Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftliches Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Auslegung der Wechselbezüglichkeit von letztwilligen Verfügungen im Rahmen eines gemeinschafltichen Testaments.

 

Normenkette

BGB §§ 2091, 2270 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Deggendorf (Beschluss vom 17.04.1990; Aktenzeichen T 22/90)

AG Deggendorf (Aktenzeichen VI 525/89)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Deggendorf vom 17. April 1990 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 2 hat die den Beteiligten zu 1 und 4 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 60.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind die Kinder aus der Ehe der am 21.9.1989 verstorbenen Erblasserin und ihres am 1.6.1989 verstorbenen Ehemanns. Aus dessen erster Ehe stammt die Beteiligte zu 4. Die Ehegatten hatten in einem notariell beurkundeten Ehe- und Erbvertrag vom 3.11.1952 den Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft vereinbart und sich gegenseitig als Alleinerben eingesetzt. Am 7.12.1986 haben sie ein Testament errichtet, das vom Ehemann eigenhändig geschrieben und von beiden Ehegatten unterschrieben worden ist. Es lautet auszugsweise wie folgt:

Mein letzter Wille und Wunsch ist, wenn ich schnell und unerwartet aus dem Leben scheide, daß meine Ehefrau … voll Erbe ist, da wir auch in Gütergemeinschaft lebten. Ist in der Sterbefolge die Ehefrau die erste, so trifft dann das Gegenteil zu, daß ich als Ehemann voll Erbe bin und nach dessen Tod die Erbschaft (Hinterlassenschaft) wie folgt an die Kinder übergeht.

Punkt I Sohn J. (Beteiligter zu 2) erbt das Haus X mit Garten von der Grenze (Nachbarn … bis Nachbarn …) dazu die Wohnzimmer und Kücheneinrichtung mit Radio u. Fernseher und noch dazu die beiden Waldgrundstücke in A. Plan Nr. 836/880 dafür hat J. die Beerdigungskosten für die Eltern zu tragen (Sterbegeld Versicherungen sind zu entnehmen).

Punkt II Sohn R. (Beteiligter zu 1) erbt die Grundstücke: Sch.-Acker …, den Acker neben E., den M.-Acker …, die R.-Wiese. Ausserdem ein Schlafzimmer mit Betten und Inhalt und den Zimmerstützen (Gewähr).

Punkt III: Tochter M. (Beteiligte zu 3) erbt von seinen Eltern ein kompletes Schlafzimmer mit Betten und Inhalt Wäsche u. Kleider und den Schmuck von seiner Mutter. Sollten ausserdem noch Spar und Bankguthaben vorhanden sein, so hat Tochter M. 60 % Anteil.

Punkt IV Tochter L. (Beteiligte zu 4) noch 15 % von Bankguthaben da diese bereits schon abgefunden wurde durch einen Sparvertrag von Hypo-Bank lt. Abfindungs-Erklärung.

Sohn R. erhält 20 % und Sohn J. 5 % von den bestehenden Bankguthaben.

Die heutige Niederschrift mit der Erbschaftsentscheidung vom 7. Dez. 1986 habe wir beide (Eltern) aus friedlicher guter Meinung und Entschlossenheit gemacht und wünschen Euch Kindern von Herzen für die Zukunft viel Glück u. Segen Zufriedenheit und guten Erfolg mit der Dankbarkeit was wir für Euch hinterlassen haben.

In einem handschriftlichen Testament vom 24.8.1989 setzte die Erblasserin den Beteiligten zu 2 als Alleinerben ein. Mit notariellem „Überlassungsvertrag” vom 29.8.1989 „überließ” sie den in der Urkunde näher bezeichneten, aus insgesamt neun Grundstücken bestehenden „Grundbesitz” dem Beteiligten zu 2 zum Alleineigentum. Als Gegenleistung wurde der Erblasserin der unentgeltliche Nießbrauch an einem im Grundbuch als Bauland bezeichneten Grundstück sowie am Anwesen X eingeräumt. Der Wert der im Testament und im Überlassungsvertrag aufgeführten Grundstücke ist nicht ermittelt. Dem vom Beteiligten zu 2 erstellten Nachlaßverzeichnis zufolge hat die Erblasserin Spar- und Bankguthaben in Höhe von rund 60.000 DM sowie Wertpapiere und Sparkassenbriefe im Wert von rund 87.500 DM hinterlassen. Die Nachlaßverbindlichkeiten sollen sich auf rund 3.200 DM belaufen.

Gestützt auf das Testament vom 24.8.1989 beantragte der Beteiligte zu 2 einen Alleinerbschein. Diesem Antrag widersetzten sich die Beteiligten zu 1 und 3, weil die Erblasserin an das gemeinschaftliche Testament vom 7.12.1986 gebunden gewesen sei. Nachdem der Nachlaßrichter in einer Verfügung vom 24.1.1990 ausgeführt hatte, daß eine Bindung der Erblasserin an das Testament vom 7.12.1986 nicht eingetreten sei, bewilligte er am selben Tag den vom Beteiligten zu 2 beantragten Erbschein. Eine Ausfertigung wurde an den Antragsteller hinausgegeben.

Gegen die Verfügung vom 24.1.1990 legte der Beteiligte zu 1 Beschwerde ein mit dem Antrag, den Erbschein einzuziehen und ihm einen Erbschein zu erteilen, demzufolge die Erblasserin von ihm sowie von den Beteiligten zu 2 bis 4 zu je 1/4 beerbt worden sei. Diesen beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 21.2.1990 legte der Nachlaßrichter mit Verfügung vom 24.2.1990 dem Landgericht „zur Entscheidung” vor. Der Beteiligte zu 2 beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Beteiligte zu 4 schloß sich der Rechtsansicht des Beschwerdeführers und dessen Beschwerdeanträgen an. Das La...

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