Leitsatz (amtlich)

Lassen die Regelungen einer in Allgemeinen Leasingbedingungen enthaltenen Gerichtsstandsklausel zwar erkennen, dass der Leasinggeberin als Verwenderin die Möglichkeit einer Klageerhebung im eigenen Gerichtsstand unabhängig von den gesetzlichen Gerichtsständen eröffnet sein soll, tritt jedoch bei Anlegung der für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsgrundsätze aus dem Regelwerk nicht hinreichend klar hervor, dass der Vertragspartner die Verwenderin ausschließlich am Gericht ihres Sitzes verklagen müsse, gehen Zweifel bei der Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingung zu Lasten der Leasinggeberin.

 

Verfahrensgang

AG Wolfratshausen (Aktenzeichen 5 C 445/21)

 

Tenor

Als für den Rechtsstreit (örtlich) zuständiges Gericht wird das Amtsgericht Wolfratshausen bestimmt.

 

Gründe

I. Mit ihrer zum Amtsgericht Wolfratshausen erhobenen Klage machte die Antragstellerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, zunächst nur gegen die hiesige Antragsgegnerin zu 1) einen Anspruch auf Schadensersatz mit der Begründung geltend, die Antragsgegnerin zu 1) habe der Antragstellerin bei Anbahnung des im Juli 2020 abgeschlossenen Geschäftsfahrzeug-Leasingvertrags über ein Elektrohybridfahrzeug (xxx) die unzutreffende Zusicherung gegeben, das Fahrzeug sei gemäß dem staatlichen Förderprogramm für elektrisch betriebene Fahrzeuge (Richtlinie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen [Umweltbonus] vom 25. Juni 2020) förderfähig. Mit Bescheid vom 9. November 2020 sei der Förderantrag der Antragstellerin abgelehnt worden mit der Begründung, dass für das identische Fahrzeug bereits einmal ein Zuschuss beantragt worden sei. Einen ersten, später zurückgenommenen Förderantrag habe die Antragsgegnerin zu 1) selbst gestellt gehabt. Dieser sperre unabhängig davon, dass kein Umweltbonus ausbezahlt worden sei, einen Zweitantrag. Gegenstand der Klage sei somit der entgangene Zuschuss in Höhe von netto 4.500,00 EUR. Dieser Betrag entspreche der Leasing-Sonderzahlung, die auf das Insistieren der Antragsgegnerin zu 1) unter Vorbehalt bezahlt und deren Höhe mit Blick auf den angeblich zu erwartenden Förderbetrag vereinbart worden sei. Nach den vorvertraglichen Verhandlungen, die die Antragsgegnerin zu 1) als Vermittlerin des Leasingvertrags mit der Antragstellerin geführt habe, habe diese Sonderzahlung die Antragstellerin wirtschaftlich nicht dauerhaft belasten sollen.

Die Antragsgegnerin zu 1) ist in Wolfratshausen (Landgerichtsbezirk München II) ansässig und betreibt dort ein Autohaus. Sie verteidigt sich gegen die Klage u. a. mit dem Einwand, mit der Antragstellerin in keiner Vertragsbeziehung zu stehen. Das Fahrzeug habe sie zwar als sogenannten Vorführwagen vorgehalten. Bei den Vertragsverhandlungen sei sie jedoch nur als Vermittlerin tätig gewesen. Sie habe das Fahrzeug an die Leasinggeberin veräußert, mit der die Antragstellerin den Leasingvertrag geschlossen habe. Die ihr vorgeworfene vorsätzliche sittenwidrige Schädigung werde bestritten. Ihr Angestellter, der die Verhandlungen geführt habe, habe von ihrem Förderantrag keine Kenntnis gehabt.

Mit Schriftsatz vom 11. März 2022 erweiterte die Antragstellerin die Klage gegen die Antragsgegnerin zu 2), die im Bezirk des Landgerichts Braunschweig ansässige Leasinggeberin. Diese habe sich das pflichtwidrige Fehlverhalten der Vermittlerin, derer sie sich bedient habe, als eigenes Verschulden zurechnen zu lassen und deshalb neben dieser als Gesamtschuldnerin - hilfsweise alleine - für den Schaden aufzukommen.

Die Antragsgegnerin zu 2) hat die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts geltend gemacht. Sie verweist auf ihren Sitz und die Gerichtsstandsvereinbarung in Ziffer XVII 1. ihrer Allgemeinen Leasingbedingungen für Geschäftsfahrzeuge, die wie folgt lautet:

Gerichtsstand ist das für Braunschweig zuständige Gericht, soweit der Leasing-Nehmer Kaufmann ist oder nach Vertragsabschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Inland verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthaltsort zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

Des Weiteren seien der Anspruch aus mehreren Gründen nicht gegeben und eine gesamtschuldnerische Haftung beider Antragsgegnerinnen im Streitfall ausgeschlossen.

Die Antragstellerin hat die Ansicht vertreten, beim angerufenen Gericht sei aus § 32 ZPO ein gemeinsamer Gerichtsstand eröffnet. Vorsorglich hat sie mit Schriftsatz vom 10. Mai 2022 beim Amtsgericht beantragt, die gemeinsame Zuständigkeit des Amtsgerichts Wolfratshausen durch das übergeordnete Gericht bestimmen zu lassen.

Am 21. Juni 2022 hat das Amtsgericht den Hinweis erteilt, dass gegen die Antragsgegnerin zu 1) mangels Vertragsverhältnisses nur deliktische Ansprüche in Frage kämen, gegen die Antragsgegnerin zu 2) hingegen nur Ansprüche vertraglicher Art, weil die Antragsgegnerin zu 1) keine Verrichtungsgehilfin der Antragsgegnerin zu 2) sein dürfte. Da somit kein gemeinsamer Gerichts...

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