Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung. Bestimmung des zuständigen Gerichts

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 27 O 22671/93)

AG München (Aktenzeichen UR II 915/93)

 

Tenor

Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die Kläger waren Wohnungseigentümer einer Wohnanlage; bei Klageerhebung waren sie es nur noch teilweise. Die Beklagte ist die Verwalterin.

Die Kläger behaupten, daß der Beklagten im Zusammenhang mit einer Dachreparatur über 40.000 DM zuviel zugeflossen seien, die ihnen zustünden.

Die Kläger haben beim Landgericht Klage mit dem Antrag eingereicht, die Beklagte zur Rückzahlung dieses Betrages und zur Rechnungslegung über das Festgeldkonto, auf dem der Betrag angelegt ist, zu verurteilen. Hilfsweise haben sie beantragt, den Rechtsstreit an das Amtsgericht (Wohnungseigentumsgericht) zu verweisen.

Das Landgericht hat am 10.11.1993 folgenden Beschluß erlassen:

Das Landgericht … erklärt sich für sachlich unzuständig und verweist den Rechtsstreit auf den Hilfsantrag der Kläger mit Einverständnis der Beklagten gemäß § 281 ZPO an das sachlich zuständige Amtsgericht …, Wohnungseigentumsgericht.

Den Beschluß hat es den Prozeßparteien formlos mitgeteilt.

Das Amtsgericht hat mit den Parteien formlos bekanntgegebenem „Vermerk” vom 19.11.1993 den Verweisungsbeschluß als grob unrichtig und deshalb als nicht bindend bezeichnet; es hat das Landgericht „ersucht”, das Verfahren in eigener Zuständigkeit weiterzuführen.

Das Landgericht hat mit Beschluß vom 29.11.1993 die Akten dem Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Das Oberlandesgericht hat die Akten an das Bayerische Oberste Landesgericht weitergeleitet.

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist als das im Rechtszug zunächst höhere Gericht zur Entscheidung des Zuständigstreits zwischen dem Landgericht als Streitgericht und dem Amtsgericht als Wohnungseigentumsgericht in entsprechender Anwendung von § 36 Nr. 6 ZPO berufen (BGH NJW 1984, 740; BayObLGZ 1990, 233).

2. Für die Bestimmung des zuständigen Gerichts fehlen die gesetzlichen Voraussetzungen.

a) Nach § 36 Nr. 6 ZPO wird das zuständige Gericht dann bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Das für eine solche Zuständigkeitsbestimmung erforderliche Gesuch (§ 37 Abs. 1 ZPO) liegt hier in der Vorlage durch das Landgericht.

b) Es fehlt an rechtskräftigen Unzuständigerklärung des Landgerichts und des Amtsgerichts.

(1) Der Abgabebeschluß des Landgerichts ist nicht rechtskräftig. Er unterliegt gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG der sofortigen Beschwerde nach § 577 ZPO, da auf das Verhältnis von Prozeßgericht und Wohnungseigentumsgericht § 17 a GVG entsprechend anzuwenden ist (BayObLG NJW-RR 1992, 597 m.w.Nachw.; KG NJW-RR 1994, 208). Daran ändert nichts, daß das Landgericht seine Abgabeentscheidung – zu Unrecht – auf § 281 ZPO und nicht auf § 46 WEG gestützt hat. Der Beschluß des Landgerichts hätte nach § 329 Abs. 3 ZPO den Parteien förmlich zugestellt werden müssen. Die formlose Mitteilung des Beschlusses am 11.11.1993 hat die Frist zur sofortigen Beschwerde nach § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht in Gang gesetzt.

Bei einem nicht verkündeten Beschluß, der nach § 329 Abs. 3 ZPO zugestellt werden müßte, aber den Parteien nur formlos mitgeteilt wurde, beginnt in entsprechender Anwendung von § 516 ZPO die Frist für die sofortige Beschwerde nach § 577 ZPO fünf Monate nach formloser Bekanntgabe (BayObLG NJW-RR 1992, 597). Diese Frist ist noch nicht abgelaufen.

(2) Es fehlt auch eine rechtskräftige Unzuständigerklärung des Amtsgerichts. Es kann offenbleiben, ob die ohne rechtliches Gehör erfolgte Aktenrückgabe an das Landgericht mit „dem Ersuchen, das Verfahren in eigener Zuständigkeit weiterzuführen”, überhaupt als Unzuständigerklärung angesehen werden kann (vgl. BGH NJW-RR 1992, 1154; BayObLG FamRZ 1981, 62 f.). Jedenfalls ist sie nicht rechtskräftig. Unterstellt, es liegt ein Beschluß des Amtsgerichts vor, mit dem es sich für unzuständig erklärt hat, so war dieser nach § 45 Abs. 1 WEG anfechtbar (BayObLG NJW-RR 1992, 597). Die Rechtsmittelfrist hat noch nicht zu laufen begonnen, weil der „Vermerk” den Parteien am 22.11.1993 nur formlos mitgeteilt worden ist.

III.

Um einem Fortgang des für die Parteien unzumutbaren Zuständigkeitsstreits vorzubeugen, wird für das weitere Verfahren bemerkt:

Wird der Abgabebeschluß des Landgerichts formell rechtskräftig, dann ist er gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 WEG für das Amtsgericht bindend. Der Beschluß ist nach Anhörung der Prozeßparteien ergangen und nicht willkürlich oder offensichtlich unrichtig (BayObLG NJW-RR 1991, 977/978). Zwar ist das Prozeßgericht zuständig, wenn Ansprüche aus dem Gemeinschaftsverhältnis von Wohnungseigentümern geltend gemacht werden, die vor Rechtshängigkeit bereits aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschieden sind (BGHZ 106, 34/36 ff.).

Für die Zuweisung einer Streitigkeit zwischen Wohnungseigentümern und Verwalter in das ...

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