Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Nachteilige bauliche Veränderung durch Pflanzenbeete und Wintergarten auf Dachterrasse

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 94/89)

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 14 T 9551/89)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 08. Februar 1990 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Den Antragsgegnern gehört eine Dachterrassenwohnung. Sie beabsichtigen auf ihrer Terrasse einen Wintergarten zu errichten. Die Stahlkonstruktion soll auf der verstärkten Außenmauer des Gebäudes aufgelagert und in den Stahlbeton-Ringanker in der Wohnzimmeraußenwand eingehängt werden. In diesem Zusammenhang soll die Außenwand auf eine Fläche von 1,6 m × 2,30 m durchbrochen werden. Außerdem ist beabsichtigt, auf der Terrasse vorhandene Pflanztröge durch die Anlage eines Pflanzbeets mit einer gemauerten Einfassung zu ersetzen. Die Antragsgegner haben mit der Anlage des Pflanzbeets bereits begonnen.

§ 10 der Gemeinschaftsordnung bestimmt, daß bauliche Veränderungen am Sondereigentum der schriftlichen Einwilligung des Verwalters bedürfen, die nur aus wichtigem Grund versagt oder von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht werden kann. Eine schriftliche Einwilligung des Verwalters liegt nicht vor.

Die Wohnungseigentümer beschlossen am 23.06.1989, der Verwalter solle alle zur Wahrung der Interessen der Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit dem geplanten Bauvorhaben erforderlichen Schritte gegen die Antragsgegner einleiten.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, den Antragsgegnern zu untersagen, auf ihrer Terrasse Pflanzbeete anzulegen, einen Wanddurchbruch zur Terrasse herzustellen und auf der Terrasse einen Wintergarten zu erstellen. Das Amtsgericht hat am 03.11.1989 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat ihm durch Beschluß vom 08.02.1990 stattgegeben. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Es werde nicht verkannt, daß das Bauvorhaben bautechnisch in Ordnung sei und zum Teil zu einer Wertverbesserung führe. Bei Berücksichtigung aller Umstände sei jedoch der Rahmen einer unerheblichen Benachteiligung und einer hinzunehmenden Nutzung des Sondereigentums überschritten.

Der für die Pflanzbeete vorgesehene Aufbau des Untergrundes in Form von Polimer-Bitumenschweißbahnen, zusätzlichen Abdichtungs- und Wurzelschutzbahnen, Dränschichten, Filtermatten und Spezialdauererde sei nach den Regeln der Bautechnik nicht zu beanstanden. Der Sachverständige habe gleichwohl künftige Dachschäden nicht ausschließen können. Solche könnten auch durch das Wachstum der Pflanzen entstehen. Ein wesentlicher Unterschied zum bisherigen Zustand liege darin, daß bei Pflanztrögen Undichtigkeiten problemlos festgestellt werden könnten, während dies durch die baulichen Veränderungen erheblich erschwert sei. Auch könne es mit viel Schwierigkeiten verbunden sein, die eigentliche Ursache von Schäden festzustellen und auszuschließen, daß diese in den Baumaßnahmen der Antragsgegner lägen.

Die für den Wanddurchbruch und den Bau des Wintergartens geplante Konstruktion sei bautechnisch möglich; für die Isolation des Flachdaches bestehe kein größeres Schadensrisiko; die Statik der Wand sei weiterhin gegeben. Gleichwohl bräuchten die Antragsteller die Baumaßnahme nicht zu dulden. Der Wanddurchbruch bewirke einen massiven Eingriff in das gemeinschaftliche Eigentum. Auch wenn man von einer Wahrung der Stabilität ausgehe, sei die zusätzliche Krafteinwirkung über den Stahlbeton-Ringanker und die Beeinträchtigung des optischen Bildes durch das Einfügen eines weiteren umschlossenen Raums erheblich. Die Gesamtwohnfläche werde erweitert und das bisher gewohnte Bild einer freien Terrasse mit Pflanztrögen gestört. Die äußere Harmonie der Wohnanlage sei beeinflußt; dies sei keine nur unerhebliche Beeinträchtigung.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Landgericht hat die Antragsgegner zu Recht gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 15 Abs. 3 WEG, § 890 Abs. 2 ZPO verpflichtet, die Baumaßnahmen zu unterlassen.

a) Bauliche Veränderungen, über eine ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können nur vorgenommen werden, wenn alle Wohnungseigentümer mitwirken, denen durch die Maßnahme über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst (§ 22 Abs. 1 Satz 1, 2, § 14 Nr. 1 WEG).

Bei den von den Antragsgegnern beabsichtigten und teilweise bereits durchgeführten Baumaßnahmen handelt es sich um bauliche Veränderungen, die über eine ordnungsmäßig...

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