Leitsatz (amtlich)

1. Zur Nachholung des rechtlichen Gehörs in der Rechtsbeschwerdeinstanz (Bestätigung von BayObLG, Beschl. v. 3.12.2003 – 2Z BR 188/03 und Abgrenzung zu OLG Hamburg ZMR 2003, 868).

2. Der Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch aus § 15 Abs. 3 WEG ist seinem Wesen nach ein Individualanspruch. Es ist deshalb verfahrensrechtlich unbedenklich, wenn zunächst zwar alle Wohnungseigentümer (ausgenommen der störende Wohnungseigentümer), im Zuge des Verfahrens jedoch nur noch ein oder einzelne Wohnungseigentümer den Anspruch gegen diesen geltend macht oder machen.

3. Nutzt ein Wohnungseigentümer Räume des gemeinschaftlichen Eigentums, ohne dass eine Vereinbarung oder ein gebrauchsregelnder Beschluss der Wohnungseigentümer vorliegt, können die übrigen Wohnungseigentümer, einzeln oder gemeinsam, die Räumung und Herausgabe der Räume an die Eigentümergemeinschaft verlangen.

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 04.10.2003; Aktenzeichen 4 T 2759/03)

AG Rosenheim (Aktenzeichen 40 UR II 120/02)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des LG Traunstein vom 14.10.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat.

II. Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.400 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller, die Antragsgegnerin und die weiteren Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer aus Ferienwohnungen und einem Restaurant bestehenden Wohnanlage. Im Untergeschoss des Anwesens befindet sich u.a. ein im Gemeinschaftseigentum stehender Raum, der im Aufteilungsplan mit „Anmeldung/Büro” bezeichnet ist und nach der Teilungserklärung nur als Büro genutzt werden darf. Diesen nutzt die Antragsgegnerin allein und betreibt darin im Auftrag eines Teils der Wohnungseigentümer die Vermittlung von Ferienappartements, die sich in der Wohnanlage befinden. Ferner nutzt ausschließlich die Antragsgegnerin im Untergeschoss gelegene gemeinschaftliche Räume, welche im Aufteilungsplan als Waschraum, Trockenraum, Putz- und Geräteraum bezeichnet sind. Die Räume sind keinem der Wohnungseigentümer zur Sondernutzung zugewiesen. In der Eigentümerversammlung vom 20.4.2002 lehnten die Wohnungseigentümer Anträge, alle gemeinschaftlichen Räume zu räumen und der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Verfügung zu stellen, ferner die Gemeinschaftsräume wie in der Teilungserklärung festgesetzt zu nutzen, mehrheitlich ab.

Ursprünglich haben mit Ausnahme der Antragsgegnerin sämtliche Wohnungseigentümer, vertreten durch die damalige Verwalterin, beantragt, die genannten Räume zu räumen und an die Gemeinschaft herauszugeben. Nach Hinweis des AG auf Bedenken hinsichtlich der Legitimation der Verwalterin, einen Herausgabeanspruch im Namen der Wohnungseigentümer geltend zu machen, haben die im Rubrum bezeichneten Antragsteller dem anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten ausdrücklich Vollmacht erteilt, sie in diesem Verfahren zu vertreten. Daraufhin hat das AG dem Antrag mit Beschluss vom 23.6.2003 stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das LG mit Beschluss vom 14.10.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

Die Antragsgegnerin habe keine ausschließliche Nutzungsberechtigung an den Räumen. Ob die Wohnanlage hotelmäßig betrieben werden müsse, habe keinen Einfluss auf die Frage, wer zur Nutzung der Räume im Untergeschoss befugt sei. Selbst wenn eine ausschließliche hotelmäßige Nutzung nach öffentlich-rechtlichen Vorgaben, etwa in der Baugenehmigung, vorgeschrieben sei, könne die Antragsgegnerin daraus für sich nicht das Recht ableiten, bestimmte Räume des Gemeinschaftseigentums ausschließlich inne zu haben.

Es verbleibe bei der allgemeinen Regel, dass Räume im Gemeinschaftseigentum nicht von einem einzelnen Wohnungseigentümer, gleich in welcher Eigenschaft, ohne vertragliche Grundlage allein genutzt werden dürften.

Schließlich könne die Antragsgegnerin eine ihr günstige Rechtsposition auch nicht daraus ableiten, dass ihr im Jahr 1996 von der damaligen Hausverwaltung mehrere Schlüssel zu den gegenständlichen Räumen übergeben worden seien. Die Antragsgegnerin habe nur für einen Teil der Wohnungseigentümer die Verwaltung und Vermietung der Appartements übernehmen sollen. Erhalte sie zu diesem Zweck Schlüssel zu Räumen im Gemeinschaftseigentum, begründe dies für sie keine alleinige Nutzungsberechtigung.

2. Der Beschluss des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Allerdings hat das LG die übrigen Wohnungseigentümer am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt. Der Verfahrensgegenstand betrifft Gemeinschaftseigentum und damit Belange, die alle Wohnungseigentümer gleichermaßen berühren. Wegen der Rechtskrafterstreckung des § 45 Abs. 2 S. 2 WEG ist...

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