Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: WEG-Bestimmungen bei faktischer Gemeinschaft sowie Abberufungsbegehren eines einzelnen Eigentümers gegen den Verwalter sowie wichtiger Grund für Abberufung des Verwalters wegen "Doppelverwaltung"

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 29.01.1997; Aktenzeichen 14 T 9292/96)

AG Fürth (Bayern) (Entscheidung vom 17.09.1996; Aktenzeichen 4 UR II 67/96)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. Januar 1997 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren und für das Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 20 000 DM, der Geschäftswert für das Verfahren vor dem Amtsgericht bis zur Zurücknahme der Anträge II und III auf 36 380 DM, danach auf 20 000 DM festgesetzt. Die Nummer III des Beschlusses des Amtsgerichts Fürth (Bay.) vom 17. September 1996 und die Nummer IV des Beschlusses des Landgerichts werden entsprechend abgeändert.

 

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, errichtete eine Wohnanlage und teilte das Grundstück gemäß § 8 WEG in Wohnungs- und Teileigentum auf. Antragsteller und weitere Beteiligte sind die durch Vormerkung gesicherten Käufer von Eigentumswohnungen; der Besitz an den Wohnungen und Stellplätzen ist auf sie übergegangen. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin ist noch kein Erwerber als Eigentümer im Wohnungsgrundbuch eingetragen; die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher sind inzwischen angelegt.

Die Antragsgegnerin bestellte sich aufgrund einer Ermächtigung in der Teilungserklärung vom 5.5.1993 zur ersten Verwalterin der Gemeinschaft für die Zeit vom 1.3.1994 bis zum 28.2.1999. Am 21.8.1995 schloß sie eine „Verwaltungsvereinbarung” mit der Firma P Hausverwaltungs-GmbH über die gemeinsame Verwaltung der Wohnanlage; in der Vereinbarung sind die von der Firma P zu übernehmenden Verwaltertätigkeiten im einzelnen aufgeführt.

Gegenstand der Versammlung vom 23.4.1996, zu der die Geschäftsführerin der Firma P „im Auftrag der Antragsgegnerin” einlud und die sie auch leitete, war unter anderem der Tagesordnungspunkt „Verwaltungswechsel” (TOP 6). Nach der auch vom Antragsteller als Mitglied des Verwaltungsbeirats unterzeichneten Versammlungsniederschrift wurde über die Abwahl der Antragsgegnerin und die Abstimmung darüber gesprochen; eine solche fand aber nach dem Inhalt der Versammlungsniederschrift nicht statt.

Zuvor schon hatten die Wohnungseigentümer zu TOP 2 die Abrechnung 1995 einstimmig gebilligt; der zu TOP 3 „nach Genehmigung der Abrechnung” gestellte Antrag, die Hausverwaltung sowie den Verwaltungsbeirat zu entlasten, wurde gleichfalls einstimmig angenommen.

Der Antragsteller hat beim Wohnungseigentumsgericht beantragt festzustellen, daß die Antragsgegnerin nicht mehr Verwalterin der Wohnanlage sei; er hat vorgetragen, daß sie in der Versammlung mit Stimmenmehrheit abberufen worden und daß die Versammlungsniederschrift insoweit unvollständig sei. Hilfsweise hat er beantragt, die Antragsgegnerin als Verwalterin durch gerichtliche Entscheidung abzuberufen. Zwei weitere Anträge (Nrn. II und III) hat er wieder zurückgenommen.

Das Amtsgericht hat die Anträge mit Beschluß vom 17.9.1996 abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht diese Entscheidung mit Beschluß vom 29.1.1997 abgeändert; es hat die Antragsgegnerin auf den Hilfsantrag des Antragstellers hin als Verwalterin der Wohnanlage abberufen. Die Antragsgegnerin hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist nicht begründet.

1. Der Antragsteller ist gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG antragsberechtigt, auch wenn er nicht als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen ist; der Rechtsweg zu den Wohnungseigentumsgerichten ist gegeben.

a) (1) Nach dem Sachvortrag der Beteiligten ist davon auszugehen, daß von den Käufern von Eigentumswohnungen noch keiner in das Grundbuch eingetragen worden, daß die Antragsgegnerin vielmehr noch Eigentümerin aller durch die Teilung begründeten Einheiten ist. Die Gemeinschaft ist damit noch nicht „rechtlich in Vollzug gesetzt”; es handelt sich noch um eine „werdende Wohnungseigentümergemeinschaft” oder „faktische Gemeinschaft”. Auf diese sind die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes, auch die verfahrensrechtlichen, entsprechend anzuwenden (vgl. BayObLGZ 1990, 101 ff.; 1991, 150/152; BayObLG WE 1992, 27; OLG Frankfurt DWE 1993, 77; Röll DNotZ 1993, 215/219). Ob die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft erst entsteht, wenn die Wohnungsgrundbücher angelegt sind (so OLG Hamm DNotZ 1968, 489; KG NJW-RR 1986, 1274; Palandt/Bassenge BGB 56. Aufl. Rn. 6 vor § 1 WE; a.A. Weitnauer/Lüke 7. Aufl. § 10 Rn. 3; offengelassen in BayObLGZ 1990, 101/102 f.; 1991, 150/152), kann auch diesmal offen bleiben; de...

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