Leitsatz (amtlich)

1. Das LG darf die persönliche Anhörung eines Betroffenen im Beschwerdeverfahren dann einem Kammermitglied als beauftragtem Richter übertragen, wenn es das Anhörungsergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck vom Betroffenen zu würdigen vermag.

2. Lehnt der Betroffene ohne triftigen Grund den bisher für ihn bestellten und über Jahre ohne Beanstandungen für ihn tätig gewordenen Betreuer ab, ist dies für das Gericht nicht bindend.

 

Normenkette

FGG § 69a Abs. 5; BGB § 1897

 

Verfahrensgang

LG Passau (Aktenzeichen 2 T 136/01)

AG Freyung (Aktenzeichen XVII 41/98)

 

Tenor

I. Die weitere und die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Passau vom 3.1.2002 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des AG Freyung vom 22.5.2001 als unzulässig verworfen wird.

II. Dem Betroffenen wird für das Verfahren der weiteren und der sofortigen weiteren Beschwerde keine Prozesskostenhilfe bewilligt.

 

Gründe

I. Für den Betroffenen ist seit 1998 für die Aufgabenkreise Vermögenssorge und Wohnungsangelegenheiten eine Vereinsbetreuerin bestellt; seit Februar 2000 besteht ein Einwilligungsvorbehalt im Bereich Vermögenssorge.

Das AG wies den Antrag des Betroffenen, die Betreuung aufzuheben, am 22.5.2001 zurück. Gleichzeitig verlängerte es die Betreuung, hielt den Einwilligungsvorbehalt aufrecht und ordnete die sofortige Wirksamkeit an.

Die vom Betroffenen hiergegen eingelegten Rechtsmittel hat das LG mit Beschluss vom 3.1.2002 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit seiner weiteren und sofortigen weiteren Beschwerde, für die er Prozesskostenhilfe beantragt.

II. Die Rechtsmittel sind zulässig, aber nicht begründet. Soweit sich der Betroffene gegen die Aufrechterhaltung des Einwilligungsvorbehaltes wendet, liegt eine sofortige weitere Beschwerde (§§ 69g Abs. 4 S. 1 Nr. 1, 29 Abs. 2 FGG), soweit er sich gegen die Verlängerung der Betreuung wendet, liegt eine weitere Beschwerde vor (§§ 29 Abs. 1, 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Diese ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung einzulegen (§§ 29 Abs. 4, 22 Abs. 1 S. 1 und 2, 16 Abs. 2 S. 1 FGG). Zwar hat der Betroffene die sofortige weitere Beschwerde erst am 21.2.2002 eingelegt, doch hatte wegen fehlender Zustellung die Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde noch nicht zu laufen begonnen (vgl. BayObLGZ 1999, 123; Bassenge u.a., FGG, 9. Aufl., § 16 Rz. 12). Sachlich hat sie keinen Erfolg und führt nur zu einer Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung dahingehend, dass die vom Betroffenen eingelegte sofortige Erstbeschwerde als unzulässig zu verwerfen war. Gegen den ihm und seiner Betreuerin am 25.5.2001 zugestellten Beschluss des AG hatte der Betroffene nämlich erst am 19.6.2001 sofortige Beschwerde eingelegt, also nach Ablauf der gesetzlichen Frist von zwei Wochen.

2. Die weitere Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache gleichfalls keinen Erfolg.

a) Das LG hat seine Entscheidung insoweit folgendermaßen begründet:

Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Betreuung lägen auch zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung noch vor. Der Betroffene leide an einem organischen Psychosyndrom mit Wesensänderung bei Zustand nach chronischem Alkoholismus und Schädelhirntrauma. Dadurch sei es bei ihm zu Kritikminderung, Realitätsverkennung und Selbstüberschätzung gekommen, so dass er nicht mehr dazu in der Lage sei, Angelegenheiten, die ein ausreichendes Maß an Realitätsprüfung verlangten, zu erledigen, insb. Vermögens- und Wohnungsangelegenheiten. Im Bereich seiner Vermögensverhältnisse insgesamt bestehe Geschäftsunfähigkeit.

Gründe für eine Entlassung der Betreuerin lägen nicht vor. Zwar lehne der Betroffene die bestellte Betreuerin ab und wunsche sich einen älteren männlichen Betreuer, doch habe er einen früher bestellten männlichen Betreuer gleichfalls abgelehnt. Vielmehr bestehe der Verdacht, dass der Betroffene wegen seiner fehlenden Einsicht in die Betreuung jeden Betreuer ablehne. Eignungsmangel lagen bei der Betreuerin nicht vor.

b) Diese Ausführungen halten im Wesentlichen der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO). Zu Recht hat das LG die Verlängerung der Betreuung für die Aufgabenkreise Vermögenssorge und Wohnungsangelegenheiten gebilligt. Das LG hat insoweit den entscheidungserheblichen Sachverhalt verfahrensfehlerfrei festgestellt und ohne Rechtsfehler gewürdigt.

aa) Das LG hat den Sachverhalt insb. ohne Verstoß gegen das rechtliche Gehör des Betroffenen festgestellt. Die persönliche Anhörung des Betroffenen durch die hierzu beauftragte Richterin ist nicht zu beanstanden; die Anhörung durch die volle Kammer war nicht erforderlich.

Für das Beschwerdeverfahren gelten die Verfahrensvorschriften für den ersten Rechtszug entspr. (§ 69g Abs. 5 S. 1 FGG). Vor der Bestellung eines Betreuers hat demnach das Gericht den Betroffenen persönlich anzuhören und sich einen un...

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