Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Vergütungsfestsetzungsverfahren kann auch der Richter die sofortige Beschwerde zulassen.

2. Allein die Tatsache, daß ein zum Betreuer eines vermögenden Betroffenen bestellter Rechtsanwalt zur Prüfung der Sach- und Rechtslage sich in eine Vorschrift (hier Art. 18 AGBGB) einarbeiten muß, rechtfertigt noch nicht die Überschreitung der Stundensätze des § 1 Abs. 1 BVormVG.

 

Normenkette

RPflG § 11 Abs. 1; FGG § 56g Abs. 5 S. 1; BGB § 1836 Abs. 2 S. 2; BVormVG § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Schweinfurt (Aktenzeichen 11 T 256/99)

AG Schweinfurt (Aktenzeichen XVII 186/98)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Schweinfurt vom 19. Oktober 1999 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Mit Beschluß vom 23.12.1998 bestellte das Amtsgericht für die Betroffene einen Rechtsanwalt zum Ergänzungsbetreuer mit dem Aufgabenkreis Vertretung bei der Geltendmachung von Ansprüchen zur Abgeltung eines auf einem Leibgeding beruhenden Wohnrechts (Art. 18 AGBGB). Entgegen dem Antrag dieses Betreuers, seine ab 1.1.1999 geleistete Tätigkeit mit einem Stundensatz von 100 DM einschließlich Mehrwertsteuer zu vergüten, legte das Amtsgericht im Beschluß vom 1.9.1999 der Festsetzung der aus dem Vermögen der Betroffenen zu erbringenden Vergütung einen Stundensatz von lediglich 60 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zugrunde. Der gegen diese Entscheidung des Rechtspflegers eingelegten Erinnerung des Ergänzungsbetreuers vom 15.9.1999 gab der Richter nicht statt, ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Beschwerde zu und legte die Akten dem Landgericht zur Entscheidung vor. Dieses hat die Erinnerung als sofortige Beschwerde behandelt und mit Beschluß vom 19.10.1999 zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Ergänzungsbetreuer mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige, insbesondere vom Landgericht zugelassene (§ 56g Abs. 5 Satz 2 FGG) Rechtsmittel ist zurückzuweisen.

1. Die Begründung der Beschwerdeentscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Landgerichts bemißt sich die Vergütung des Berufsbetreuers eines vermögenden Betreuten nicht zwingend nach den Stundensätzen des § 1 Abs. 1 BVormVG (BGH Beschluß vom 31.8.2000 Az. XII ZB 217/99).

2. Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig.

a) Das Landgericht hat zu Recht das Rechtsmittel des Ergänzungsbetreuers als statthafte sofortige Beschwerde behandelt und hierüber in der Sache entschieden.

Gegen die Entscheidung des Rechtspflegers war zunächst nur die befristete Erinnerung gegeben (§ 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG), da der Wert des Beschwerdegegenstands 300 DM nicht überstieg und der Rechtspfleger die sofortige Beschwerde nicht zugelassen hatte (§ 56g Abs. 5 Satz 1 FGG). Der Rechtspfleger hatte der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Richter vorgelegt. Damit war die Entscheidung des Rechtspflegers durch den Richter in vollem Umfang nachzuprüfen. Prüfungsgegenstand war auch die Frage, ob die Sache grundsätzliche Bedeutung hatte und daher die Beschwerde zum Landgericht zuzulassen war (vgl. OLG Hamm FGPrax 2000, 66), zumal der Ergänzungsbetreuer ausdrücklich die Zulassung beantragt hatte. Das Gesetz weist die Zulassungsentscheidung dem Gericht, das heißt dem Erstgericht (Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. § 56g FGG Rn. 16) zu und unterscheidet hierbei nicht zwischen Rechtspfleger und Richter. Der Richter durfte die Beschwerde daher selbst zulassen (vgl. OLG Hamm aaO; Keidel/Engelhardt FGG 14. Aufl. § 56g Rn. 28, 32).

Diese Entscheidung kann der Richter auch in der Weise treffen, daß er nachträglich die Zulassung ausspricht, dadurch die Beschwerdeinstanz eröffnet und dem bereits eingelegten Rechtsmittel den Charakter einer sofortigen Beschwerde verleiht. Solange der Richter die Sachentscheidung des Rechtspflegers nicht abändern will, wäre es eine reine Formalie zu verlangen, daß der Richter zunächst eine erneute ausdrückliche eigene Sachentscheidung trifft, darin die sofortige Beschwerde zuläßt und der Betroffene sodann gegen diese Entscheidung erneut ein Rechtsmittel einlegt.

b) In dem Beschluß vom 31.8.2000 hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, daß der vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 BVormVG getroffenen Regelung für die Vergütung von Betreuern bemittelter Betreuter Richtlinienfunktion zukomme. Die in der genannten Bestimmung für den Fall der Inanspruchnahme der Staatskasse verbindlich festgelegten Stundensätze stellten im Regelfall auch für die von Betreuern vermögender Betreuter erbrachten Leistungen ein angemessenes Entgelt dar. Überschritten werden dürften diese Stundensätze deshalb nur, wenn die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte dies im Einzelfall ausnahmsweise gebiete.

Die Zuerkennung eines höheren Stundensatzes setzt voraus, daß die Anforderungen der konkreten Betreuung, etwa wegen des vom Betreuer geforderten außergewöhnlichen, durch den Zeitaufwand nicht abgegoltenen Engagements oder wegen anderer – gemessen an der Qu...

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