sowie der Antragsgegner und eine weitere Person je zu 1/4 als Miteigentümer eines bebauten Grundstücks eingetragen. Gemäß der notariellen Teilungserklärung vom 3.8.1998 vereinbarten die Grundstückseigentümer nach Zusammenlegung der Miteigentumsanteile zu 1/4 die Aufteilung ihres Grundbesitzes in Wohnungseigentum, wonach mit dem Miteigentumsanteil zu 1/2 des Antragstellers das Sondereigentum an den Räumen im von der Straße aus gesehen rechten Gebäudeteil (Raumeigentum II), mit dem Miteigentumsanteil zu 1/2 des Antragsgegners und der weiteren Eigentümerin das Sondereigentum an den Räumen im linken Gebäudeteil (Raumeigentum I) verbunden wird. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein älteres Bauwerk, das früher als Schreinerei genutzt wurde. Im vorgesehenen Sondernutzungsbereich des Antragsgegners befindet sich an der von der Straße aus gesehen linken Grundstücksgrenze ein höherer Kamin.

Nach der zugleich mit der Teilungserklärung vereinbarten Gemeinschaftsordnung (GO; Abschnitt II. der notariellen Urkunde) ist das Wohnungseigentum so zu nutzen, daß weder einem anderen Miteigentümer noch den Mitbewohnern über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst (Nr. 4, 2. Abs.). Die Ausübung der Sondernutzungsrechte ist den Beschränkungen des § 14 WEG unterworfen (Nr. 3. b). Darüber hinaus ist festgelegt, daß jeder Raumeigentümer berechtigt ist, im Bereich seines Sondereigentums sowie im Bereich des seinem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gemeinschaftseigentums bauliche Veränderungen vorzunehmen sowie Reklameeinrichtungen und Antennen anzubringen (Nr. 5, 3. Abs.). Auch ist jeder Raumeigentümer berechtigt sein Raumeigentum sowohl für Wohnzwecke als auch gewerblich zu nutzen, insbesondere das Raumeigentum I als Weinlager und Weinverkauf und das Raumeigentum II für die Holz-, Metall- und Glasverarbeitung im Möbelbereich; eine weitere gewerbliche Nutzung ist zulässig, soweit sie mit den gesetzlichen Vorschriften in dem Gebiet in Einklang steht und nicht durch Immissionen die Interessen des jeweiligen anderen Raumeigentümers unzumutbar beeinträchtigt werden (Nr. 11.). Schließlich hat jeder Sondernutzungsberechtigte das Recht, die seinem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gebäudeteile allein zu verwalten (Nr. 9.); die Raumeinheiten werden als in sich abgeschlossene Hausteile hinsichtlich laufender Kosten und Lasten grundsätzlich getrennt behandelt (Nr. 7.).

Der grundbuchmäßige Vollzug der Teilungserklärung steht noch aus.

Am 12.7.1999 schloß der Antragsgegner mit einem Mobilfunkunternehmen einen Vertrag über die Errichtung einer Sendeanlage ab. Daraufhin brachte das Unternehmen an dem Kamin im Sondernutzungsbereich des Antragsgegners eine Sendeanlage an. Der Antragsteller hat im Verfahren vor dem Wohnungseigentumsgericht erfolglos beantragt, deren Betrieb zu untersagen. Gegen den abweisenden Beschluß des Amtsgerichts vom 20.12.2000 hat er sofortige Beschwerde eingelegt, die mit Beschluß des Landgerichts vom 28.5.2001 zurückgewiesen worden ist. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Antragsteller habe gegenüber dem Antragsgegner keinen Anspruch darauf, daß der Betrieb der Sendeanlage unterbleibt. Die Beteiligten seien aufgrund der Teilungserklärung vom 3.8.1998 bereits schuldrechtlich gebunden. Wirtschaftlich hätten sie die Stellung von Wohnungseigentümern und bildeten eine faktische Wohnungseigentümergemeinschaft. Das Rechtsverhältnis sei nach den Vorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Wohnungseigentumsgesetzes zu beurteilen. Der Antragsgegner habe von seinem zukünftigen Wohnungseigentum in zulässiger Weise Gebrauch gemacht. Nach der Gemeinschaftsordnung werde das Anwesen zwar formal in Wohnungseigentum aufgeteilt, faktisch aber werde beiden Beteiligten eine selbständige Eigentümerstellung verschafft, so daß ein Prüfungsmaßstab ähnlich dem eines nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses gegeben sei. Die Gemeinschaftsordnung bestimme ausdrücklich, daß Gesichtspunkte baulicher Veränderungen und damit der optischen Umgestaltung des Sondereigentums dem Mitwirkungserfordernis des anderen Wohnungseigentümers entzog...

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