Verfahrensgang

LG Bayreuth (Beschluss vom 02.07.1999; Aktenzeichen 15 T 61/99)

AG Bayreuth (Aktenzeichen XVII 3/97)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Bayreuth vom 2. Juli 1999 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Für die Betroffene ist ein Betreuer bestellt. Dieser ist ehemaliger Stabsoffizier mit dem Dienstgrad Oberstleutnant, führt die Betreuung gemäß Feststellung des Amtsgerichts berufsmäßig und ist der Ansicht, daß ihm aufgrund seiner Ausbildung für seine Tätigkeit ein Stundensatz von 60 DM zustehe. Entgegen seinem Antrag legte das Amtsgericht am 27.5.1999 bei der Festsetzung der ihm für seine Tätigkeit vom 1.1. bis 28.2.1999 aus der Staatskasse zu bewilligenden Vergütung lediglich den bisherigen Stundensatz von 50 DM zugrunde. Auf die sofortige Beschwerde des Betreuers erhöhte das Landgericht den Stundensatz mit Beschluß vom 2.7.1999 auf 60 DM. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Staatskasse.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig. Es ist gemäß § 29 Abs. 2 i. V. m. § 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 1 FGG statthaft und vom Landgericht zugelassen (§ 56g Abs. 5 Satz 2 FGG). Die zweiwöchige Beschwerdefrist (§ 29 Abs. 4, § 22 Abs. 1 Satz 1 FGG) hat nicht zu laufen begonnen, weil die Beschwerdeentscheidung der Staatskasse nicht zugestellt worden ist (§ 22 Abs. 1 Satz 2, § 16 Abs. 2 Satz 1 FGG).

Die sofortige weitere Beschwerde der Staatskasse bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Hat das Vormundschaftsgericht festgestellt, daß der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt, hat es ihm für seine Tätigkeit eine Vergütung zu bewilligen (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB). Ist der Betreute mittellos, kann der Betreuer Vergütung aus der Staatskasse verlangen, und zwar je nach seiner Qualifikation für jede Stunde der für die Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit 35, 45 oder 60 DM (§ 1836a BGB, § 1 Abs. 1 BVormVG).

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Dem Betreuer stehe ein Stundensatz von 60 DM zu. Er verfüge über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar seien und die er durch eine einer Hochschulausbildung vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben habe. Der Betreuer sei zuletzt Oberstleutnant und damit im höheren Dienst beschäftigt gewesen. Um die Besoldungsstufe A 14 zu erreichen, sei in der Regel eine abgeschlossene Hochschulausbildung erforderlich. Dieser sei die Ausbildung und Fortbildung des Betreuers gleichzusetzen, da sie mit einer Anzahl von Prüfungen verbunden gewesen sei und den Betreuer schließlich zum Stabsoffizier befähigt habe. Die Kenntnisse, die der Betreuer im Rahmen seiner Aus- und Weiterbildung zu seinem letzten Dienstgrad erworben habe, nämlich grundlegende Kenntnisse in der Verwaltung, im Umgang mit Behörden und – als Dienstvorgesetzter – im Umgang mit unterschiedlichsten Menschen, seien für die Führung von Betreuungen grundsätzlich nutzbar.

3. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO).

a) Maßgebliches Kriterium für die Vergütung eines Berufsbetreuers aus der Staatskasse sind dessen für die Führung der Betreuung nutzbaren besonderen Kenntnisse bzw. Fachkenntnisse (§ 1836a, § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB; zwischen den vom Gesetzgeber verwendeten Begriffen „besondere Kenntnisse” und „Fachkenntnisse” besteht kein sachlicher Unterschied – vgl. Wagenitz/Engers FamRZ 1998, 1273/1275). Sind die Fachkenntnisse des Betreuers für die Führung von Betreuungen allgemein nutzbar, wird grundsätzlich vermutet, daß sie auch für das konkrete Betreuungsverfahren nutzbar sind (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BVormVG). Zur Bestimmung des Stundensatzes hat der Gesetzgeber die Qualifikation des Betreuers verbindlich nach der Art seiner Ausbildung in einer dreistufigen Skala typisiert (BT-Drucks. 13/7158 S. 27). Der Mindeststundensatz beträgt 35 DM. Er erhöht sich auf 45 bzw. 60 DM, wenn der Betreuer seine Fachkenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre bzw. eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule erworben hat (§ 1 Satz 2 BVormVG). Um ein zu grobes Raster zu vermeiden (vgl. Barth/Wagenitz BtPrax 1996, 118/120), hat der Gesetzgeber jedoch einer abgeschlossenen Lehre bzw. Hochschulausbildung jeweils „vergleichbare” abgeschlossene Ausbildungen gleichgestellt.

Durch eine einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind die Fachkenntnisse, wenn sie im Rahmen der Ausbildung vermittelt wurden und die Ausbildung in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht sowie einen formalen Abschluß aufweist (vgl. Barth/Wagenitz BtPrax 1996, 118/120).

Fachkenntnisse in diesem Sinne sind Kenntnisse, die über das jedermann zu Gebote stehende Wissen hinausgehen (BT-Drucks. 13/7158 S. 14; Gregersen/Deinert Die Vergütung des Betreuers Anm. 6.6.7) und geeignet sind, die Geschäftsführung des Betreuers zu erleichtern.

Einer Hochschulausbildung gleichwertig ist eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich...

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