Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Versammlung der Wohnungseigentümer ist nicht öffentlich. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als Berater in der Eigentümerversammlung läßt sich nicht mit berufsrechtlichen Bestimmungen rechtfertigen.

2. Werden sämtliche Beschlüsse einer Eigentümerversammlung nur aus einem bestimmten formellen Grund angefochten, braucht das Wohnungseigentumsgericht ohne ausreichende Anhaltspunkte im Sachvortrag der Beteiligten oder im übrigen Akteninhalt von sich aus keine Ermittlungen dazu anzustellen, ob die gefaßten Beschlüsse aus anderen nicht vorgebrachten Gründen ungültig sein könnten.

 

Normenkette

FGG § 12; WEG § 23 Abs. 1, § 24

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 18.02.2002; Aktenzeichen 14 T 8858/01)

AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 275/01 WEG)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. Februar 2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge auf 4.850 EUR festgesetzt. Die entgegenstehenden Geschäftswertfestsetzungen des Amtsgerichts und des Landgerichts werden entsprechend abgeändert.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner zu 1 sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der Antragsgegnerin zu 2 verwaltet wird.

Am 17.5.2001 fand eine turnusmäßige Wohnungseigentümerversammlung statt, zu der mit Schreiben vom 2.5.2001 unter Angabe der Tagesordnung eingeladen worden war. Zu Beginn der Versammlung begehrte die erschienene Antragstellerin, einen Rechtsbeistand ihres Vertrauens der Versammlung beiwohnen zu lassen. Die anwesenden Wohnungseigentümer lehnten dies mehrheitlich ab. Daraufhin verließen die Antragstellerin und ihr Rechtsbeistand die Versammlung. Die verbliebenen Wohnungseigentümer faßten sodann mehrere Beschlüsse, so zur Jahresabrechnung 2000, zur Verwalterentlastung und zum Wirtschaftsplan 2001, zur Sanierung einer Glasbausteinwand sowie zur Kündigung und zum Neuabschluß von Versicherungsverträgen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, ihr Rechtsbeistand und sie seien zu Unrecht von der Eigentümerversammlung ausgeschlossen worden. Gegen den Inhalt der zu den einzelnen Tagesordnungspunkten gefaßten Beschlüsse hat sie nichts vorgebracht. Sie hat beantragt, sämtliche in der Versammlung gefaßten Beschlüsse für ungültig zu erklären, die ordentliche Wohnungseigentümerversammlung für das Jahr 2001 nochmals durchzuführen sowie die Antragsgegner zu verpflichten, ihr die Teilnahme an der erneuten Versammlung in Begleitung einer vertrauten Person, insbesondere eines Rechtsanwalts, zu gestatten, und diesem Berater ein angemessenes Rederecht einzuräumen.

Das Amtsgericht hat am 1.10.2001 die Anträge abgewiesen, das Landgericht die sofortige Beschwerde am 18.2.2002 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Geschäftsordnungsbeschluß der Wohnungseigentümer zu Beginn der Versammlung, dem Berater der Antragstellerin die Anwesenheit zu versagen, sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden. Wohnungseigentümerversammlungen seien nicht öffentlich. Begleitpersonen, auch anwaltliche Berater, seien nur ausnahmsweise zu dulden. Das berechtigte Interesse des Wohnungseigentümers müsse im einzelnen gewichtiger sein als das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer, die Versammlung auf den Kreis der Wohnungseigentümer zu beschränken. Ein derart überwiegendes Interesse habe die Antragstellerin nicht dargetan. Weder die Person der 77-jährigen körperlich und geistig wendigen und regen Antragstellerin noch die in der Versammlung anstehenden Beratungsgegenstände hätten Veranlassung gegeben, das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer an strikter Einhaltung der Nichtöffentlichkeit hintanzustellen. Die Zerstrittenheit der Wohnungseigentümer allein begründe in aller Regel noch nicht ein berechtigtes Interesse an der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Auch berufsrechtliche Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung rechtfertigten kein anderes Ergebnis, so daß mangels anfechtbarer Beschlüsse die Versammlung nicht erneut durchgeführt werden müsse.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Versammlung der Wohnungseigentümer ist nicht öffentlich (allgemeine Meinung; BGHZ 121, 236; BayObLG WuM 1997, 568/569; Palandt/Bassenge BGB 61. Aufl. § 24 WEG Rn. 14). Ist, wie hier, durch Teilungserklärung oder Vereinbarung nichts anderes bestimmt, so sind nur die Wohnungseigentümer persönlich oder deren bevollmächtigte Vertreter (dazu Wangemann/Drasdo Die Eigentümerversammlung nach WEG 2. Aufl. Rn. 220) zur Teilnahme befugt. Die Rechtsprechung (BGHZ 121, 236) erkennt jedoch an, daß ein Wohnungsei...

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