Leitsatz (amtlich)

1. Erklärt eine geschäftsunfähige Betroffene, mit der eine sinnvolle Verständigung nicht mehr möglich ist, ihr Einverständnis mit einem vom Gericht vorgeschlagenen Betreuer, ohne dass zweifelsfrei klar ist, ob sie die Ausführungen des Richters überhaupt verstanden hat, liegt hierin kein eigener Betreuervorschlag der Betroffenen.

2. Liegt ein Betreuervorschlag des Betroffenen nicht vor, kann das Gericht bei der Auswahl eines Betreuers erhebliche Interessenkonflikte sowie Versuche, von einem geschäftsunfähigen Betroffenen eine Vollmacht zu erlangen, als Eignungsmangel berücksichtigen.

3. Zur Vermeidung von innerfamiliären Konflikten kann zum Wohl eines Betroffenen für einen abgegrenzten Bereich neben einem ehrenamtlichen Betreuer ein weiterer Berufsbetreuer bestellt werden.

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 23.10.2003; Aktenzeichen 13 T 8823/03)

AG Erlangen (Aktenzeichen XVII 196/03)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 23.10.2003 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Für die Betroffene ist seit 23.7.2003 eine ihrer Töchter zur Betreuerin für alle Angelegenheiten bestellt, mit Ausnahme des Aufgabenkreises Abschluss einer Pflegevereinbarung und Vertretung hinsichtlich des Übergabevertrages vom 18.8.1983 einschließlich der Postkontrolle auf diesen Gebieten, für welchen eine Berufsbetreuerin bestellt ist. Die Betroffene lebt bei einer weiteren Tochter, von welcher sie tatsächlich gepflegt wird. Dem weiteren Beteiligten, ihrem Sohn, hat sie in einem Übergabevertrag vom 18.8.1983 ihr landwirtschaftliches Anwesen übergeben. Im Übergabevertrag ist als Gegenleistung für die Übergabe ein lebenslängliches Leibgeding zugunsten der Betroffenen vereinbart. Ihr Sohn war zunächst am 12.2.2003 vom AG anlässlich eines Krankenhausaufenthaltes und einer notwendigen Operation der Betroffenen im Wege einer einstweiligen Anordnung zum vorläufigen Betreuer bestellt worden für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge einschließlich der insoweit notwendigen Aufenthaltsbestimmung. Am 4.9.2003 unterzeichnete er selbst in Vertretung der Betroffenen eine auf ihn ausgestellte General- und Vorsorgevollmacht.

Die gegen den Beschluss des AG vom 23.7.2003 eingelegte Beschwerde des Sohnes richtete sich gegen die Bestellung seiner Schwester zur Betreuerin sowie gegen die Bestellung einer weiteren Berufsbetreuerin für den Aufgabenkreis Abschluss einer Pflegevereinbarung und Vertretung hinsichtlich des Übergabevertrages. Diese Beschwerde hat das LG am 23.10.2003 zurückgewiesen.

Mit seiner weiteren Beschwerde will der Sohn nun die Aufhebung der Beschlüsse des LG und des AG erreichen.

II.1.a) Die weitere Beschwerde ist insoweit unzulässig, als sich der Sohn gegen die Einrichtung einer Betreuung für die Betroffene als solche wendet. Die Erstbeschwerde gegen den Beschluss des AG war auf die Auswahl seiner Schwester zur Betreuerin beschränkt sowie auf die Bestellung einer weiteren Betreuerin für den Aufgabenkreis Vertretung hinsichtlich des Übergabevertrages sowie Abschluss einer Pflegevereinbarung und die Bestellung einer Berufsbetreuerin für diesen Aufgabenkreis. Die Bestellung eines Betreuers als solche ist durch den Sohn mit der Erstbeschwerde nicht angegriffen worden wie sich aus seiner Erklärung im Schriftsatz vom 8.9.2003 ergibt. Dementsprechend hat das LG hierüber auch nicht entschieden. Gegenstand der weiteren Beschwerde kann aber nur ein Verfahrensgegenstand sein, über den in der Vorinstanz entschieden worden ist; eine Erweiterung der Beschwerde im Rechtsbeschwerdeverfahren ist nicht möglich (vgl. BayObLG BayObLGZ 1963, 105 [106]; Keidel/Meyer/Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 3).

b) Im Übrigen ist die weitere Beschwerde zulässig, aber nicht begründet. Die Entscheidung des LG ist in rechtlicher Hinsicht im Ergebnis nicht zu beanstanden.

2. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Es könne dahin stehen, ob die Betroffene im Hinblick auf ihren Zustand überhaupt noch bewusst zum Ausdruck bringen könne, wen sie als Betreuer haben wolle. Die Bestellung des Sohnes zum Betreuer würde den Interessen der Betroffenen jedenfalls massiv zuwider laufen. Hinsichtlich des der Berufsbetreuerin übertragenen Aufgabenkreises komme seine Bestellung schon deshalb nicht in Betracht, weil er aufgrund eines Interessenkonfliktes ausgeschlossen sei. Die Betroffene habe aus einem Übergabevertrag umfangreiche Rechte ggü. dem Sohn, insb. auf Zahlung einer Geldentschädigung anstelle des ihr eingeräumten Wohnungs- und Benützungsrechtes. Bezüglich des der Tochter übertragenen Aufgabenkreises sei er ungeeignet. Er selbst habe ggü. der Betreuungsstelle eingeräumt, dass er sich aus Zeitmangel um schriftliche Dinge wenig kümmere. Vor allem aber zeige sein Verhalten bei der Abfassung der Vorsorge- und Generalvollmacht, dass es ihm nicht um das Wohl der Betroffenen, sondern um sein eigenes finanzielles Wohl gehe. Die b...

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