Leitsatz (amtlich)

1. Die Versammlung der Wohnungseigentümer ist nicht öffentlich. Diesem Grundsatz widerspricht es nicht, wenn der Verwalter im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu bestimmten Tagesordnungspunkten Berater (z.B. Rechtsanwälte oder Architekten) zur Meinungsbildung heranzieht, solange nicht ein konkreter Interessengegensatz zwischen einem einzelnen Wohnungseigentümer und der Gesamtheit der übrigen Wohnungseigentümer hervorgetreten ist. Die beabsichtigte Heranziehung solcher außenstehender Berater braucht in der Ladung zur Eigentümerversammlung nicht angekündigt zu werden.

2. Inhalt und Ordnungsmäßigkeit eines Eigentümerbeschlusses, der den Verwalter dazu ermächtigt, die Beseitigung eines von einem Wohnungseigentümer errichteten Wintergartens durchzusetzen.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 22.09.2003; Aktenzeichen 1 T 2164/00)

AG München (Aktenzeichen 482 UR II 227/99)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des LG München I vom 22.9.2003 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben samtverbindlich die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teilerbbauberechtigten (im Folgenden: Wohnungseigentümer) einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Den Antragstellern gehört eine Eigentumswohnung mit vorgelagerter Terrasse. Auf dieser errichteten sie einen Wintergarten.

Mit Schreiben vom 9.2.1999 lud die weitere Beteiligte die Wohnungseigentümer zur Eigentümerversammlung am 10.3.1999 ein, das zu Tagesordnungspunkt 5 den Antrag der Antragsteller "auf eine nachträgliche Genehmigung einer bereits durchgeführten baulichen Veränderung (bewohnbarer Wintergarten) vor ihrer Wohnung ... ersatzweise Diskussion und ggf. Beschlussfassung zur Entfernung des oben genannten Bauwerkes" enthielt. Zur Beratung dieses Punktes war nach einer Absprache zwischen der weiteren Beteiligten und dem Verwaltungsbeirat Rechtsanwalt Dr. P. zur Darstellung der Rechtslage beigezogen. Nach einer Aussprache lehnten die Wohnungseigentümer den Antrag der Antragsteller, die vorgenommenen Veränderungen am Sondereigentum ihrer Terrasse zu dulden, mehrheitlich ab. Anschließend fassten die Wohnungseigentümer folgenden Beschluss:

Die Miteigentümer Herr und Frau L. (Antragsteller) haben den Wintergarten ... auf der ihrer Wohnung vorgelagerten Terrasse bis zum 30.6.1999 zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Die Hausverwaltung wird beauftragt und bevollmächtigt, die Miteigentümer L. zur Beseitigung innerhalb der genannten Frist aufzufordern und nach Fristablauf die Beseitigung und Wiederherstellung namens der Gemeinschaft gerichtlich geltend zu machen und dazu einem Rechtsanwalt Prozessvollmacht zu erteilen.

Die Antragsteller haben diesen Eigentümerbeschluss fristgerecht beim AG angefochten. Ihren Antrag hat das AG mit Beschluss vom 17.1.2000 abgewiesen. Das LG hat die sofortige Beschwerde der Antragsteller am 22.9.2003 zurückgewiesen. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsteller den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses weiter.

II. Das zulässige Rechtsmittel bleibt erfolglos.

1. Das LG hat ausgeführt:

Der Beschluss sei formell ordnungsgemäß gefasst worden, insb. liege kein Verstoß gegen den Grundsatz vor, dass Eigentümerversammlungen nicht öffentlich sind. Der anwesende Rechtsanwalt sei mit einem Sachverständigen vergleichbar, der einen Teil der Wohnungseigentümer berate. Es sei auch nicht erforderlich, dem betroffenen Wohnungseigentümer vorab mitzuteilen, dass ein Rechtsanwalt oder ein sonstiger Sachverständiger zugezogen werde. Jedenfalls aber hätte der anwesende Antragsteller bereits in der Versammlung die Anwesenheit des Rechtsanwalts rügen und eine Beschlussfassung der Versammlung über die Zulassung des Rechtsanwalts herbeiführen müssen. Es sei treuwidrig, sich zunächst rügelos auf die Teilnahme des Dritten an der Versammlung einzulassen und dann im Nachhinein den gefassten Beschluss deswegen anzugreifen.

Der Beschluss entspreche auch ordnungsmäßiger Verwaltung. Er sei dahin auszulegen, dass er nicht selbst einen Beseitigungs- und Wiederherstellungsanspruch begründe, sondern die Wohnungseigentümer einen solchen voraussetzten und den Verwalter mit dessen Durchsetzung, ggf. unter Zuhilfenahme von Rechtsanwälten und Gerichten, beauftragten.

Ein Beseitigungsanspruch habe den Antragsgegnern damals zugestanden. Denn im Zeitpunkt der Beschlussfassung habe eine öffentlich-rechtliche Genehmigung für den Wintergartenbau noch nicht vorgelegen. Diese sei erst im November 2002 erteilt worden. Die Frage, ob die Antragsteller einen Anspruch auf erneute Beschlussfassung besessen hätten, sei an dieser Stelle nicht zu klären.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Ein Rechtsschutz...

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