Leitsatz (amtlich)

Zur Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen der Vergabestelle im Nachprüfungsverfahren und bei der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer.

 

Normenkette

GWB § 128 Abs. 4 S. 2

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Südbayern (Aktenzeichen 12.3 - 3194.1 - 04 - 02/01)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Bescheid der Vergabekammer Südbayern vom 8.2.2002 in Ziff. 1 dahingehend abgeändert, dass die der Antragsgegnerin entstandenen notwendigen Aufwendungen auf insgesamt 2029 Euro festgesetzt werden.

II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.759,30 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin schrieb für das Bauvorhaben Stiftungskrankenhaus BA 5 u.a. das Gewerk Raumlufttechnik aus. Die Antragstellerin, die sich an der Ausschreibung beteiligt hatte, beantragte die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Vergabekammer stellte nach mündlicher Verhandlung vom 14.3.2001 mit Beschluss vom 15. 3.2001 fest, dass der Angebotsausschluss der Antragstellerin zu Unrecht erfolgt sei. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hob das BayObLG den Beschluss der Vergabekammer teilweise auf, wies den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ab, legte der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Vergabestelle notwendigen Auslagen und des Beschwerdeverfahrens auf und stellte fest, dass für die Vergabestelle die Zuziehung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor der Vergabekammer notwendig war.

Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin haben beantragt, die der Antragsgegnerin entstandenen Kosten und Auslagen i.H.v. 11.175,34 DM festzusetzen. Enthalten sind in dieser Summe Abwesenheitsgeld von 240 DM und Fahrtkosten von 145,60 DM für einen Rechtsdirektor sowie einen Diplomingenieur der die Antragsgegnerin vertretenden Stadtverwaltung, die an der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer am 14.3.2001 teilgenommen hatten. Weiter sind Kosten für ein von der Antragsgegnerin mit der Projektsteuerung beauftragtes Ingenieurbüro i.H.v. 6.966,96 DM aufgeführt.

Mit Bescheid vom 8.2.2002 hat die Vergabekammer die der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten auf 1.954,56 Euro festgesetzt und den weitergehenden Antrag bezüglich Abwesenheitsgeld, Fahrtkosten und Ingenieurbürokosten abgewiesen.

Mit ihrer gegen diesen Bescheid eingelegten sofortigen Beschwerde will die Antragsgegnerin die Kostenfestsetzung in der von ihr beantragten vollen Höhe erreichen.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nur zu einem geringen Teil begründet.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Der Kostenfestsetzungsbescheid der Vergabekammer ist ein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt, gegen den abweichend vom allgemeinen Verwaltungsrechtsweg nach §§ 40 ff. VwGO die sofortige Beschwerde nach §§ 116 ff. GWB zum BayObLG statthaft ist (BayObLG BauR 2001, 238; Beschl. v. 28.9.2001 – Verg 13/01; Thüringer OLG, Beschl. v. 13.9.2001 – 6 Verg 1/01). Die Entscheidung des Senats kann ohne mündliche Verhandlung ergehen (BayObLG BauR 2001, 238).

2. In der Sache hat die sofortige Beschwerde nur insoweit Erfolg, als die der Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren entstandenen Fahrtkosten festzusetzen waren; i.Ü. war die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

a) Erstattungsfähige Aufwendungen im Verfahren vor der Vergabekammer sind gem. § 128 Abs. 4 S. 2 und S. 3 GWB (i.V.m. Art. 80 Abs. 2 S. 3 BayVwVfG) nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen. Aufwendungen (zur Identität der Begriffe Auslagen und Aufwendungen vgl. Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 128 Rz. 13; Boesen, Vergaberecht, § 128 GWB Rz. 53) sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nur dann notwendig und damit erstattungsfähig, sofern sie ein verständiger, nicht rechtskundiger Beteiligter unter Berücksichtigung der Bedeutung und rechtlichen oder sachlichen Schwierigkeit der Sache, die Gegenstand des Verfahrens ist, zur Durchsetzung seines Standpunktes vernünftigerweise für erforderlich halten durfte (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 128 GWB Rz. 54 m.w.N.; Giehl, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Art. 80 Rz. IV 3, Knopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl., § 80 Rz. 32; Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., § 80 Rz. 26; Stelkens/Kallerhoff, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl., § 80 Rz. 58; BVerwG v. 3.7.2000 – 11 Kst 2/99, NJW 2000, 2832). Abzustellen ist hierbei auf den Zeitpunkt der die Aufwendungen verursachenden Handlung. Ganz generell ist jeder Verfahrensbeteiligte verpflichtet, die Kosten im Rahmen des Verständigen nach Möglichkeit niedrig zu halten, sog. „Verbilligungsgrundsatz” (Boesen, Vergaberecht, § 128 GWB Rz. 59; Giehl, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Art. 80 Rz. IV 3; Knopp/Ramsauer, Verwaltungsver...

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